Bildungspolitik

Pilotprojekt zur ganztägigen Bildung und Betreuung an Hamburgs Grundschulen

Bildungssenatorin Christa Goetsch und Familiensenator Dietrich Wersich haben gestern mit der Grundschule Lutterothstraße in Eimsbüttel einen der fünf Pilotstandorte für die ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen besucht und sich über den Stand der Umsetzung informiert.

29.10.2010

An der Grundschule mit 254 Schülerinnen und Schülern nehmen seit diesem Schuljahr die Eltern von 151 Kindern das Angebot der verlässlichen Bildung und Betreuung an der Schule in Anspruch, die der Hortträger „Stapellauf“ gemeinsam mit der Schule anbietet. Vormittags wird nach Stundentafel unterrichtet, nach dem gemeinsamen Mittagessen und der betreuten Hausaufgabenzeit werden Sport und Tanzkurse angeboten, weitere Neigungskurse wie zum Beispiel ein Computerkurs sind in der Planung.

Weitere Pilotstandorte sind die Grundschule Hasenweg in Zusammenarbeit mit der Ballinstiftung, die Grundschule Arp Schnittger/Cranz in Zusammenarbeit mit der Spielvereinigung Este, die Grundschule Thadenstraße in Zusammenarbeit mit dem Schülerladen Winklersplatz sowie die Grundschule Möllner Landstraße in Zusammenarbeit mit der Vereinigung.

„Es geht uns darum, mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen. Deshalb entwickeln wir ein ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot für alle Kinder und beziehen diejenigen ein, deren Eltern nicht berufstätig sind und die deshalb keinen Anspruch auf einen Kita-Gutschein haben“, sagt Christa Goetsch.

„Jahrzehntelang gab es zwei Systeme, die zwar oft gut kooperiert aber doch nebeneinander her existiert haben. Wenn wir nun die Nachmittagsbetreuung der Schulkinder in Zusammenarbeit mit Kita-Trägern und anderen an die Schulen holen, sind die Wege nicht nur für die Kinderbeine kürzer. Es entsteht auch eine neue gemeinsame Verantwortung für die Förderung“, sagt Dietrich Wersich.

Das Konzept einer ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen verfolgt bildungs-, sozial-, und familienpolitische Ziele. Es soll ein ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot für alle Kinder möglich machen, unabhängig von den heute geltenden Vorbedingungen für einen Kita-Gutschein. Gleichzeitig soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet werden. Für die Eltern wird der Weg zu einem sicheren Bildungs- und Betreuungssystem für ihre Kinder erleichtert, indem mit der Anmeldung an einer Schule gleichzeitig die Betreuung der Kinder organisiert ist. Gleichzeitig werden die vorhandenen Ressourcen effektiv genutzt.

Die Eckpunkte des Konzeptes:

- Die Schulen bieten in Zusammenarbeit mit Hortträgern ein ganztägiges Bildungssystem von 8.00 bis 16.00 Uhr. Ein breites Band an Förder-, Neigungs- und Freizeitangeboten erweitert das Bildungs- und Betreuungsangebot. Dabei werden außerschulische Kooperationspartner aus dem Sozialraum einbezogen (Kulturinstitutionen, Sportvereine, offene Jugendhilfeeinrichtungen, kirchliche und sonstige soziale Organisationen etc.).

- Ergänzend wird eine Betreuung von mindestens 7.00 bis mindestens 18.00 angeboten und eine verlässliche Ferienbetreuung von 7.00 bis 18.00 Uhr.

- Ab 2013 soll allen Kindern ein solches kostenfreies Bildungs- und Betreuungsangebot von 8.00 bis 16 Uhr zur Verfügung stehen. Eine Bedarfsprüfung im Sinne des Kita-Gutscheinsystems entfällt.

Diese neue offene Ganztagsschule ist ein Angebot und setzt bei der Teilnahme auf den Elternwunsch. Sofern in benachteiligten Gebieten (KESS 1 und 2) Anmeldungen für mindestens 38 Kinder, in den anderen Gebieten für mindestens 46 Kinder vorliegen, wird die offene Ganztagsschule eingerichtet. Die Träger werden im Sozialraum, also im Umfeld der Schule, ausgewählt. Der Entscheidungsprozess wir transparent und nachvollziehbar dargestellt. Alle Kita-Träger in der Umgebung der Schule werden in diesen Prozess eingebunden.

Ab Schuljahr 2011/12 können alle Schulen auf eigenen Wunsch früher ins neue System einsteigen. Dazu notwendig sind der Wunsch der Eltern, Beschlüsse der Schulgremien und die Kooperationsbereitschaft einer Jugendhilfeeinrichtung sowie die transparente Entscheidung der Auswahl von Kooperationspartnern. Darüber hinaus muss das Mittagsessen räumlich und organisatorisch realisierbar sein.

Das System setzt auf die multifunktionale Nutzung der Schule. Dabei steht dem Ganztagsbetrieb neben den Klassenräumen auch die Fachräume, die Bewegungsräume und die Gemeinschaftsflächen zur Verfügung. Für alle Kinder, die am offenen Ganztag teilnehmen, wird ein Mittagessen zur Verfügung gestellt. Die Finanzierung läuft im Umlagesystem. Die Eltern bezahlen das Essen für die Kinder. Dabei ist eine finanzielle Obergrenze von 3.50 Euro pro Essen festgelegt. Seitens der Behörde gibt es eine finanzielle Unterstützung für finanzschwächere Familien in Höhe von 2,00 Euro pro Essen. Üblicherweise wird das Mittagessen in Kooperation mit dem Jugendhilfeträger oder einem Caterer hergestellt.

Die offene Ganztagsschule ist außerhalb der Ferien von 8.00 bis 16 Uhr für alle Kinder kostenlos. Für die ergänzenden Betreuungszeiten vor 8.00 Uhr, nach 16.00 Uhr und in den Ferien werden Gebühren erhoben. Während der Pilotphase sieht die Gebührenregelung folgendermaßen aus: Für die Randzeiten am Vor- und Nachmittag zusammen 7,50 Euro pro Woche, für die Ferienbetreuung 30 Euro pro Woche.

Zurzeit wird an einer sozialen Staffelung im gebührenpflichtigen Bereich gearbeitet, da es ein wesentliches Ziel ist, alle Kinder der Stadt am neuen System partizipieren zu lassen.

Für das ganztägige Bildungssystem an der Schule werden Erzieherstellen in Anlehnung an das Schulsystem eingeplant. In sozial benachteiligten Gebieten (Kess 1 und 2) wird für jeweils 19 Kinder eine Erzieherstelle finanziert, in den anderen Gebieten für jeweils für 23 Kinder eine Erzieherstelle. Diese Grundressource wird, wie in der Ganztagsschule üblich, durch unterschiedliche Angebote erweitert. Das klassische Hortsystem wird nicht einfach auf die Schulen übertragen, sondern Schule und Jugendhilfeträger bilden einen pädagogischen Verbund. Dazu werden an den Standorten Kooperationsvereinbarungen getroffen. Die Rahmenbedingungen werden auf Landesebene mit den Jugendhilfeverbänden verhandelt. Eine Verhandlungskommission unter Einbindung aller betroffenen Jugendhilfeverbände des Landes Hamburg tagt einmal im Monat und wird spätestes Ende April 2011 einen neuen Landesrahmenvertrag abschließen 

Beteiligungsgremien

Das Projekt wird von verschiedenen parallelen Gremien unterstützt: Der pädagogische Beirat ist ein Beteiligungsgremium, dem die Schulverbände, Vertreter der Bezirksverwaltungen und der bezirklichen Jugendhilfe, die Gewerkschaften, die Elternkammer, der Landeselternausschuss, Vertreter der Betriebs- und Personalräte, Elternvertreter der Hortinitiative und der Elterninitiative Paul und Paula, die Hamburger Sportjugend und die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege angehören.

Der neue Arbeitskreis der bezirklichen Sozialplanung und Jugendhilfe begleitet ebenfalls die Entwicklung des Projektes. Um die sozialräumlichen Angebote in das neue System der offenen Ganztagsschule einzubinden sind Arbeitsgruppen eingerichtet worden, die Rahmenvereinbarungen für die Zusammenarbeit von Schulen und außerschulischer Jugendhilfe, von Schulen und Kinder- und Jugendkultureinrichtungen, von Schulen und dem im Landesmusikrat zusammengeschlossenen Musikschulen sowie von Schulen und Sporteinrichtungen erarbeitet haben.

Ferner sind Arbeitsgruppen etabliert worden, die das Thema multifunktionale Nutzung von Schulraum sowie Grundzüge pädagogischer Konzepte unter Beteiligung von Fachleuten aus der Stadt bearbeitet haben.

Herausgeber: Behörde für Schule und Berufsbildung Freien und Hansestadt Hamburg

 

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