Jugendpolitik

Leutheusser-Schnarrenberger: Institutionelles Eigeninteresse darf bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs nicht im Vordergrund stehen

Nach der Erörterung des Zwischenberichts des Runden Tischs "Sexueller Kindesmissbrauch" in der gestrigen Sitzung des Bundeskabinetts stellte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fest, dass der Runde Tisch "Sexueller Kindesmissbrauch" den Anliegen der Opfer sexualisierter Gewalt gerecht werden müsse.

09.12.2010

Der Zwischenbericht des Runden Tischs, den die Bundesregierung im März 2010 eingesetzt hat, zeigt erfolgreich einen neuen Weg der institutionellen Aufarbeitung sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen auf. Er erschöpft sich nicht in Diskussion, Mahnung und Sensibilisierung, sondern mündet in konkretes Handeln des Gesetzgebers. Ganz entscheidend ist: Das institutionelle Eigeninteresse darf bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs nicht im Vordergrund stehen. Vielmehr muss der Runde Tisch den Anliegen der Opfer sexualisierter Gewalt gerecht werden. Dazu gehört auch die Verpflichtung der von Missbrauch betroffenen Institutionen und Verbände, in Verdachtsfällen bei tatsächlichen Anhaltspunkten die Strafverfolgungsbehörden einzubeziehen. Außerdem hat sich die von mir geleitete Arbeitsgruppe dafür ausgesprochen, die zivilrechtliche Verjährungsfrist von drei auf 30 Jahre zu verlängern, damit Opfer sexueller Gewalt Schadensersatzansprüche gegen Täter und mitverantwortliche Dritte künftig besser durchsetzen können.

Zudem haben wir in der Justiz-Arbeitsgruppe zahlreiche Vorschläge für eine stärkere Stellung von Opfern im Ermittlungs- und Strafverfahren erarbeitet und eine Reihe von konkreten Empfehlungen an den Gesetzgeber und an die für die Justizpraxis zuständigen Länder abgegeben. Je weniger belastend ein Verfahren für die Opfer ist, umso eher sind sie bereit, ihr Schweigen zu brechen und Anzeige zu erstatten - und umso eher können die Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das Bundesjustizministerium hat bereits den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vorgelegt - er befindet sich derzeit in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung sowie mit Ländern und Verbänden.

Die intensiven und tief beeindruckenden Gespräche, die Mitglieder des Runden Tischs mit Betroffenen geführt haben, dokumentieren, wie notwendig eine unabhängige Anlaufstelle für Opfer sexualisierter Gewalt ist. Nicht hoch genug einzuschätzen ist in diesem Zusammenhang die wertvolle Arbeit der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, Christine Bergmann, und ihren Mitarbeitern. Der Runde Tisch wird seine wichtige Arbeit, die die Ernsthaftigkeit des gesellschaftlichen Umgangs mit dem Thema unterstreicht, 2011 fortsetzen. Als nächstes steht für uns alle die "Anerkennung des Leidens der Opfer sexuellen Missbrauchs in jeglicher Hinsicht" auf der Agenda. Ich appelliere an alle Beteiligten, sich weiter so konstruktiv und engagiert am Runden Tisch einzubringen."

Herausgeber: Bundesministerium der Justiz

 

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