Sozialpolitik

Jugendliche mit Hauptschulabschluss in der Ausbildung: Neue Studie gibt Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Politik

Kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres sucht die Wirtschaft noch 146.000 neue Lehrlinge. Doch viele Unternehmen ziehen eine Gruppe gar nicht in Betracht: Jugendliche mit Hauptschulabschluss. Dabei lohnt es sich für Betriebe besonders, diese jungen Menschen auszubilden, wie eine neue Studie zeigt.

22.08.2013

Jugendliche mit Hauptschulabschluss, so die Studie von Vodafone Stiftung und Stiftung Neue Verantwortung, weisen nach ihrer Lehre eine besonders lange Betriebszugehörigkeit und hohe Loyalität zu ihrem Arbeitgeber auf. Die Studie hat Firmen untersucht, die bereits erfolgreich Hauptschulabsolventen ausbilden. "Unternehmen, die schulschwache Bewerber von vornherein ablehnen", so die Projektleiterin Friederike v. Tiesenhausen, "verwerfen Rohdiamanten, die zu wertvollen Mitarbeitern werden können".

"In Hauptschülern steckt oft viel mehr Potenzial, als ihr Abschluss auf den ersten Blick vermuten lässt", sagt Dr. Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Deutschland. "Unsere Studie macht deutlich, wie sehr die Wirtschaft davon profitieren könnte, wenn sie sich bei der Suche nach Auszubildenden stärker für diese Gruppe öffnen würde." Deshalb solle die Studie den Unternehmen und der Politik Anregungen zur Lösung des Problems geben.

Unternehmen sollen Jugendliche probearbeiten lassen und eng betreuen

Zu den Handlungstipps gehört zum Beispiel, bei der Auswahl von Bewerbern nicht nur auf Zeugnisse zu schauen. Stattdessen sollten die Unternehmen durch Probearbeit die Motivation und Leistungsbereitschaft von schulschwachen Jugendlichen testen. Außerdem sollten die Betriebe jedem Azubi eine Vertrauensperson zur Seite zu stellen. Durch regelmäßige verpflichtende Treffen mit diesem Mentor können eventuell auftauchende Probleme frühzeitig ausgeräumt werden. Denn gerade schulschwache Azubis profitieren von einem starken Netz von Bezugspersonen.

Auch der Exportschlager "Berufsausbildung" braucht Reformen

Die Duale Ausbildung mag ein Exportschlager sein, doch ausgerechnet in ihrer deutschen Heimat gehen die Bewerberzahlen zurück. Schließlich nimmt die Zahl der Jugendlichen insgesamt ab und zudem will davon ein immer höherer Anteil studieren. Deshalb müssen Politik und Verbände das Ausbildungssystem jetzt zukunftsfest machen. Dazu gehören zum Beispiel dringend benötigte Reformen an der Berufsschule, dem Stiefkind des Bildungssystems. Hier gilt es, durch bessere Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte und Ausstattung die vielbeschworene individuelle Förderung möglich zu machen, von der gerade schulschwache Jugendliche profitieren würden. Außerdem muss Jugendlichen die Berufsorientierung erleichtert werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Einführung von mehr Praxislernen in der Schulzeit sowie eine stärkere Bündelung der 345 verschiedenen Ausbildungsberufe. Dies würde allen Jugendlichen zu Gute kommen, insbesondere jedoch Hauptschulabsolventen, die Berufsentscheidungen schon in einem sehr jungen Alter treffen müssen.

Hauptschüler gegen den Fachkräftemangel

Beide Stiftungen sprechen sich dafür aus, das Thema Aufstiegschancen zu einem Schwerpunktthema der nächsten Bundesregierung zu machen. Dabei geht es nicht nur um individuelle, sondern auch gesamtgesellschaftliche Vorteile. Neben den staatlichen Akteuren kann hier allerdings auch die Wirtschaft viel bewegen. Und angesichts der demografischen Entwicklung ist dies mehr denn je in ihrem ureigenen Interesse. "Die Wirtschaft muss sich vernachlässigten und ausgegrenzten Talentsegmenten öffnen. Dies schafft nicht nur soziale Aufstiegschancen, sondern ist auch der Schlüssel zur Bewältigung des demografisch bedingten Fachkräftemangels", sagt Thomas Sattelberger, Beirat des Projekts und Themenbotschafter der Regierungsinitiative "Neue Qualität der Arbeit".

Die ausführliche Studie sowie Filmmaterial und einen Flyer, der sich direkt an kleinere Unternehmen richtet, finden sich auf der Webseite <link http: www.wirtschaft-aufstieg.de>www.wirtschaft-aufstieg.de.

Quelle: Vodafone Stiftung Deutschland gemeinnützige GmbH

Redaktion: Kerstin Boller

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