Bildungspolitik

Studie: 20 Prozent der Schüler mit besonderem Förderbedarf besuchen gemeinsamen Unterricht

Nach wie vor ist in vielen Bundesländern inklusive Bildung die Ausnahme. Nur 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf besuchen einen gemeinsamen Unterricht. Bei den Grundschulen liegt Bremen vorne - bei den weiterführenden Schulen ist Schleswig-Holstein Spitzenreiter, belegt eine Studie der Bertelsmann Stiftung.

02.09.2011

<link http: www.bertelsmann-stiftung.de bst de media xcms_bst_dms_32811_32812_2.pdf _blank external-link-new-window>Cover der StudieDer Ausbau inklusiver Bildungsangebote geht in zahlreichen deutschen Bundesländern nur schleppend voran: So ging im Schuljahr 2009/2010 nach Angaben der Bertelsmann Stiftung nur jeder fünfte Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf eine Regelschule. Dabei wäre der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Förderbedarf dringend nötig, ist doch der Anteil der Kinder mit der Diagnose Förderbedarf <link http: www.bertelsmann-stiftung.de bst de media xcms_bst_dms_34581_34582_2.jpg _blank external-link-new-window>im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Zudem kommt über die Hälfte der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss aus Förderschulen.

Mit der Anerkennung der UN-Konvention in Deutschland über die Rechte von behinderten Menschen wurde ein Anspruch auf inklusive Bildung geschaffen. "Der Ausbau inklusiver Bildung geht zu langsam. Alle Bundesländer müssen diese Aufgabe jetzt schnell und konsequent angehen", mahnt Jörg Dräger, für Bildung zuständiges Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung.

Das schleppende Tempo stellt viele Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern vor ein Problem. Inklusive Bildung endet zu häufig nach der Kita. Während in den Kindertageseinrichtungen im Bundesdurchschnitt 68 Prozent der Kinder mit Förderbedarf gemeinsam mit Gleichaltrigen eine inklusive Einrichtung besuchen, sinkt ihr Anteil in Grundschulen auf 35 Prozent. In den weiterführenden Schulen sind es bundesweit magere 17,2 Prozent.

Dabei zeigen einige Bundesländer schon heute, dass mehr Inklusion machbar ist: In der Grundschule werden in Bremen 89 Prozent der Kinder mit Förderbedarf gemeinsam unterrichtet. Auf 70 Prozent kommen immerhin Schleswig-Holstein und das Saarland. Brandenburg (54,4 Prozent), Berlin (50,4 Prozent) und Baden-Württemberg (47,6 Prozent) sind ebenfalls auf einem guten Weg. Die anderen Bundesländer weisen Werte auf, die zum Teil deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Schlusslichter sind Hamburg und Bayern.

An den weiterführenden Schulen ist der Mangel an gemeinsamen Unterrichtsangeboten mit Abstand am größten. Spitzenreiter Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg geben vielen förderbedürftigen Jugendlichen Unterricht in Regelschulen. Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Thüringen weisen in der Sekundarstufe Inklusionsanteile zwischen 22 und 28 Prozent auf. Die übrigen Bundesländer liegen unter dem Bundesdurchschnitt. Den niedrigsten Inklusionsanteil bei den weiterführenden Schulen haben Nordrhein-Westfalen (10,9 Prozent), Hessen (9,8 Prozent) und Sachsen-Anhalt (9 Prozent).

Bei einem Blick auf die einzelnen Förderschwerpunkte zeigen sich weitere extreme Länderunterschiede. Im Förderschwerpunkt Lernen beispielsweise schwanken die Inklusionsanteile zwischen 2 (Sachsen) und 60 Prozent (Bremen). Durchschnittlich werden 42,6 Prozent aller Schüler diesem Förderschwerpunkt zugeordnet. Im Förderschwerpunkt Sehen werden in Schleswig-Holstein alle Kinder inklusiv unterrichtet, in Bayern nur 11,9 Prozent. "Die großen Unterschiede zwischen den Bundesländern sind kaum nachvollziehbar und können nur das Ergebnis verschiedener Verfahren und Vorgehensweisen sein", kommentiert Dräger. "Sie zeigen aber auch, dass mehr Inklusion machbar ist, wenn sie gewünscht wird. Inklusion lässt sich aber nicht von oben verordnen. Schulen müssen dafür ausgestattet werden, Eltern und Pädagogen müssen dafür gewonnen werden. Wenn wir die Rahmenbedingungen für gemeinsamen, individuell fördernden Unterricht schaffen, profitieren nachweislich alle Kinder."

Das Fazit aus den Daten ist: Angebote und Ausbau des gemeinsamen Unterrichts müssen verbessert werden. Eine Qualitätssicherung in allen Bereichen tut Not "Eine rein quantitative Betrachtung des Problems ist nicht ausreichend", mahnt Jörg Dräger. "Wenn wir kein Kind in unserem Bildungssystem zurück¬lassen wollen, benötigen wir dringend mehr Transparenz über die Qualität der Angebote."

Jakob Muth-Preis für inklusive Schule
Wie gemeinsames Lernen aller Kinder gelingen kann, zeigen die Preisträger des "Jakob Muth-Preis für inklusive Schule". Mit dem Preis werden Schulen ausgezeichnet, in denen behinderte und nicht-behinderte Kinder vorbildlich gemeinsam lernen. Der Preis wird dieses Jahr zum dritten Mal von dem Bundesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen, der Bertelsmann Stiftung, der Deutschen UNESCO-Kommission und der Sinn-Stiftung ausgeschrieben. Schulen und Schulverbünde können sich bundesweit noch bis zum 15. September 2011 unter <link http: www.jakob-muth-preis.de _blank external-link-new-window>www.jakob-muth-preis.de bewerben. 

Quelle: Bertelsmann Stiftung

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