6. Armuts- und Reichtumsbericht

Ein Hausaufgabenheft für die nächste Bundesregierung

Der Sechste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes an vielen Stellen die Tatenlosigkeit bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland.

29.06.2021

„Dass das Wort Kinderarmut im Bericht selbst nur einmal, und dann in einer Fußnote vorkommt, steht stellvertretend für die fehlende tiefergehende Auseinandersetzung mit den kindspezifischen Auswirkungen und Sichtweisen auf Armut im Bericht. Dies ist angesichts der Kinderarmutszahlen in Deutschland mehr als ein Armutszeugnis für die Bundesregierung. Und das Wort Kindergrundsicherung sucht man tatsächlich komplett vergebens. Veränderungen an einzelnen Stellschrauben unserer sozialen Sicherungssysteme sind aber schlichtweg zu wenig.

Natürlich haben die Änderungen beim Unterhaltsvorschuss, beim Kinderzuschlag oder das ‚Starke-Familien-Gesetz‘ einige Verbesserungen für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche gebracht. Zugleich fehlen aber nach wie vor eine umfassende Priorisierung der Förderung armer Familien und ihrer Kinder, unbürokratische Zugänge zu den Leistungen sowie weitere umfassende Maßnahmen, um der zunehmenden Verfestigung von Armut zu begegnen und Bildungsaufstiege zu befördern. Es braucht endlich eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und für eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes im Vorfeld der Bundestagsdebatte über den Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung am 25.06.2021.

Nach Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes liegt der Anteil der unter 18-jährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften derzeit bei rund 33 Prozent, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt. Damit sind Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in besonderem Maße von Armut betroffen. Zugleich ist die Armutsgefährdungsquote von Kindern aus Elternhäusern mit niedrigem Bildungsabschluss in Deutschland wesentlich höher ist als im EU-Durchschnitt, während bei Eltern mit mittlerem oder hohem Bildungsabschluss hingegen das Verhältnis umgekehrt ist.

„Allein das unterstreicht aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes die dringende Notwendigkeit, endlich entschlossen gegen die Kinderarmut in Deutschland vorzugehen. Wir dürfen uns die bisherige Halbherzigkeit nicht weiter leisten. Arme Kinder und ihre Familien haben mehr verdient. Der Sechste Armuts- und Reichtumsbericht ist ein Hausaufgabenheft für die nächste Bundesregierung“, so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses Kindergrundsicherung ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet. Die Kindergrundsicherung ist eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung absichert.

Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk vom 28.06.2021

Redaktion: Uwe Kamp

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