Familienpolitik

Paritäter und Diakonie fordern Aus für das Betreuungsgeld

Als "unsinnige Prämie für Besserverdienende" kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband das geplante Betreuungsgeld anlässlich der heutigen Beratungen im Bundesrat. Nach Ansicht der Diakonie nimmt die aktuelle Debatte über das Betreuungsgeld zunehmend absurde Formen an.

25.11.2011

In einem <link http: www.der-paritaetische.de _blank external-link-new-window external link in new>Brief appelliert der Paritäter an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, das umstrittene Projekt zu stoppen. Das Betreuungsgeld diskriminiere arme Familien und fördere vor allem Mitnahmeeffekte bei Wohlhabenden.

„Das Betreuungsgeld schafft keinesfalls neue Wahlmöglichkeiten. Familien mit geringem Einkommen, vor allem Alleinerziehende, können es sich überhaupt nicht leisten, auf ihr Erwerbseinkommen zu verzichten und sich zu Hause um ihr Kind zu kümmern. Stattdessen wird es vor allem zu Mitnahmeeffekten bei Besserverdienenden kommen“, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Hartz-IV-Bezieher würden nach den bisherigen Plänen in jedem Fall verlieren: Werde das Betreuungsgeld auf den Regelsatz angerechnet, wäre dies eine diskriminierende Schlechterstellung, die nicht vermittelbar sei. Werde das Betreuungsgeld jedoch nicht angerechnet, würden Eltern geradezu gezwungen, ihre Kinder von Kinderkrippen fernzuhalten, um ihre miserable ökonomische Situation etwas zu verbessern.

„Das Betreuungsgeld steht im krassen Widerspruch zu der allgemein anerkannten Bedeutung der frühkindlichen Bildung und führt die bisherigen Anstrengungen für den Ausbau der Kindertagesbetreuung ad absurdum“, kritisiert Schneider. Besonders pikant sei, dass Familien, die es sich leisten können, ihre Kinder privat betreuen zu lassen, ebenfalls in den Genuss der Prämie kommen sollen. „Es geht weder um Wahlfreiheit noch um die Anerkennung für familiäre Betreuungs- und Erziehungsleistungen. Es geht ausschließlich um einen Bonus für Familien, die finanziell nicht drauf angewiesen sind“, so Schneider.

Der Paritätische appelliert nun an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, das Projekt zu stoppen. „Die Politik muss von diesem familien- und bildungspolitisch unsinnigen und sozial ungerechten Projekt ablassen. Stattdessen müssen die weitere Verbesserung des Betreuungsangebotes und Hilfen für die Familien, die die Unterstützung des Staates wirklich benötigen, auf die Tagesordnung“, fordert Schneider.

"Es gibt noch nicht einmal einen konkreten Entwurf, dafür aber heftige, überwiegend ideologisch geführte Debatten", kritisiert Maria Loheide, sozialpolitischer Vorstand des Diakonischen Werkes der EKD. Dabei würde die Erziehungsleistung von Familien gegen eine Betreuung in der Kita ausgespielt.
 
"Die Koalition setzt mit dem Betreuungsgeld völlig falsche Akzente. Eine neue familienpolitische Geldleistung belohnt, dass eine andere Leistung aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nicht in Anspruch genommen wird.  Das ist absurd und geht an den realen Bedürfnissen von Familien mit kleinen Kindern völlig vorbei", betont Loheide.

Die wichtigen Themen in der Bildungs- und  Familienpolitik nehme die Bundesregierung dagegen nicht wahr: Familien bräuchten sichere Betreuungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Kinder bräuchten gute Bildungschancen durch qualitativ hochwertige Bildungsangebote, die für alle zugänglich sind.
 
Der Ausbau der Betreuung mit Plätzen für Kinder unter drei Jahren gehe nicht voran. Bisher könnten nur 20 Prozent  dieser Kleinkinder versorgt werden. "Der Rechtanspruch ab 2013 ist unter diesen Umständen absolut gefährdet. Familien müssen sich aber entscheiden können, ob sie einen Platz in einer Kita möchten oder ihr Kind zu Hause  erziehen. Nach wie vor scheitert diese Wahlfreiheit an der Tatsache, dass Plätze fehlen."
 
Für die Diakonie habe deshalb der Ausbau der Kinderbetreuung oberste Priorität. Hier müsse zusätzlich investiert werden, auch in die Qualität. "Die Milliarden für das Betreuungsgeld gehören in den Ausbau, um den Rechtsanspruch zu sichern", bekräftigt Loheide.

Quellen: Paritätischer Gesamtverband / Diakonisches Werk der EKD e.V.

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