Jugendpolitik

Erste Schritte zu einem deutsch-griechischen Jugendwerk

Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk und Rolf Stöckel freuen sich über die Fortschritte bei der Schaffung eines deutsch-griechischen Jugendwerks.

Auf Einladung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) kamen am 17. Juni 2014 in Bonn die Akteure des Jugend- und Fachkräfteaustauschs mit Griechenland zusammen, um die Perspektiven eines künftigen deutsch-griechischen Jugendwerks zu erörtern.

23.06.2014

Der Wunsch nach einem deutsch-griechischen Jugendwerk war eine der europapolitischen Überraschungen im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. Inzwischen zeichnen sich erste Konturen dieses Vorhabens ab. Delegationen beider Länder waren unterwegs um die Vorstellungen des jeweiligen Gegenübers kennenzulernen und Bundespräsident Gauck sprach erstmals bei seinem Besuch Anfang März in Athen öffentlich über die Bedeutung eines Jugendwerkes für die Zukunft beider Länder.

Am 17. Juni kamen in Bonn die Akteure des deutsch-griechischen Jugend- und Fachkräfteaustauschs zu einem „Fachtag Griechenland“ zusammen, um ihre Vorstellungen in die Ausgestaltung des Jugendwerks einzubringen. Das BMFSFJ hat diesen Prozess breit aufgestellt. Entsprechend breit war das Spektrum der Träger und Institutionen aus Kommunen, Bundesländern und Bundeseinrichtungen. Vertreten waren unter anderem Jugendverbände, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mit seinem Programm Integration durch Austausch (IdA), Büros von Bundestagsabgeordneten, Organisationen, die griechische Jugendliche nach Deutschland vermitteln, Kommunen, die seit Jahren den Jugendaustausch mit Griechenland pflegen, Freiwilligendienste und Workcamp-Organisatoren, die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung, das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), IJAB und JUGEND für Europa, der Pädagogische Austauschdienst der Kultusministerkonferenz (PAAD), das Jugendherbergswerk, Stiftungen  und nicht zuletzt die Vereinigung der Deutsch-Griechischen-Gesellschaften (VDGG), auf deren Initiative die Idee eines Jugendwerks maßgeblich zurückgeht.
 
Thomas Thomer, Unterabteilungsleiter im BMFSFJ, überbrachte die Grüße der Parlamentarischen Staatssekretärin Marks verbunden mit dem Dank an die Akteure des Austauschs für ihre Bereitschaft das anspruchsvolle europa- wie jugendpolitische Vorhaben mitzugestalten .

Wolfgang Rechenhofer, Botschaftsrat an der Deutschen Botschaft in Athen, zeichnete in seiner Übersicht über die aktuelle Lage in Griechenland ein düsteres Bild. Er verwies auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit, das hohe Armutsrisiko – insbesondere für junge Menschen – und auf ein soziales Netz mit großen Löchern, durch das immer mehr Menschen fallen. Seiner Auffassung nach werden die Erwartungen an ein Jugendwerk von griechischer Seite durch Unterstützung bei der Beruflichen Bildung und der Hilfe bei Startups junger Unternehmen geprägt sein. Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Präsidentin der VDGG fügte einen Aspekt hinzu, der bei den Rahmenbedingungen für ein Jugendwerk mitgedacht werden müsse: Das Ansehen Deutschlands in Griechenland sei als Folge der durch Europa verordneten harten Sparmaßnahmen und rassistischer Pressekampagnen auf einem historischen Tiefpunkt angekommen. „Ich glaube das Deutschlandbild war noch nicht mal nach dem 2. Weltkrieg so schlecht wie heute“, fügte sie hinzu.

Damit war zugleich ein Punkt benannt, der im deutsch-griechischen Jugendaustausch traditionell eine gewichtige Rolle einnimmt: die deutsche Besatzung und die während ihr verübten Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Die Präsenz zahlreicher Organisationen und Initiativen, die sich in ihren Projekten mit der Aufarbeitung von Geschichte auseinandersetzen, ist ein Hinweis darauf, dass dieses Thema auch in einem künftigen deutsch-griechischen Jugendwerk Teil der Agenda sein wird.

Dass das Spektrum der einbezogenen Akteure breit ist, eröffnet die Chance, dass das zukünftige Jugendwerk auf breite Akzeptanz und Beteiligung stößt. Zugleich ist dies aber auch eine Herausforderung. In Arbeitsgruppen befassten sich die Teilnehmenden mit Fragen nach ihren bisherigen Erfahrungen im Austausch mit Griechenland, Besonderheiten und Hemmnissen bei der Durchführung von Projekten und der Schlüsselfrage, wie Engagement und Enthusiasmus für den deutsch-griechischen Jugendaustausch gefördert werden können. Dabei wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Erfahrungen deutlich, nicht zuletzt aber auch Unterschiede in der Organisationskultur der Akteure, die weit über das traditionelle Spektrum von Jugendarbeit und Jugendhilfe hinausreichen. In Anbetracht des kompakten Zeitplans, der ein erstes Kennenlernen, sich Annähern, einen ersten Erfahrungsaustausch und sogar erste Verabredungen zuließ, sicher aber keine Vereinheitlichung von Erwartungen, kam Albert Klein-Reinhardt, der den Fachtag für das BMFSFJ moderierte, zu der Schlussfolgerung „dies wird sicher nicht das letzte Zusammentreffen dieser Art gewesen sein“.

Rolf Stöckel von der Arbeitsgemeinschaft für Internationale Jugendprojekte in Unna, der das BMFSFJ beim Aufbau des deutsch-griechischen Jugendwerks berät, verdeutlichte in der Diskussion der Arbeitsgruppen die Argumente für ein Jugendwerk. Zwar könne ein Jugendwerk nicht alle Probleme lösen, schon gar nicht die wirtschaftlichen, aber es schaffe günstigere Bedingungen für den Austausch. Es sei unabhängig von wechselnden Regierungen, gewährleiste Austausch auf Augenhöhe und verfüge über einen festgelegten Etat. „Es gibt dann kein deutsches Jugendwerk und kein griechisches Jugendwerk, sondern nur ein gemeinsames deutsch-griechisches Jugendwerk mit Büros in beiden Ländern“, so Stöckel in seinem abschließenden Ausblick. Dieser Prozess hat gerade erst begonnen. Die griechische Seite hat ihre Erwartungen noch nicht definiert. Bald aber werden die Jugendlichen beider Länder ihre Vorstellungen einbringen: Für den Herbst plant das BMFSFJ ein deutsch-griechisches Jugendforum.

Quelle: IJAB - Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepzblik Deutschland

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