Jugendpolitik

Bildungs- und Teilhabepaket: Nur jedes 7. Kind der 6- bis unter 15-Jährigen profitiert von Teilhabeleistungen

Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche seien in ihrer Höhe unzureichend und in der bestehenden Form schlicht nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Notwendig sei die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

08.10.2019

Vor nunmehr acht Jahren hat die Bundesregierung das Bildungs- und Teilhabepaket mit dem Ziel eingeführt, das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen in Haushalten, die Transferleistungen beziehen, abzusichern. Teil des Bildungs- und Teilhabepakets sind die sogenannten Teilhabeleistungen – über deren Wirkung jedoch wenig bekannt ist.

Die Paritätische Forschungsstelle legt mit ihrer aktuellen Expertise „Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket: Teilhabequoten im Fokus“ empirische Befunde zu den Teilhabeleistungen für die Altersgruppe der 6 bis 15-Jährigen im SGB II vor. Zum zweiten Mal in Folge wird deutlich, dass mindestens 85 Prozent der grundsätzlich Leistungsberechtigten nicht von dieser Leistung profitieren. Weniger als 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug profitieren von den sogenannten „soziokulturellen Teilhabeleistungen“.

Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendarbeit und Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung

Die bisherigen Reformen im Kampf gegen Kinderarmut bezeichnet der Paritätische Gesamtverband als „Stückwerk“. Die kürzlich mit dem so genannten „Starke-Familien-Gesetz“ in Kraft getretenen Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket seien allenfalls „Trostpflaster“ gewesen, aber keine zufriedenstellende Lösung.

Bisher kamen die soziokulturellen Teilhabeleistungen laut Expertise bei der großen Mehrheit der grundsätzlich leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 15 Jahren nicht an.

Die Studie belegt deutliche regionale Unterschiede, insgesamt sei aber in einem Großteil der Kommunen die durchschnittliche Quote bewilligter Anträge und festgestellter Ansprüche noch immer „niederschmetternd gering“. „Das Bildungs- und Teilhabepaket ist und bleibt Murks und geht komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei. Dieses Paket ist durch Reparaturen nicht zu retten. Es ist Zeit, sich von dem verkorksten Bildungs- und Teilhabepaket endlich zu verabschieden“, fordert Schneider.

Jedes Kind bestmöglich fördern, unabhängig vom Wohnort

Rückenwind bekommt der Paritätische durch das Bundesarbeitsministerium, das angekündigt hat, die umstrittenen Teilhabe-Gutscheine abschaffen zu wollen und durch eine pauschale Auszahlung von 15 Euro pro Monat zu ersetzen. Auch der Vorschlag des Verbandes nach Einführung eines verbindlichen Rechtsanspruchs auf Teilhabe im Kinder- und Jugendhilfegesetz wird von Seiten des Ministeriums inzwischen unterstützt und hat Eingang in die Handlungsempfehlungen des BMAS-Zukunftsdialogs gefunden. „Es geht darum, Angebote für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen, die sie in ihrer Entwicklung fördern“, so Schneider. „Die bisherigen Teilhabeleistungen sind davon abhängig, dass es vor Ort überhaupt passende Angebote gibt. Nur ein Rechtsanspruch sorgt dafür, dass auch wirklich entsprechende Angebote vorgehalten werden und jedes Kind, unabhängig von seinem Wohnort, bestmöglich in seiner Entwicklung gefördert wird.“

Die vorliegende Expertise des Paritätischen unterstreicht den akuten Handlungsbedarf. „Wir hoffen, dass die Bundesregierung den Rat der Expert(inn)en ernst nimmt und sich nun zügig an die Umsetzung macht“, so Schneider.

Expertise als Download

Die Expertise der Paritätischen Forschungsstelle „Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket: Teilhabequoten im Fokus“ (PDF, 1,8 MB) steht zum Download zur Verfügung.

Quelle: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V. vom 08.10.2019

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