Jugendpolitik

Schleswig-Holstein: Kinder und Jugendliche kommen zu Wort

Das Land Schleswig-Holstein hat in den vergangenen Jahren umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Kinder- und Jugendbeteiligung implementiert. Hierzu zählen auch die Herabsetzung des Wahlalters, die Änderung von Landesverfassung und Gemeindeordnung und eine umfassende Demokratiekampagne. Kinder und Jugendliche haben ein Recht mit ihren Anliegen zu Wort zu kommen, sagte Staatssekretärin Langner anläßlich eines Jubiläums in Eutin.

29.07.2016

"Der Kinderschutzbund hat eine herausragende Bedeutung für den Kinderschutz in Schleswig-Holstein. Insbesondere, weil er eine so starke, aktive und engagierte Mitgliedschaft überall im Land hat. Ich möchte daher im Namen der Landesregierung allen danken und gratulieren, die sich so konsequent und so beharrlich für die Sache der Kinder stark machen!"  Das betont Sozialstaatssekretärin Anette Langner zur Eröffnung der Jubiläums-Veranstaltung "35 Jahre Kinderschutzbund Ortsverband Eutin" und 20 Jahre Kita "Kinderinsel": 

Lobby für Kinder - gegen Kinderarmut und für gewaltfreie Erziehung 

"Lobby für Kinder", das ist die zutreffende Selbstbezeichnung des Kinderschutzbundes: Als immer aktive und immer vernehmbare Stimme für die elementar wichtigen Anliegen und Interessen von Kindern und Jugendlichen, die sonst kein – oder jedenfalls nicht genügend – Gehör finden. Der Kinderschutzbund sorgt für Gehör und greift in beispielhafter Weise immer wieder gesellschaftliche Missstände auf – um positive Entwicklungen anzustoßen und zu befördern. Sei es bei dem bedrückenden Thema Kinderarmut oder etwa mit der Durchsetzung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung. Und nicht zuletzt mit der Verankerung von Kinderrechten als höchstem Rechtsgut – wie dies mit Artikel 6 a der schleswig-holsteinischen Landesfassung bereits geschehen ist.

Wirksamer Kinderschutz findet im Alltag statt

Wer gute Entwicklungsbedingungen für Kinder und Jugendliche will, der muss ihnen und ihren Eltern helfen, konkret und Tag für Tag. Der muss unterstützen und Kompetenzen mit auf den Weg geben. Der muss Anteilnahme mitbringen – muss auch hinsehen und sich einmischen: gegen Gewalt und Vernachlässigung. Dafür steht der Kinderschutzbund – auch hier in Eutin! Auch hier hat der Kinderschutzbund in nun dreieinhalb Jahrzehnten ein vielfältiges Angebot entwickelt. Zu dem auch die Kinderinsel gehört, die ebenfalls in diesem Jahr Geburtstag hat – ihren zwanzigsten. Gerade die Kinderinsel ist ein gutes Beispiel für die lebendige Weiterentwicklung von Angeboten vor Ort. So ist die Insel seit ihrer Gründung deutlich gewachsen; die Lernwerkstatt, die Forscherecken, der Tischlerschuppen machen aus der Insel eher einen Kontinent – den es zu entdecken gilt!

Mit den eigenen Anliegen zu Wort kommen 

Bei vielen Angeboten des Kinderschutzbundes stehen nicht allein Kinder und Jugendliche im Fokus, sondern auch deren Familie. Etwa mit dem Familienzentrum, mit dem Second-Hand-Warenhaus, aber auch mit dem Elternforum der Kinderinsel. Seine große fachliche Kompetenz und sein unermüdliches Engagement haben den Kinderschutzbund zu einem anerkannten und geschätzten Partner für die Gemeinde, für andere Akteure in und um Eutin gemacht. All das verdient es, gewürdigt und gefeiert zu werden! Mir ist ein Aspekt beim Kinderschutz und Kinderrechten besonders wichtig: das Recht von Kindern und Jugendlichen, mit den eigenen Anliegen zu Wort zu kommen, gehört zu werden, mitbestimmen zu dürfen über die Angelegenheiten, die einen selbst betreffen. Es geht also um Partizipation, die kein Vorrecht von Erwachsenen ist und sein darf. Schleswig-Holstein ist vorbildlich bei Projekten zur Stärkung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf vielen Ebenen:

Wir haben das Beteiligungsgebot für Kinder und Jugendliche in der schleswig-holsteinischen Gemeindeordnung festgeschrieben – in § 47 folgende. Gemeinden müssen Kinder und Jugendliche bei Planungen und Vorhaben in angemessener Weise beteiligen, wenn die Interessen von Kindern und Jugendlichen berührt sind. Zahlreiche andere Bundesländer sind dem Beispiel Schleswig-Holsteins gefolgt und haben entsprechende Regelungen in ihre Gemeindeverfassung aufgenommen.

Demokratiekampagne für mehr Partizipation in allen Altersstufen 

Schleswig-Holstein hat eine ausdrücklich so bezeichnete Demokratiekampagne aufgelegt: die auf mehr Partizipation in allen Altersstufen angelegt ist. Denn Kinder sind viel früher als viele Erwachsene denken in der Lage, sich eine Meinung zu bilden zu Dingen, die sie betreffen. Was nicht bedeutet, dass Kinder immer alles richtig einschätzen können und die Verantwortung für die Konsequenzen ihrer Vorstellungen alleine tragen könnten oder sollten. Aber – und das gilt es nach wie vor zu stärken – sie sollten so weitgehend wie möglich gehört werden. Ein positives Beispiel dazu ist, dass sich im Rahmen des Projekts "Kinderstube der Demokratie" in Schleswig-Holstein Kindertagesstätten eigene Verfassungen gegeben haben. In denen festgelegt ist, was und in welcher Weise die Kinder mitberaten und mitentscheiden.

Eine Projekt-Ergänzung gibt es für den Bereich Heim-Erziehung: Das Thema Teilhabe und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen stellt für die Landesregierung einen wichtigen Schwerpunkt von Jugendpolitik dar. Weitere Bausteine für Kinder- und Jugendbeteiligung im Echten Norden sind etwa:

  • Die Unterstützung von beispielhaften Beteiligungsprojekten wie die Gemeinschaftsaktion "Schleswig-Holstein – Land für Kinder",
  • Herstellung von Öffentlichkeit für Partizipation, u. a. auf Fachtagungen, sowie
  • Vernetzung der Akteure über die Informations- und Servicestelle Demokratiekampagne im Sozialministerium
  • Wir haben die von der letzten Regierung beschlossene Änderung des § 47 f der Gemeindeordnung rückgängig gemacht, der zufolge Gemeinden nicht mehr verpflichtet waren, geeignete Beteiligungsverfahren für Kinder und Jugendliche zu entwickeln.
  • Wir haben das aktive Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 Jahren herabgesetzt. Das hat der Landtag beraten und beschlossen – das wird im kommenden Jahr erstmals verwirklicht.

Partizipation von Kindern und Jugendlichen ist eine Herausforderung für uns Erwachsene. Sie verlangt freiwillige Machtabgabe bei gleichzeitiger Verantwortung für die daraus entstehenden Prozesse. Das ist etwas, was gelernt werden muss. Was für uns als Erwachsene auf ein grundlegendes Lern-Erfordernis verweist. Auch unsere Demokratiebefähigung ist ja niemals "fertig".

Partizipation als verbrieftes Recht

Kinder und Jugendliche entwickeln sich und damit wachsen Einsichts- und Verantwortungsfähigkeit. Deshalb muss rechtlich und tatsächlich gesichert werden, dass die "Haftung" von Kindern und Jugendlichen reduziert ist. Die Möglichkeit, zu Entscheidungen beitragen zu können, schafft einen Anlass, sich mit Dingen vertieft zu befassen. Auch deshalb ist Partizipation ein wichtiges Element zur Persönlichkeitsbildung, zur Entwicklung von sozialem Verständnis und auch von solidarischem Handeln. Es gibt – und da bin ich bei der UN-Kinderrechtskonvention – geradezu ein Recht, diese Lernerfahrungen machen zu können.

Eine solche Lernerfahrung ist auch eine Voraussetzung dafür, Demokratie erfolgreich in der nächsten Generation zu verankern. Auch emotional, als positive Erfahrung! Die Bildungsforschung weist uns darauf hin, dass für das Lernen von Demokratie die Erfahrung von Demokratie entscheidend ist. Kinder und Jugendliche lernen Demokratie weniger aus Schaubildern als durch eigenes Erleben von Partizipation.

Kinder und Jugendliche sind Personen und Persönlichkeiten

Und vor allem: Kinder und Jugendliche sind Personen und Persönlichkeiten. Sie haben aus sich selbst heraus und um ihrer selbst willen einen Anspruch darauf, mit ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst genommen zu werden. Das gilt jederzeit und die Stärkung von Partizipation trägt dazu bei, dieses Recht zu verwirklichen. Dies ist auch einer der Leitgedanken, den der Kinderschutzbund in seinen Einrichtungen und in seinen Projekten "lebt". Er ist eine der wichtigsten Kräfte, die wir für mehr Demokratie für Kinder und Jugendliche im Land haben! Dafür danke ich allen Beteiligten ganz herzlich und wünsche gemeinsam viel Energie für weiterhin großartiges Engagement für unsere Kinder!"

Quelle: Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein vom 16.07.2016

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