Bildungspolitik

GEW: „Zehn Jahre PISA-Trauma – und kein Ende“

Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat darauf hingewiesen, dass die Frage der Chancengleichheit auch zehn Jahre nach PISA nicht gelöst ist.

05.12.2011

„Mangelnde Chancengleichheit ist die offene Wunde des deutschen Schulsystems, die immer noch eitert. Politik und Kultusministerkonferenz (KMK) haben mit ihren Aktivitäten großenteils auf das falsche Pferd gesetzt. Schwerpunkte sind nicht richtig definiert worden, die Bundesländer haben sich mit Maßnahmen wie der Schulzeitverkürzung verzettelt, die zu mehr Bildungsgerechtigkeit überhaupt nichts beitragen. Die Folge: Es ist in Deutschland nicht gelungen, die enge Kopplung von sozialer Herkunft und Schulerfolg, aufzulösen. Gut 20 Prozent der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler können nicht ausreichend lesen und rechnen, um in Beruf und Alltag zu bestehen. Das PISA-Trauma wirkt fort, ein Ende ist nicht abzusehen“, sagte Marianne Demmer, GEW-Schulexpertin und stellvertretende Vorsitzende, am Sonntag in Frankfurt am Main. Die erste Schulleistungsstudie PISA ist am 5. Dezember 2001 veröffentlicht worden.

Demmer regte an, dass Politik und KMK sich am Leitbild eines inklusiven Schulsystems, der „einen Schule für alle Kinder“ orientieren sollten. „Wir müssen endlich davon wegkommen, dass Kinder mit zehn Jahren auf verschiedene Schultypen verteilt werden – und damit ihr Berufs- und Lebensweg vorgezeichnet wird. Stärkung der frühkindlichen Bildung und Ausbau von Ganztagsangeboten in einem inklusiven Bildungssystem mit moderner Lehr- und Lernkultur lautet das Gebot der Stunde. Nur so können alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich individuell gefördert werden“, betonte Demmer.

Sie machte deutlich, dass die Strategie der KMK nach PISA, verstärkt auf Evaluation zu setzen, nicht aufgegangen sei. „Es wird getestet, getestet und getestet, die Qualitätssicherung wird jedoch nicht systematisch mit anderen Aufgaben der Schulentwicklung und Lehrerbildung verknüpft. Allein vom Wiegen wird die Sau aber nicht fetter“, unterstrich die GEW-Expertin. „Vor allem die Pädagoginnen und Pädagogen stehen seit Jahren unter wachsendem Reform- und Erwartungsdruck. Die notwendige finanzielle und personelle Unterstützung erhalten sie jedoch nicht. Im Gegenteil: Die Länder beginnen - etwa durch den Abbau von Lehrerstellen - einen Teil der demografischen Rendite, der finanzielle Spielraum, der durch sinkende Schülerzahlen entsteht, einzustreichen. Dieses Geld muss im System bleiben, um die notwendigen pädagogischen Verbesserungen zu finanzieren!“

Quelle: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

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