Bildungspolitik

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin möchte die Unterrichtsversorgung verbessern

"Wir werden die Unterrichtsversorgung in Schleswig-Holstein verbessern, wir machen das gemeinsame Lernen an Gemeinschaftsschulen wieder bindend und ich setze mich vehement dafür ein, dass Lehrerinnen und Lehrer die gesellschaftliche Anerkennung erhalten, die sie verdienen", sagt Bildungsministerin Prof. Dr. Waltraud Wende.

02.08.2012

Die Ministerin betonte auf der Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn 2012/13 in Kiel, sie stehe für einen neuen bildungspolitischen Stil, der durch Offenheit, Dialog und Beteiligung geprägt sei. Wende kündigte eine Bildungskonferenz am 8. September an, zu dem sie die Bildungsakteure des Landes einlädt. „Ich will zuhören, lernen und von den Erfahrungen anderer profitieren. Mit der Konferenz beginnt der mir sehr wichtige Bildungs-Dialog in Schleswig-Holstein, weitere Veranstaltungen folgen“, sagte sie.

Als wichtiges bildungspolitisches Ziel hob die Bildungsministerin hervor, Kinder hätten ein Recht auf Chancengerechtigkeit unabhängig von ihrer Herkunftsfamilie. „Gute Schulbildung erhöht die Aussicht auf ein selbst bestimmtes Leben, stärkt den sozialen Zusammenhalt und sichert die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes“, sagte Wende. Sie bezeichnete erfolgreiche Bildungsbiographien als „die renditestärksten Investitionen in die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit“ der Gesellschaft.

60 Prozent der Schulen mit Ganztagsangebot

Aufrütteln müsste die aktuelle bundesweite Bestandsaufnahme: Acht Prozent der Jugendlichen in Deutschland verließen die Schule ohne Abschluss - in Schleswig-Holstein sind es etwa 7 Prozent -, 20 Prozent der Schulabgänger könnten nur auf Grundschulniveau lesen, schreiben und rechnen und 21 Prozent der Gymnasiasten erhielten Nachhilfe. Auf der anderen Seite würden die Abiturienten dank Turbo-Abitur immer jünger, zudem verzeichne man eine stetige Zunahme höherer Schulabschlüsse und die Hälfte eines Altersjahrgangs erlange die Hochschulzugangsberechtigung. „Im Ergebnis stehen sich Bildungsverlierer und Bildungsgewinner gegenüber“, sagte die Bildungsministerin.

„Ich freue mich daher, dass ich zum Schuljahresauftakt gute Nachrichten habe“, sagte Wara Wende. So hätten im neuen Schuljahr noch mehr Kinder als bisher in Schleswig-Holstein die Möglichkeit, ein Ganztagesangebot zu nutzen; die Zahl der offenen Ganztagsschulen ist von 446 im Vorjahr auf heute 458 gestiegen, 33 gebundene Ganztagsschulen kommen hinzu. Damit bieten 491 von 805 allgemein bildenden öffentlichen Schulen (= 61 Prozent) nachmittags Bildungs- und Erziehungsangebote an. „Der Ausbau an Ganztagsangeboten in Schleswig-Holstein hat mächtig Fahrt aufgenommen“, sagte Wende. Das Land fördert die offenen Ganztagsschulen im Schuljahr 2012/13 mit sieben Millionen Euro.

Mehr Differenzierungsstunden für Gemeinschaftsschulen

„Die Landesregierung hat zugesagt, sie werde den Gemeinschaftsschulen schnellstens wieder ermöglichen, tatsächlich auch als Gemeinschaftsschulen zu arbeiten“, sagte die Ministerin und betonte: „Wir halten Wort!“ Gemeinsames Lernen werde an Gemeinschaftsschulen wieder bindend, die Landesregierung erhöht die Differenzierungsstunden von 3 auf 5 Unterrichtsstunden pro Lerngruppe in der Woche.   „Schon zum neuen Schuljahr können Gemeinschaftsschulen zusätzliche Lehrkräfte für mehr binnendifferenzierten Unterricht beantragen“, sagte Wara Wende. Finanziert werde das aus den von der Vorgängerregierung aufgestockten Mitteln des Vertretungsfonds. „Diese Aufstockung war der falsche Weg“, sagte die Bildungsministerin. Der Vertretungsfonds solle aber mit mehr als 12 Millionen Euro stabil bleiben für die Fälle an den schleswig-holsteinischen Schulen, in denen schnelle Vertretungslösungen gefunden werden müssten.

Rückgabe von 300 Lehrerstellen

„Wir verbessern auch die Unterrichtssituation in Schleswig-Holstein und machen die zum 1. August 2012 von unseren Vorgängern vorgesehene Streichung von 300 Lehrerstellen rückgängig“, sagte Wende. Zudem werde der Rückgang der Schülerzahlen in den kommenden Jahren zur Qualitätsverbesserung im Bildungssystem genutzt. „Ich werde in allen Haushaltsgesprächen hart daran arbeiten, dass wir 2017 sagen können: Die 300 Lehrerstellen von heute und 400 weitere sind zur Verbesserung der Unterrichtssituation im System geblieben“, sagte die Bildungsministerin.

Bildung sei ein Schwerpunkt der Koalition, das müsse sich in den Ressourcen abbilden, betonte Wara Wende. Sie werde sich dafür einsetzen, dass eine stärkere Beteiligung des Bundes an der Finanzausstattung des Bildungssystems in den Ländern möglich werde:  „Ich wünsche mir, dass das Kooperationsverbot zwischen Ländern und Bund im Bereich Bildung kippt.“

Ministerin Wende betonte, das Kippen des Kooperationsverbots würde auch helfen, mehr Schulsozialarbeit an die Schulen zu bringen. „Viele Kinder und junge Menschen haben Nachholbedarf beim Thema ´Lernen lernen´, haben sprachliche oder soziale Defizite. Schulsozialarbeit kann da eine Menge bewirken und den Grundstein für eine erfolgreiche Bildungsbiografie setzen“, sagte sie.

Trend abnehmender Schülerzahlen setzt sich fort

22.500 Mädchen und Jungen werden in der kommenden Woche in Schleswig-Holstein eingeschult - knapp 500 weniger als im Jahr davor. Die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler sinkt sogar um 5.500 Schülerinnen und Schüler, weil jetzt die starken Jahrgänge die Schulen verlassen. „Der Trend abnehmender Schülerzahlen setzt sich fort“, sagte die Ministerin. An den schleswig-holsteinischen Schulen werden 390.100 Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2012/13 unterrichtet, im Vorjahr waren es 395.500. Sie verteilen sich auf 385 Grundschulen, 83 Regionalschulen, 137 Gemeinschaftsschulen - 25 davon mit Oberstufe-, 99 Gymnasien, 101 Förderzentren und 33 berufsbildende Schulen im Land. Zum Schuljahresbeginn werden 925 Lehrerstellen neu besetzt. Als Lehramtsantwärterinnen und - anwärter können zum 1. August 2012 543 Lehrkräfte eingestellt werden. Dafür lagen 1.326 Bewerbungen vor, davon 612 aus Schleswig-Holstein. 

G8 und G9

Zum Thema der gymnasialen Bildung in acht oder neun Jahren (G8, G9) sagte Wende, die Schulen, die sich für G9 entschieden hätten, sollen dies auch weiterführen, denn „sie hatten für ihre Entscheidungen Gründe, und es gab Mehrheitsvoten vor Ort“. Das sei im Übrigen auch ein Beitrag zur Ruhe an diesen Schulen - die beste Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Das Y-Modell - das Parallelangebot von acht- und neunjährigem gymnasialen Weg an einer Schule - sehe sie aber kritisch, da sei sie für eine klare Entscheidung. Wara Wende betonte, auch der Landesrechnungshof sehe das Y-Modell kritisch und mahne mit wirtschaftlicher Begründung, es zu beenden.

„Erfolgreiches Lernen braucht gute Lehrerinnen und Lehrer; und gute Lehrer müssen gut ausgebildet werden“, sagte die Bildungsministerin und forderte, die Ausbildung an die sich verändernden Anforderungen anzupassen. Besonders der praktische Teil müsse gestärkt werden, die Universitäten Kiel und Flensburg sollten ein gemeinsames Konzept zur Lehrerbildung erarbeiten, sagte sie. Ziele müssten mehr Kooperation der beiden Hochschulen und mehr Praxisbezug sein.

Quelle: Ministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein vom 02.08.2012

Redaktion: Kerstin Boller

Back to Top