Sozialpolitik

AWO warnt Bundesregierung vor weiteren sozialen Belastungen

"Die Menschen erwarten zu Recht von der Bundesregierung, dass notwendige Sparmaßnahmen und konkrete Schritte zur Verbesserung der Einnahmen des Staates sozial ausgewogen sein müssen", betont der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler vor der am Wochenende beginnenden Sparklausur der Bundesregierung.

04.06.2010

Als Folge der durch Gier und Maßlosigkeit auf den Finanzmärkten verursachten Finanz- und Wirtschaftskrise seien insbesondere die Kommunen schon heute gezwungen, Kürzungen, Streichungen und Gebührenerhöhungen umzusetzen. Darunter leiden besonders diejenigen Menschen, die auf Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge angewiesen sind, kritisiert der AWO Bundesvorsitzende. Genau das zeige eine Umfrage unter den bundesweit mehr als 14.000 Einrichtungen und Diensten der AWO.

Die AWO-Umfrage zeigt: Die Einnahmeausfälle durch die von der Bundesregierung beschlossenen Steuererleichterungen für privilegierte Bürger sind in den Kommunen angekommen, unter dem Druck der Finanznot werden Kita-Gebühren teils drastisch erhöht und Zuschüsse im Jugendbereich gekürzt, Suchtberatungsstellen müssen schießen und Stellen für die Arbeitsmarktqualifizierung fallen weg. "Wenn die Regierungskoalition jetzt noch weitere Einschnitte bei den Bundeszuschüssen draufsetzt, gehen für viele wichtige Angebote in den Kommunen die Lichter aus", warnt Stadler. 

Deshalb fordert der AWO Bundesverband die Bundesregierung auf, bei ihrer Klausurtagung die Finanznot der Kommunen zu berücksichtigen und den Bürgern nicht noch weitere generelle Belastungen zuzumuten. So müsse der Bund sozial unausgewogenen Plänen eine deutliche Absage erteilen, etwa einer generellen Erhöhung der Mehrwertsteuer, weiteren Belastungen der gesetzlich Krankenversicherten und Kürzungen der Arbeitsmarktmaßnahmen.

"Eines muss klar sein: Gerade die Verantwortlichen und Profiteure der Finanzkrise müssen einen entscheidenden Beitrag zur Krisenbewältigung leisten", betont Stadler. Es müsse Schluss damit sein, einseitig den Sozialstaat in Frage zu stellen. "Viel zu viele Bürger leben jetzt schon in Armut oder sind von Armut bedroht, darunter alleine 2,4 Millionen Kinder", erklärt der AWO Bundesvorsitzende. "Die Bürger haben die Finanzkrise nicht zu verantworten, und es ist unverantwortlich, wenn sie jetzt dafür zahlen sollen.“ 

Die Beispiele

Die AWO-Umfrage zeigt drastische und für viele Betroffene dramatische Einschnitte in das soziale Netz vor Ort, wie diese Auswahl an Beispielen zeigt:

- Fast überall leiden Eltern unter der angekündigten oder bereits beschlossenen Erhöhung der Kita-Gebühren - beispielsweise in der Stadt Weil im Kreis Lörrach um bis zu 50 Prozent. Zugleich droht der wichtige Ausbau insbesondere der Betreuungsangebote für Unter-Dreijährige unter der kommunalen Finanznot vollends ins Stocken zu geraten.

- Beispielsweise hat der Freistaat Sachsen die Jugendpauschale gekürzt, damit ist unter anderem im Kinder- und Jugendhaus Torgau eine Fachkraft gestrichen worden, ebenso im Familienzentrum in Eilenburg. Für zahlreiche Mitarbeiter mussten die Wochenarbeitszeit von 38 auf 30 Stunden reduziert werden, das führt zu harten Einschnitten etwa bei der Mobilen Jugendarbeit im ländlichen Raum, sowie dem Erzieherischen Kinder- und Jugendschutz, konkret bei Streetwork-Projekten und der Jugendberatung in Eilenburg, Delitzsch und Torgau und im Kinder- und Jugendhaus Bad Düben.

- In Dresden wurden Kita-Sanierungen in der Größenordnung von 4 Millionen Euro für 2011 und 2012 verschoben sowie Sanierungen von Schulen in zweistelliger Millionenhöhe auf 2013 und danach. In den Sommerferien gab es keine Grundreinigung der Schulen und Horte, um Kosten zu sparen. Im Erzgebirge wurde die Förderung der Kita-Fachberatung um 7 Prozent gekürzt.

- Beispielsweise hat der Landkreis Ludwigslust für 2011 die Schulsozialarbeit gekürzt, für die AWO ist damit ein Standort weggefallen. Durch drastische Kürzungen für das Projekt Hagenower Aussiedlerinitiative ist die generationenübergreifende Arbeit im Jugendclub nicht mehr möglich. Weitere Einschnitte stehen für die sozialpädagogische Familienhilfe und die stationäre Jugendhilfe im Raum.

- Unter anderen finanziert die Stadt Weil im Kreis Lörrach keine neuen öffentlich geförderten Zusatzjobs mehr, damit droht auch dem AWO Projekt einer "Second-Hand-Halle" das Aus. Ebenso den freiwilligen Sprachkursen im Integrations-Bereich.

- Der Kreis Schleswig-Flensburg hat die Mittel für das Soziale Training für straffällige Jugendliche um 10 Prozent gekürzt, damit ist die Fortführung des AWO-Angebots akut gefährdet, da es sowieso völlig unterfinanziert ist und die AWO bereits im vergangenen Jahr 8000 Euro zuschießen musste.

- Im Kreis Ostprignitz-Ruppin steht die Fahrbibliothek, die im ländlichen Raum Jung und Alt mit Büchern und Medien versorgt, vor der Schließung. Ebenso droht dem Jugendclub in Rheinsberg das Aus und es gibt einen Rückstau bei der Sanierung und Ausstattung zahlreicher Kitas im Rahmen der Fehlbedarfsfinanzierung.

- Im Kreis Bautzen muss die Suchtberatungsstelle eine 10-prozentige Mittelkürzung verkraften. Ebenso der Jugendclub.

- Der Kreis Mühlheim an der Ruhr will sämtliche Zuschüsse für Beratungsstellen und Dienste um 20 Prozent kürzen. Die Stelle der AWO Schuldnerberatung müsste gestrichen werden. Der Drogenmedizinischen Ambulanz droht das Aus. Die Arbeit mit Spielmobilen ist in Gefahr. Der präventive Jugendschutz muss reduziert werden.

- Unter anderen haben die Bürgermeister und Kämmerer im Kreis Wesel Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich von bis zu 25 Prozent angekündigt. Das gefährdet unter anderem die Existenz des Behindertenfahrdienstes, des Betreuungsvereins, der Jugendgerichtshilfe, der Beratung „Frauen helfen Frauen“, die Förderung ausbildungsmotivierender Maßnahmen, das Jugendkulturzentrum. 

Quelle: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband

ik

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