Sozialpolitik

Nationale Armutskonferenz: Strategie der Armutsbekämpfung notwendig

„Armutsbekämpfung muss in unserer Gesellschaft mehrheitsfähig werden“, sagte Pfarrer Dr. Wolfgang Gern, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), zum Auftakt des Europäischen Jahres 2010 zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung durch die nak gestern vor Journalisten.

28.01.2010

„Wir müssen Armut und Ausgrenzung überwinden - und endlich in Gerechtigkeit investieren“, fasste Gern im Hamburger Diakoniezentrum für Wohnungslose die Erwartungen der nak an das Europäische Jahr 2010 zusammen. 

Dringend notwendig sei eine konkrete Strategie zur Armutsbekämpfung mit einem armutsfesten Regelsatz, einer Schule für alle, einem gesetzlichen Mindestlohn, dem Abbau von Niedriglohnarbeit und einer Mindestrente, so Gern, der auch Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau ist. Von der Politik erwarte er einen Bestandsschutz der sozialen Infrastruktur. Für Steuersenkungen sei im Moment kein Spielraum. Enttäuscht zeigte er sich darüber, dass im Koalitionsvertrag der Bundesregierung der Hinweis fehle, einen Armuts- und Reichtumsbericht zu veröffentlichen. Gerade der habe in den letzten zehn Jahren geholfen, die Situation der Armen in den Blick zu bekommen. „Wir brauchen eine Politik, die solche Berichte veranlasst und durch selbstkritische Korrekturen auf sie reagiert“, sagte nak-Sprecher Gern. Wo dringend gehandelt werden muss, hat die nak in einem sieben Positionen beschreibenden Flyer dokumentiert, der erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist. 

An der Pressekonferenz nahmen weiter die Hamburger Diakonie-Landespastorin Annegrethe Stoltenberg, die stellvertretende nak-Sprecherin Michaela Hofmann sowie Dietrich Hauswald von der Hamburger Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe teil.

Stoltenberg: Interventionsstelle Hartz IV geplant

Die Hamburger Diakoniechefin Pfarrerin Annegrethe Stoltenberg kündigte an, Armut auch in Hamburg zum Schwerpunktthema in diesem Jahr zu machen. Unter anderem sei geplant, mit anderen Partnern eine Interventionsstelle Hartz IV aufzubauen, die Betroffenen helfen solle, ihre Rechte durchzusetzen. Stoltenberg wies darauf hin, dass Armut und Ausgrenzung fast immer strukturelle Ursachen hätten. Daher werde in der Diakonie Hamburg das Thema „Gerechte Stadt“ eine wichtige Rolle in diesem Jahr spielen. 

Michaela Hofmann, stellvertretende nak-Sprecherin und Referentin für Allgemeine Sozialberatung, Armutsfragen, Frauenhäuser und Gewaltschutz beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, erinnerte daran, dass Armut besonders Kinder hart treffe. „Sie werden systematisch ausgegrenzt und verlieren die Chance auf Bildung und auf die Perspektive, ein Leben außerhalb von Armut zu führen. Menschen, die in Armut leben und ausgegrenzt sind, haben keine oder wenig Teilhabechancen.“ Teilhabe müsse jedoch auch Menschen in Armut möglich sein.

Dietrich Hauswald: Auf Sozialverpflichtung allen Eigentums zurückbesinnen

Dietrich Hauswald von der Hamburger Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe sagte: „Angesichts der durch die Steuergesetzgebung der letzten Jahre mitverursachten dramatischen Auseinanderentwicklung von Arm und Reich gilt es, sich auf die im Grundgesetz einst bindend verankerte Sozialverpflichtung allen Eigentums zurückzubesinnen.“ Die Initiative setzt sich für die Einführung einer für zwei Jahre gültigen 5%igen Abgabe für Vermögen über 500.000 € ein. Nach Ablauf der zwei Jahre soll die Abgabe in eine Vermögenssteuer in Höhe von mindestens 1% und in andere Ausgleich schaffende Maßnahmen überführt werden. „Klientelpolitik und Egoismus müssen solidarischem Miteinander als leitender Zielvorstellung weichen, wenn es nicht zu weiteren gesellschaftlichen Verwerfungen kommen soll“, so Hauswald.

Die Positionen der nak „Armut und Ausgrenzung überwinden - in Gerechtigkeit investieren“ sind abrufbar unter: http://www.nationale-armutskonferenz.de/fileadmin/user_upload/PDF/Flyer_nak_2010_print.pdf

Quelle: Diakonisches Werk in Hessen und Nassau e. V.

 

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