Sozialpolitik

Band Blind Foundation: Wenn Inklusion in der Musik zur Sprache wird

"Solange das Thema Inklusion thematisiert werden muss, sind wir noch lange nicht in der Inklusiven Gesellschaft angekommen". Es sind zum Nachdenken anregende Worte, welche der Schlagzeuger und Leadsänger der Band Blind Foundation Manfred Scharpenberg ausspricht. Auf der Consozial in Nürnberg trafen sie sich vergangene Woche zum Interview.

31.10.2016

Die Aussage von Manfred Scharpenberg kommt nicht von ungefähr: Zwei der vier Musiker in der Band sind blind. Ihr Hit Song "Inklusion", welcher 2013 in Kooperation mit Alexandra Cremer vom Netzwerk Inklusion Frankfurt entstand, erreichte auf Anhieb über 130.000 Klicks auf YouTube. Die Band thematisiert die Herausforderungen, mit denen Menschen mit Behinderungen in Deutschland alltäglich konfrontiert werden. Auf der Consozial, die vom 26. bis 27. Oktober 2016 in Nürnberg stattfand, standen Blind Foundation für ein Interview zur Verfügung.

Wie entstand die Band Blind Foundation?

Blind Foundation: Die Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte rief im Jahr 2004 ein Projekt ins Leben, das zum Ziel hatte, blinden und sehbehinderten Musikern einen Platz im ersten Arbeitsmarkt zu sichern. Zunächst wurde hierfür die Stelle des musikalischen Leiters durch den sehenden Bassisten und Instrumentalpädagogen Markus Hofmann besetzt, der seinerseits Stellen für passende Musiker ausschrieb. Nach vielen Bewerbungsgesprächen und Eignungstests war am 1. Juli 2004 die Band komplett und wir konnten mit der Erarbeitung eines Repertoires beginnen. Anfangs bestand die Band aus sechs Mitgliedern, aber durch verschiedene Musikerwechsel und Ausstiege besteht die Band inzwischen nur noch aus vier Mitgliedern, welches der Bühnenperformance aber in keiner Weise schadet.

Ihr werdet ja von der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte unterstützt und habt auch das Projekt "Blind Foundation in der Schule" entwickelt. Welche Erfahrungen habt ihr bis jetzt mit diesem Projekt gemacht?

Wir erklären in dieser speziellen Musikstunde den Kindern die verschiedenen Instrumente, den Aufbau eines "normalen" Popsongs und wie unsere Instrumente und die Stimmen in einem solchen zum Einsatz kommen, zum Beispiel am Kinderlied "Hänschen klein". In der anschließenden Fragerunde gibt es aber immer wieder auch Fragen zum Thema Blindheit, die wir natürlich genauso gerne beantworten. Wir verstehen uns in dieser Hinsicht schon auch als Botschafter, um Barrieren abbauen zu helfen. Meistens schließen wir mit einem bekannten aktuellen Lied ab, so dass die Kinder sehen und hören, dass wir nicht nur "Hänschen klein" spielen können. Alles in Allem sind diese Schulvorführungen immer ein großer Erfolg und, obwohl wir dieses Projekt ursprünglich nicht als "Dauerbrenner" entwickelt haben, möchten wir es inzwischen in unserem Auftrittsalltag nicht mehr missen.

Ihr musiziert schon seit über zehn Jahren gemeinsam. Was waren für euch eure persönlichen Highlights im Laufe eurer Karriere?

Ein ganz besonderes Highlight war sicher das Konzert zu unserem zehnjährigen Jubiläum im Frankfurter Südbahnhof, bei dem wir auch unsere damals ganz neue CD "Emoticons", die ausschließlich eigene Songs beinhaltet, vorgestellt haben. Weitere Highlights waren auch unsere beiden Auftritte in Sankt Petersburg, obwohl wir bei beiden Auftritten nur etwa 10 Minuten Spielzeit hatten. Für uns ist aber jeder Auftritt ein Highlight, bei dem wir unser Publikum mitreißen und begeistern können.

Euer Song „Inklusion“, welcher 2013 in Kooperation mit Alexandra Cremer vom Netzwerk Inklusion Frankfurt entstanden ist, geht kritisch mit dem Thema Inklusion um, und dass es in Deutschland noch viel Handlungsbedarf gibt, sei es mangelnde Bildungschancen oder Ausgrenzung. Findet ihr, dass sich die Situation in den letzten Jahren gebessert hat oder gibt es eurer Meinung nach noch weiteren Handlungsbedarf?

Seit dieses Thema in aller Munde ist hat sich zwar schon so einiges getan, aber das Ziel liegt leider doch noch in weiter Ferne. Solange es zum Beispiel nicht überall statt Treppen auch Rampen oder Aufzüge gibt, oder statt visuelle auch akustische Hinweise, ist sicher echte Inklusion noch nicht erreicht. Man könnte auch sagen, solange das Thema Inklusion thematisiert werden muss, sind wir noch lange nicht in der Inklusiven Gesellschaft angekommen.

Habt ihr Idole oder Vorbilder, denen ihr nacheifert?

Natürlich gibt es immer wieder Musiker, die wir herausragend finden, aber bestimmte Vorbilder oder Idole haben wir eigentlich nicht.

Was wollt ihr mit eurer Musik bewirken?

Wir möchten, dass die Leute Spaß haben, dass sie noch lange an den Auftritt von uns denken, und dass sie so begeistert sind, dass sie uns auch weiterempfehlen. Mit unseren eigenen Songs möchten wir natürlich auch zum Nachdenken anregen.

Worauf freut ihr euch bei der diesjährigen ConSozial?

Wir freuen uns vor allem auf viele neue Kontakte, interessante Gespräche und, dass wir in diesem Jahr an beiden Tagen dabei sein dürfen. Darüber hinaus freuen wir uns, dass wir nicht mit leeren Händen kommen, sondern den Messebesuchern unsere brandneue CD "Smile" präsentieren können, auf der eine Auswahl von Jazz-, Pop- und Rockbaladen aus unserem Easy Listening-Programm sowie ein eigener Song zu hören sind.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Die Band Blind Foundation war auf der ConSozial in Nürnberg am 26. und 27. Oktober 2016 zu Gast und trat dort an beiden Tagen auf.

Das Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe nahm mit einem eigenen Stand an der Fachmesse teil und berichtet von ausgewählten Veranstaltungen.

Quelle: Consozial vom 26.10.2016

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