Jugendpolitik
Deutsches Kinderhilfswerk: Systemfehler bei der Bekämpfung der Kinderarmut beheben
Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt im Vorfeld der abschließenden Bundestagsdebatte über das „Starke-Familien-Gesetz“ am 21.03.2019, dass armutsbetroffene Kinder und Jugendliche durch das Gesetz künftig besser unterstützt werden. Gleichzeitig fordert die Kinderrechtsorganisation die Bundesregierung auf, die Systemfehler in der Förderung armer Kinder konsequenter als bisher anzugehen. Das betrifft beispielsweise den Kinderzuschlag und das Bildungs- und Teilhabepaket.
21.03.2019
Weichen zur Bekämpfung der Kinderarmut gestellt
„Mit dem ‚Starke-Familien-Gesetz‘ werden wichtige Weichen zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland gestellt, gleichzeitig werden grundlegende Widersprüche im System nicht konsequent behoben. Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt insbesondere die Erhöhung und Koppelung des Kinderzuschlags an das sächliche Existenzminimum, die neuen Regelungen zum Zuverdienst und die Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket. Es ist gut, dass die Fahrten zur Schule und das Mittagessen in Schulen und Kitas für arme Kinder kostenlos werden. Es ist erfreulich, dass eine Reihe von Änderungsvorschlägen der Kinder- und Familienverbände im parlamentarischen Verfahren aufgegriffen wurden, darunter die Erhöhung der Leistung für Bildung und Teilhabe, die Möglichkeit Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets gebündelt zu beantragen und der verbesserte Zugang von Alleinerziehenden zum Kinderzuschlag“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Weitere Lösungen nötig, um mehr Familien zu erreichen
„Gleichzeitig sind noch keine maßgeblichen Lösungen in Sicht, wie Familien ihren Anspruch unkomplizierter geltend machen können. Die Vereinfachung des Antrages selbst ist ein richtiger Schritt. Das Ergebnis bleibt abzuwarten und wird allein nicht ausreichen, um wesentlich mehr Familien zu erreichen. Es wird darauf ankommen, einen guten Mix aus persönlicher Beratung und niederschwelligen Online-Angeboten herzustellen. Und es sollte vor allem eine automatische Auszahlung des Kinderzuschlags an alle Berechtigten in Angriff genommen werden. Auch beim Bildungs- und Teilhabepaket sind substantielle Verbesserungen dringend notwendig. Die letzte Evaluation des Pakets hat gezeigt, dass die Leistungen nur bei jedem zweiten berechtigten Kind ankommen. Das ist insofern besonders bedenklich, als damit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2010, das ein Mindestmaß an Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben einfordert, unterlaufen wird. Auch hier ist das Gesetz zu halbherzig“, so Hofmann weiter.
Gesamtstrategie gefordert
Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt für eine stärkere Priorisierung der finanziellen Mittel in der Familienförderung insbesondere armer Familien und ein Ende der bisherigen komplizierten Beantragungsprozeduren und komplexen Anrechnungsregelungen für Leistungen ein, auf die Kinder und Jugendliche ein Anrecht haben. Kinderarmut wirkt sich in vielen Bereichen des Alltags aus, dementsprechend plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk für eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut mit aufeinander abgestimmten Infrastruktur- und Geldleistungselementen, die interdisziplinär an verschiedensten Stellen ansetzt. Langfristig tritt das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung in Höhe von 628 Euro nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.
Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
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