Jugendpolitik

Deutscher Bundesjugendring: Kindergrundsicherung als wichtigen Baustein einführen

Der Hauptausschuss des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR) hat am 4. September 2019 die Position „Soziokulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen stärken – die Kindergrundsicherung als wichtigen Baustein einführen“ beschlossen. Nach aktuellen Berechnungen ist etwa jede vierte armutsgefährdete Person in Deutschland unter 25 Jahren alt.

09.09.2019

Junge Menschen sind die am stärksten von Armut betroffene Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Die Zahl von armen oder von Armut bedrohten Kindern und Jugendlichen nimmt dabei stetig zu. Aktuell wird davon ausgegangen, dass etwa 3,4 Millionen junge Menschen in Armut oder in Armutsgefährdung leben – somit ist etwa jede vierte armutsgefährdete Person in Deutschland unter 25. Armut hat verschiedene Ursachen und führt zu einer Vielzahl an Benachteiligung in den unterschiedlichen Lebenslagen von Kindern und Jugendliche. Mit dem Mangel an finanziellen und strukturellen Ressourcen gehen Defizite im Bereich der sozialen und kulturellen Teilhabe, Bildungschancen und Gesundheit einher.

Der DBJR problematisiert die Ursachen und Folgen von Kinder- und Jugendarmut in Positionen stetig. In seinen sozialpolitischen Leitlinien stellt er fest, dass es in der öffentlichen Verantwortung liegt, für alle in Deutschland lebenden Menschen den erforderlichen finanziellen Bedarf (das soziokulturelle Existenzminimum) sicherzustellen und die notwendige öffentliche Infrastruktur vorzuhalten. Deswegen forderte der DBJR bereits 2013 ein leistungsunabhängiges Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsnachweis und Erwerbsarbeitszwang zur Weiterentwicklung der sozialen Sicherung und damit die Herstellung gleicher gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen.

Jungen Menschen ein gutes Aufwachsen ermöglichen

Eine Kindergrundsicherung ist dabei ein erster wichtiger Baustein, der kurzfristig einen gesamtgesellschaftlichen Konsens finden kann, um jungen Menschen ein gutes Aufwachsen frei von ökonomischer und sozialer Benachteiligung zu ermöglichen. Eine Politik, die die Bedarfe und Wünsche von Kindern und Jugendlichen verstärkt in den Mittelpunkt stellt, muss gefördert werden. Das Modell der Kindergrundsicherung soll den gleichen Zugang zu Bildung, materieller Absicherung sowie sozialer und kultureller Teilhabe für alle jungen Menschen gewährleisten. Neben der Kindergrundsicherung muss allerdings auch ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Infrastrukturen erfolgen und allen zur Verfügung stehen. Neben den Angeboten der frühkindlichen Bildung, zum Beispiel in Kindertageseinrichtungen, der formalen Bildung in Schule und Förderangeboten, umfasst dies auch die Angebote der non-formalen und informellen Bildung im außerschulischen Bereich. Langfristig bleibt das Ziel eines leistungsunabhängigen Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsnachweis weiterhin bestehen. Auch dieses Vorhaben sollte, um nicht sein emanzipatorisches Potential zu verlieren, von sozialstaatlichen Leistungen flankiert werden. Es steht für ein sozialpolitisches Umdenken in unserer Gesellschaft. Die Finanzierung eines solchen Modells soll durch staatliche Umverteilungsmaßnahmen gewährleistet werden, die anerkennen, dass Reichtum und Armut nicht als individuelle, sondern gesellschaftliche Probleme verstanden werden müssen.

Konkretionen zur Schaffung einer Kindergrundsicherung 

In Anlehnung an die sozialpolitischen Leitlinien konkretisiert der DBJR seine Beschlusslage zur Schaffung einer Kindergrundsicherung:

  • Eine Leistung für alle Kinder und Jugendliche: Das System der Kindergrundsicherung bündelt und erhöht den Anspruch aller kindesbezogene Sozialleistung. Durch die Einfachheit und Transparenz der Kindergrundsicherung wird der Zugang zur Förderung stark vereinfacht. Die zustehende Leistung wird faktisch automatisch ausgezahlt.
     
  • Die Sicherung des Existenzminimums steht allen jungen Menschen zu: Dies setzt ein soziokulturelles Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihren Personensorgeberechtigten voraus. Die Höhe dieser Leistung umfasst mindestens das sächliche Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen sowie den Beitrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (BEA). Eine Vereinfachung und Überprüfung der vorliegenden Berechnung mit den entsprechenden Kriterien für das Existenzminimum muss erfolgen.
     
  • Die Finanzierung gerechter umverteilen: Das bisherige duale System des Familienleistungsausgleichs aus Transferleistungen (Kindergeld) bzw. Steuerentlastungen (Kinderfreibetrag) ist ungerecht. Die Bevorzugung von Besserverdienenden muss abgeschafft werden. Bildung und Teilhabe muss für alle gefördert werden. Die Stärkung der unteren Einkommensgruppen, insbesondere die Einkommen der untersten zwei Dezile, hat besondere Priorität. Daher wird die Maximalsumme der Kindergrundsicherung anhand des steigenden Einkommens der Personensorgeberechtigten abgeschmolzen. Ein Sockelbeitrag steht allen zu. Die Beträge werden automatisch auf Basis der Inflationsrate angepasst.
     
  • Junge Menschen in ihrer Entwicklung zur Eigenständigkeit langfristig absichern: Die Kindergrundsicherung muss nach Altersgruppen differenziert werden und kann, angelehnt an das Kindergeld, bis 25 ausgezahlt werden. Die besondere Situation vom Übergang aus Schule in Ausbildung, Beruf, Studium oder andere Tätigkeiten sowie Modelle zur Ausbildungsförderung und -vergütung müssen zum Vorteil für junge Menschen berücksichtigt werden.
     
  • Besondere Lebenslagen anerkennen: Die Kindergrundsicherung muss zusätzliche Bedarfe, die unter anderem bei überdurchschnittlichen Wohnkosten, besonderen Verpflegungskosten oder durch medizinische Unterstützung sowie bei Menschen mit besonderen Bedürnissen (Assistenzen, Dolmetscher/-innen, weitere Vorkehrungen, etc.) entstehen, berücksichtigen.

Die Position „Soziokulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen stärken – die Kindergrundsicherung als wichtigen Baustein einführen“ (PDF, 56 KB) steht im Original beim Deutschen Bundesjugendring zum Download zur Verfügung.

Quelle: Deutscher Bundesjugendring

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