Jugendpolitik
BJR: Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen
Der Landesvorstand des Bayerischen Jugendrings (BJR) hat eine Entschließung zur Situation von Kindern und Jugendlichen während der aktuellen Coronavirus-Pandemie gefasst. Darin formuliert er Forderungen an die Politik und Verwaltung in Bayern zu den Bedürfnissen und Rechten von jungen Menschen sowie zur Unterstützung von Jugendarbeit.
23.06.2020
Entschließung des BJR-Landesvorstands zur Situation von jungen Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie im Wortlaut:
Die Corona-Pandemie ist eine ernste Bedrohung für Gesundheit und Leben unserer Mitmenschen und ihre Bekämpfung eine gesellschaftliche Herausforderung aller Ebenen, Strukturen und Akteure. Von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie waren und sind Kinder und Jugendliche besonders betroffen. Abgesehen von den täglichen sozialen Kontakten in der Schule oder im Kindergarten entfielen auch die außerschulischen Freiräume, wie das Treffen der Jugendgruppe, der Besuch des Jugendtreffs usw. Die geltenden Kontaktbeschränkungen reduzierten das soziale Leben im Wesentlichen auf die Familie und auf digitale Kontakte. Der Realität der Pandemie und ihrer Gefahren haben sich junge Menschen verantwortungsbewusst gestellt und, anders als in manch reißerischen Schlagzeilen über Corona-Partys berichtet, ihre Bedürfnisse hinter gesellschaftlichen Notwendigkeiten zurückgestellt.
Der Bayerische Jugendring ist als jugendpolitische Vertretung der jungen Menschen in Bayern seiner Verantwortung in dieser Situation gerecht geworden, gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen und Gliederungen: Alle üblichen analogen Angebote der Jugendarbeit wurden sofort eingestellt. Umgehend wurden kreative und digitale Konzepte entwickelt, um den Kindern und Jugendlichen in Bayern alternative Angebote bereitstellen zu können. Über den Hashtag #jugendarbeithältzusammen sammelt und verbreitet der BJR diese Ideen und Aktionen. Weiterhin hat der BJR im Mai 2020 Empfehlungen für die Erstellung eines Gesundheitsschutz- und Hygienekonzepts in der Jugendarbeit für eine verantwortungsvolle, schrittweise Wiederöffnung erarbeitet. Mit dem Beschluss des Ministerrats vom 26. Mai 2020 können diese nun vor Ort in der Praxis ihre Anwendung finden.
Dennoch hat sich an der Situation von Kindern und Jugendlichen faktisch wenig geändert. Auch wenn der Schulbetrieb eingeschränkt wieder aufgenommen wurde und die Notbetreuung ausgeweitet wurde, so ist die Alltagsrealität noch immer die, dass Kinder und Jugendliche zu Hause sind und die Möglichkeiten Freunde und Freundinnen zu treffen nach wie vor massiv eingeschränkt.
Kinder und Jugendliche haben Bedürfnisse, die für ihre Persönlichkeitsentwicklung und ihr Wohlbefinden essentiell sind. Sie brauchen den Austausch mit Gleichaltrigen, wollen ihre Kontakte pflegen und ausweiten, Neues lernen und ausprobieren. Es ist eine fundamentale Entwicklungsaufgabe von Jugendlichen, sich in der Gesellschaft zu positionieren und Haltungen zu sich selbst und zur Welt zu entwickeln. Die persönliche Begegnung in der Peergroup ist eine unverzichtbare Ressource zur Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit. Junge Menschen wollen und müssen auch am öffentlichen Leben teilhaben – hierzu brauchen sie Erlebnis- und Begegnungsräume außerhalb von Schule und Familie.
Leider kommen diese Bedürfnisse kaum in der öffentlichen Diskussion um eine Wiederöffnung des öffentlichen Lebens kaum vor. Und wenn Kinder und Jugendliche doch vorkommen, dann als zu beschulende oder zu betreuende Objekte und nicht als aktive und eigenverantwortliche Subjekte der Gesellschaft, die auch in der Pandemie-Krise ein Recht auf Teilhabe und Mitbestimmung ihrer Lebensrealitäten haben.
Wir appellieren daher an Politik und Verwaltung in Bayern:
- Bei der Diskussion um Öffnungsmaßnahmen müssen die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen systematisch auf allen Ebenen berücksichtigt werden, denn sie sind ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und somit gesellschaftsrelevant.
- Kinder und Jugendliche müssen auch in der Pandemie-Krise ihre Rechte auf Mitbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe ausüben können, denn das ist demokratierelevant.
- Bei den wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen müssen die Strukturen der Jugendarbeit ebenfalls berücksichtigt und gesichert werden, denn sie sind systemrelevant.
Quelle: Bayerischer Jugendring vom 18.06.2020
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