Sozialpolitik

AWO fordert: Hartz-IV-System grundlegend reformieren

Bei den Ärmsten der Armen zu tricksen, um zu sparen, sei mehr als beschämend, kritiisiert die AWO und fordert eine eine betroffenenzentrierte Reform des SGB II. Die soziale Situation und Rechtsstellung der Leistungsbeziehenden müssten gestärkt und auch die Servicequalität der Jobcenter verbessert werden. Der Wohlfahrtsverband fordert u.a. auch die Abschaffung der schärferen Sanktionsregelungen für unter 25-Jährige und ein vorgelagertes System von BAföG, BAB und Ausbildungsgeld, das bedarfsdeckend und zeitgemäß ausgestaltet sein müsste.

18.05.2018

Die Arbeitslosen- und Sozialhilfe – kurz Hartz IV – sorgt auch nach mehr als 12 Jahren noch für heftige Diskussionen. Die AWO kritisiert, dass nach aktuellen Medienberichten es gängige Praxis sei, den Hartz-IV-Regelsatz runter zu rechnen. Empfänger müssten demnach monatlich 155 Euro mehr bekommen.  Dazu sagt Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler:

„Bei den Ärmsten der Armen zu tricksen, um zu sparen, ist mehr als beschämend. Und es zeigt mal wieder ganz deutlich, dass das aktuelle System der Grundsicherung – kurz Hartz-IV – nicht funktioniert. Die AWO fordert eine einfachere, transparentere und betroffenenorientiertere Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Menschen müssen wieder in den Mittelpunkt der Leistung gerückt werden. Sie müssen zuverlässiger und transparenter nachvollziehen können, welche Ansprüche ihnen zustehen und welche Institution verantwortlich ist. Nur so kann es ihnen gelingen, ihre Hilfsbedürftigkeit dauerhaft zu überwinden und aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den Arbeitsmarkt zurückzufinden.“

Hartz IV wurde zum Inbegriff des gesellschaftlichen Abstiegs

Bis heute fehle ein Konzept, eine klare Stoßrichtung für eine Grundsicherungsleistung im Sinne der Betroffenen. Das System müsse deshalb grundlegend überarbeitet werden, denn seine Bilanz falle nach mehr als 12 Jahren vernichtend aus. Hartz-IV wurde zum Inbegriff des gesellschaftlichen Abstiegs. Um dem entgegenzutreten, hat die AWO 20 Forderungen für eine Grundsicherung im Sinne der Betroffenen entwickelt.

Die vorliegenden 20 Forderungen der AWO für eine betroffenenzentrierte Reform des SGB II sollen dazu dienen, die soziale Situation und Rechtsstellung der Leistungsbeziehenden zu stärken und damit auch die Servicequalität der Jobcenter zu verbessern.

Forderungen für eine betroffenenzentrierte Reform des SGB II

Zusammenfassend beinhalten die 20 Forderungen für eine betroffenenzentrierte Reform des SGB II die nachfolgenden Ansprüche:

  1. Regelbedarfe müssen bedarfsgerecht bemessen werden.
  2. Mobilitätsbedarfe müssen angemessen berücksichtigt werden.
  3. Existenzsichernde Deckung der Unterkunftsbedarfe.
  4. Neuausrichtung der Bedarfe für Bildung Teilhabe.
  5. Gesonderte Bedarfe, wie weiße Ware.
  6. Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen.
  7. Überarbeitung der Sanktionsregelungen im SGB II, insbesondere Abschaffung der schärferen Sanktionsregelungen für unter 25-Jährige.
  8. Schaffung eines Sozialen Arbeitsmarkts.
  9. Umfassender Leistungszugang für EU-Ausländer/-innen bzw. EU-Migrant/-innen.
  10. Integration der Ansprüche für Asylsuchende, Geduldete und Menschen mit humanitärem Aufenthaltsstatus in die Grundsicherung und Sozialhilfe.
  11. Integration aller voll erwerbsgeminderter Hilfebedürftigen in die Grundsicherung.
  12. Stärkere Berücksichtigung von Fragen der individuellen Beschäftigungsfähigkeit.
  13. Neuausrichtung der Bedarfsgemeinschaft.
  14. Zugang zum Arbeitslosengeld erleichtern und die Bezugsdauer verlängern.
  15. Vorgelagertes System von BAföG, BAB und Ausbildungsgeld bedarfsdeckend und zeitgemäß ausgestalten.
  16. Einführung einer einkommensabhängigen und bedarfsgerechten Kindergrundsicherung.
  17. Anerkennung von Mehrbedarfen wegen Trennung.
  18. Leistungskatalog in der GKV umfassend wiederherstellen.
  19. Schnittstellenprobleme zwischen SGB II und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beheben.
  20. Zwangsverrentung von  SGB II-Leistungsbeziehenden ersatzlos streichen.

Hintergrund

Die Arbeiterwohlfahrt gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege und wird bundesweit von über 335.000 Mitgliedern, 66.000 ehrenamtlich engagierten Helferinnen und Helfern sowie 225.000 hauptamtlichen Mitarbeiter/-innen getragen.

Quelle: AWO Bundesverband e.V. vom 18.05.2018

Back to Top