Sozialpolitik

Landflucht: Keine Akademiker, keine Auszubildenden

Seit Jahren ziehen junge, gut gebildete Menschen vom Land in die Städte. Das bringt Unternehmen auf dem Land zunehmend in Schwierigkeiten – auch in Westdeutschland. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wo besonders viele Akademiker und Auszubildende fehlen.

23.07.2019

Nirgendwo in Deutschland gibt es so wenige Akademiker wie im niedersächsischen Landkreis Wittmund: Gerade einmal sechs Prozent aller Beschäftigten haben einen Hochschulabschluss. Bundesweit sind es im Durchschnitt 16 Prozent. Der Grund: Das Leben auf dem Land ist bei vielen jungen, gut ausgebildeten Menschen nicht beliebt. Viele von ihnen ziehen nach ihrem Schulabschluss in die Städte, wenige kehren nach dem Studium in die Heimat zurück. Dieses Entwicklung lässt sich in jedem deutschen Flächenland beobachten: Die zehn Regionen mit dem bundesweit geringsten Akademikeranteil sind allesamt Landkreise in Westdeutschland, während die höchsten Akademikerdichten ausnahmslos in Städten zu finden sind. Das ostdeutsche Jena verzeichnet einen Akademikeranteil von rund 39 Prozent.

Auf dem Land gibt es kaum noch Auszubildende

Bei Auszubildenden zeigt sich ein ähnliches Bild: Der Landkreis Hildburghausen in Thüringen verzeichnet im bundesweiten Durchschnitt die wenigsten Azubis. Auf 100 Beschäftigte mit Berufsausbildung kommen hier gerade einmal 3,7 Auszubildende. Im Bundesschnitt sind es mit 7,1 fast doppelt so viele. Der Azubimangel betrifft vor allem Ostdeutschland. Die höchsten Azubidichten finden sich in Westdeutschland, wieder meist in Großstädten. Unternehmen in Städten fällt es deshalb deutlich leichter, Nachwuchskräfte zu gewinnen.

Unternehmen auf dem Land müssen viel bieten

Für Unternehmen in ländlichen Regionen heißt das: Sie müssen aktiver auf ihre Zielgruppen zugehen und sich stärker auf die Bedürfnisse junger Menschen einstellen, sagt IW-Studienautor Alexander Burstedde: „Wer in ländlichen Gegenden produziert, muss Schüler früh für sich begeistern und ihnen Chancen in ihrer Heimatregion aufzeigen. Fachkräfte von außerhalb müssen durch gezieltes Regionalmarketing von der Attraktivität der Region überzeugt werden.“ Für ein stimmiges Gesamtpaket braucht es nicht nur Breitbandanschlüsse, sondern beispielsweise auch vertretbare Fahrzeiten bis zur nächsten Berufsschule. Das Stoppen der Landflucht ist sicher keine leichte Aufgabe, aber für Abwanderungsregionen von existenzieller Bedeutung. Alle regionalen Akteure sollten hierzu an einem Strang ziehen und ihre Ressourcen zur Not auf zentrale Orte fokussieren.

Der IW-Report 26/19 „Von Abwanderung betroffene Arbeitsmärkte stärken“ (PDF, 959 KB) von Alexander Burstedde / Dirk Werner steht zum Download auf den Seiten des IW zur Verfügung.

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW) vom 15.07.2019

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