Familienpolitik

Koalition einigt sich auf Einführung des Betreuungsgeldes

Im Rahmen des Koalitionsgipfels am 6. November 2011 hat die Bundesregierung die Einigung auf einen Fahrplan für die Einführung des umstrittenen Betreuungsgeldes erzielt und damit die lautstarke Kritik in Fachkreisen erneut aufbranden lassen.

07.11.2011

Lange umstritten, nun festgezurrt: Das im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP vereinbarte Betreuungsgeld für Eltern, die ihr Kind im zweiten bzw. dritten Lebensjahr in den eigenen vier Wänden betreuen, statt eine öffentlich verantwortete Betreuung in Anspruch zu nehmen, soll ab 2013 eingeführt werden. Zunächst sollen 100 Euro pro Monat für Kinder im zweiten Lebensjahr fließen, vom Jahr 2014 an sollen dann die ursprünglich vorgesehenen 150 Euro für das zweite und dritte Lebensjahr gezahlt werden.

Der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler zeigte sich heute enttäuscht von den Plänen der Koalition. „Entgegen dem mittlerweile herrschenden Konsens über den positiven Nutzen frühkindlicher Bildung, Erziehung und Betreuung, wirkt die Einführung des Betreuungsgeldes wie ein Ausflug in längst vergangene Zeiten“, kritisierte Stadler und fügte hinzu: „Es ist geradezu fatal, wenn aufgrund eines Betreuungsgeldes von 100 Euro ab 2013 bzw. 150 Euro ab 2014 sozial schwache Familien darüber nachdenken werden müssen, was sie dringender benötigen: das Geld oder ein gutes Bildungs- und Förderungsangebot für ihre Kinder. Die Koalition hätte dieses Geld stattdessen in den viel zu langsamen Ausbau der Betreuungsangebote investieren sollen.“

"Das Betreuungsgeld ist und bleibt eine unstimmige familienpolitische Leistung. Angesichts der gerade erst wieder bekannt gewordenen Zahlen, wonach der Ausbau der frühkindlichen Betreuungsangebote dem angestrebten politischen Ziel und insbesondere dem Bedarf der Eltern in Westdeutschland deutlich hinterherhinkt, müssen die verfügbaren Mittel hier eingesetzt werden.", sagte die Vorsitzende des Zukunftsforum Familie heute in Berlin angesichts der Koalitionsentscheidung. Erst, wenn ein bedarfsgerechter Ausbau der Betreuungseinrichtungen erfolgt sei, könne von ‚Wahlfreiheit‘ im Wortsinne überhaupt gesprochen werden. Reckmann forderte die Bundesfamilienministerin auf, einen neuerlichen ‚Krippengipfel‘ einzuberufen und mit Hochdruck mit Ländern und Kommunen zu vereinbaren, wie der Rechtsanspruch ab 2013 gesichert werden könne.
Die ZFF-Vorsitzende bezeichnete das Betreuungsgeld abschließend als ein ideologisches Zugeständnis an die CSU, das bildungs-, geschlechter- und integrationspolitischen Zielsetzungen zuwiderlaufe.

"Statt Milliarden für das unsinnige Betreuungsgeld zu verschleudern, muss der Bund dieses Geld für den Krippenausbau zusätzlich bereitstellen. So kann der Finanzierungsstau ganz schnell aufgelöst werden", erklärte Norbert Hocke, im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zuständig für Jugendhilfe und Sozialarbeit.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte Bund, Länder und Gemeinden auf, den Krippenausbau unverzüglich gemeinsam voranzubringen. "Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Kinder, die jünger als drei Jahre sind, steht nicht zur Disposition. Bund, Länder und Kommunen müssen aufhören, Zeit zu vergeuden und sich wechselseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben. Jetzt müssen alle an einen Tisch. Vor allem die Länder müssen ihrer klaren und eindeutigen Verpflichtung nachkommen, die Bundesmittel unverzüglich an die Kommunen weiterzugeben und die zugesagte ergänzende Finanzierung sicherzustellen."  Hocke betonte, es gehe um weit mehr als Betreuung: "Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen. Wer Kinder von den Einrichtungen fern hält, enthält ihnen Bildung vor." Die GEW fordere einen neuen Krippengipfel und verbindliche Verfahren, um den Krippenausbau voranzubringen. Der Vorlauf sei lang genug gewesen. Jetzt müsse gehandelt werden. Eine Clearingstelle könne helfen, Probleme bei der Umsetzung schnell und unbürokratisch zu bewältigen.

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