Jugendpolitik

„Fridays for Future“: Mitbestimmung ausbauen statt Sanktionieren

Der ABA Fachverband Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen e.V. und die dem Verband angehörige interdisziplinäre Projektgruppe Draußenkinder erklären sich solidarisch mit der „Fridays for Future“-Bewegung. Die umfassende Nicht-Berücksichtigung legitimer und existenzieller Interessen von Kindern und Jugendlichen zugunsten kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen zeige darüber hinaus, dass es um die Kinderrechte und politische Mitbestimmung Jugendlicher nach wie vor nicht gut bestellt sei.

10.09.2019

Gesellschaftliche Veränderung erkennen und daran mitwirken

Der ABA Fachverband setzt sich seit 1971 für die Interessen, den Schutz und die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention ein. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen in die Lage versetzt werden, gesellschaftliche Wirklichkeit zu erfassen, zu durchschauen und mitzugestalten, sowie Möglichkeiten gesellschaftlicher Veränderung zu erkennen und daran mitzuwirken. Genau dies tut „Fridays for Future“ in herausragender Weise insbesondere im Hinblick auf Klima und Nachhaltigkeit. Die „Fridays for Future“-Bewegung fordert die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5°C Klima-Ziels. Mit ihrem Engagement, dem Mut und der Ausdauer, sowie ihrer basisdemokratischen Strukturen und der Vernetzung mit Wissenschaft sind ein Vorbild gelebter Demokratie, betont der Fachverband.

Nachhaltig gestalten und der Klimakrise energisch begegnen

Die Projektgruppe Draußenkinder setzt sich seit Jahren für Nachhaltigkeit, die Verbindung der Menschen zur Natur und das Draußenspiel ein. Nachhaltigkeit bedeutet nach einer Definition der UN, wirtschaftliche und soziale Beziehungen, die Nutzung von Ressourcen und die Eingriffe in die natürliche Umwelt so zu gestalten, dass die Bedürfnisse der jetzt lebenden Menschen erfüllt werden. Zweitens müssen auch zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse befriedigen können. Dies wird massiv eingeschränkt durch Art und Umfang der Nutzung von Ressourcen, die einen katastrophalen Klimawandel hervorruft, die Ackerbau-Böden schädigt und in großem Ausmaß das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten zur Folge hat.

Das Ausmaß dieser Schädigung wird (nicht nur) von „Fridays for Future“ auf Basis breiter wissenschaftlicher Erkenntnisse als reale existentielle Bedrohung des Planeten und der Lebensgrundlagen kommender Generationen begriffen.

Recht und Verantwortung junger Menschen aktiv zu werden

Junge Menschen haben deshalb nicht nur das Recht, den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen einzufordern. Es ist vielmehr Ausdruck ihrer Mündigkeit und gesellschaftlichen Verantwortung, aktiv zu werden, und dies - angesichts der existentiellen Bedrohung - auch ausdrücklich mit Mitteln wie Schulstreik.

Die umfassende Nicht-Berücksichtigung legitimer und sogar existenzieller Interessen und Ansprüche von Kindern und Jugendlichen durch Politik und weite Teile der erwachsenen Gesellschaft findet in den Schulstreiks lediglich ihre konsequente Antwort:

„Why should I be studying for a future that soon may be no more, when no one is doing anything to save that future?“ (Warum sollte ich für eine Zukunft lernen, die bald nicht mehr sein wird, wenn niemand etwas unternimmt, um diese Zukunft zu retten?) Greta Thunberg

Ignorieren existenzieller Ansprüche von Kindern und Jugendlichen

Die umfassende Nicht-Berücksichtigung legitimer und sogar existenzieller Interessen und Ansprüche von Kindern und Jugendlichen zugunsten kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen durch Politik zeigt darüber hinaus aber auch, dass es um die Kinderrechte und politische Mitbestimmung Jugendlicher nach wie vor nicht gut bestellt ist.

So sind in Deutschland die Kinderrechte (Förder-/Beteiligungs-/Schutzrechte) auch 27 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention immer noch nicht im Grundgesetz verankert und die Kinderrechte sind in der öffentlichen Wahrnehmung kaum präsent.

Beteiligungs- und Wahlrechte Jugendlicher stärken

Die Blockade einer Absenkung des Wahlalters auf zumindest 16 Jahre in den meisten Bundesländern sowie auf Bundesebene führt auch dazu, dass die Stimmen der vom Klimawandel am meisten betroffenen (lebenden) Generation als nicht relevantes Wählerpotenzial scheinbar ungestraft überhört werden können.

Gleichzeitig allerdings haben die etablierten Parteien massive Nachwuchsprobleme und machen sich berechtigt Sorgen um den Zulauf zu rechtspopulistischen Parteien, statt aktiv auf „Fridays for Future“ und andere Jugend- und Bürgerbewegungen zuzugehen, ihre Anliegen ernst zu nehmen und substantielle Angebote zur Mitgestaltung zu unterbreiten.

Der ABA Fachverband und die Projektgruppe Draußenkinder fordern

  • die Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5°C‑ Klima-Ziels einzuhalten
  • die berechtigten Interessen von Kindern und Jugendlichen angemessen zu unterstützen
  • einer Kriminalisierung oder Sanktionierung von „Fridays for Future“ und Schulstreiks entschieden entgegenzutreten
  • die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf allen politischen Ebenen deutlich zu erhöhen und verbindlich zu machen
  • die Kinderrechte als Grundrecht im Grundgesetz zu verankern, da sichergestellt werden muss, dass die Kinderrechte Rechtsansprüche begründen
  • konkret das Wahlalter bei allen Wahlen auf mindestens 16 Jahre abzusenken
  • die Beteiligungs-Soll-Regelung in §6 Abs.2 Kinder- und Jugendfördergesetz (3. AG-KJHG-KJFöG NRW) in eine verpflichtende Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu ändern

Weitere Informationen: www.aba-fachverband.info

Quelle: ABA Fachverband Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen e.V.

Redaktion: Stefan Melulis

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