Bildungspolitik
SPD: Bildungsbericht belegt Irrwege der Bundesregierung
Anlässlich der Veröffentlichung des vierten Nationalen Bildungsberichts bescheinigte der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Ernst Dieter Rossmann der Bundesregierung eine fehlgeleitete Bildungspolitik.
22.06.2012
Der neue Nationale Bildungsbericht belege einmal mehr die bildungspolitischen Irrwege dieser Bundesregierung. Zwar bestätige er die großen Herausforderungen des deutschen Bildungswesens wie die soziale Benachteiligung und fehlende Chancengleichheit in der Bildung, die bestehende Unterfinanzierung oder auch die nach wie vor vorhandenen Integrationsdefizite. Aber er benenne auch wichtige Stellschrauben, wie diese Herausforderungen bewältigt werden könnten. Fünf zentrale Punkten offenbaren nach Meinung der SPD die falsche Politik dieser Koalition:
* Die größten Herausforderungen liegen dem Bericht zufolge im Schul- und
Hochschulbereich. Daher sei die vorgeschlagene Mini-Verfassungsänderung
der Bundesregierung völlig unzureichend. Ohne ein kooperatives
Miteinander von Bund und Ländern im frühkindlichen Bereich, im
Schulwesen oder auch bei der Grundfinanzierung aller Hochschulen sei das
Kooperationsverbot nicht zu überwinden und damit das Ziel der
Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen kaum zu erreichen.
* Die Haushaltsmittel für Bildung und Forschung blieben weiter hinter den
Bedarfen zurück und seien auch nicht nachhaltig gesichert. Wenn Zielquoten
nur deshalb erreicht würden, weil Sonderprogramme wirkten und das BIP
infolge der Krisen der vergangenen Jahre eingeknickt sei, könne das kaum
als Erfolg gesehen werden. Die SPD will daher 20 Milliarden Euro im Jahr
zusätzlich und dauerhaft für Bildung mobilisieren, um im entscheidenden
OECD-Vergleich auf Augenhöhe zu kommen und sich nicht länger national
schön zu rechnen. Um dieses klare Ziel mit einer klugen
Konsolidierungspolitik zu verbinden, hat die SPD bereits ein solides
Finanzierungskonzept vorgelegt.
* Der Bildungsbericht weise den qualitativen Ganztagsschulen eine
Schlüsselrolle zu. Das gelte dem zufolge für die Chancengleichheit in der
Bildung und Integration ebenso wie für die kulturelle und
ästhetisch-musische Bildung. Nach dem Durchbruch mit dem ersten
SPD-Ganztagsschulprogramm sei ohne den Bund auch heute noch ein
flächendeckend gleichwertiges Angebot kaum realistisch. Deshalb fordere
die SPD-Bundestagsfraktion ein zweites Ganztagsschulprogramm bis 2020,
dass neben dem Ausbau auch die Qualität gleichberechtigt fördere. "Wir
wollen, dass an dessen Ende 2020 ein Rechtsanspruch auf einen
Ganztagesplatz unabhängig vom Ort oder von der Schulform möglich wird.
Die Weigerung der Bundesregierung hier voranzugehen ist ein Kardinalfehler
von Bundesministerin Schavan. Wer wie sie etwas zu einheitlichen
Schulbüchern, zum Zentralabitur oder auch zur Lehrerausbildung sagen
kann, sollte auch etwas zum notwendigen Ganztagsausbau sagen können."
* Die Bildungsförderung der Bundesregierung erschöpfe sich in
Klientelpolitik. Wer den Zusammenhang von sozialer Herkunft und
schlechteren Bildungschancen durchbrechen wolle, dürfe keine
„Herdprämie“ wie das Betreuungsgeld einführen und auch kein
Elite-Stipendienprogramm für wenig handverlesene Empfänger auflegen.
Vielmehr müssten die Bildungsinstitutionen gestärkt und das BAföG
erhöht und ausgeweitet werden. Auch bedürftige Schülerinnen und
Schüler in der Oberstufe müssten besser gefördert werden.
Bundesministerin Schavan weigere sich auch vier Monate nach Vorlage des
BAföG-Berichts, einen Gesetzentwurf vorzulegen.
* Die kulturelle Bildung dürfe nicht aus den Bildungsinstitutionen heraus
verlagert werden, vielmehr müssten sie auch für diese Bildungsinhalte
gestärkt und personell ausgebaut werden. Auch deshalb sei der
Förderansatz von Bundesministerin Schavan, vereinzelt ergänzende
außerschulische Angebote zu fördern, zwar unschädlich, aber auch
wirkungslos. Die kulturelle und ästhetisch-musische Bildung gehöre zum
Bildungsauftrag in der Kita wie der allgemeinbildenden Schule und dürfe
nicht ausschließlich einem zivilgesellschaftlichen Mäzenatentum
überlassen bleiben. Lokale Bildungsbündnisse ohne die Kommunen, Schulen
und Kitas würden nicht helfen.
Der Nationale Bundesbericht ist ein hilfreiches und nützliches und daher unverzichtbares Instrument zur bildungspolitischen Meinungsbildung. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Meinung, dass er noch Potenziale für eine bessere Koordination der Bildungspolitik in Deutschland besitzt. Um diese besser zu nutzen, hat sie bereits in einem Antrag (Drs. 17/4187) [1]Vorschläge zur Weiterentwicklung vorgelegt. Dieser Aspekt sollte in den folgenden parlamentarischen Beratungen von Bund und Ländern ebenfalls diskutiert werden, um den Bericht auch langfristig leistungsfähig und wirkungsvoll zu halten.
Quelle: SPD-Bundestagsfraktion vom 22.06.2012
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