Corona und Schule
forsa-Umfrage zu Gewalt gegen Lehrkräfte
Die repräsentative forsa-Umfrage „Gewalt gegen Lehrkräfte und Schulleitung im Zusammenhang mit der Umsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen“ des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) zeigt, dass es an jeder vierten Schule psychische Gewalt gegen Lehrkräfte im Zusammenhang mit der Umsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen gibt – direkt oder/und über das Internet.
07.06.2021
„Der Frust der Gesellschaft über bestehende ‚Coronaregeln‘ entlädt sich an Schule! Das Regelungschaos und die intransparente Kommunikation der Politik verunsichern viele. Die Folge sind Konflikte an der Schule. Hier werden Lehrkräfte und Schulleitungen dafür angegriffen, ihrer Arbeit nachzukommen und die verordneten Infektionsschutzmaßnahmen umzusetzen. Das darf so nicht hingenommen werden! Insbesondere die Kultusministerien sind in der Verantwortung, die Beschäftigten an Schulen zu schützen – sei es durch besseres Informationsmaterial, Ansprechpersonen in den Kultusministerien oder schlicht transparente Regelungen, die einleuchten und zu weniger Unmut führen. Vor allem aber dadurch, dass sie sich in Konfliktfällen voll hinter die Bedrohten stellen“, fordert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).
Konflikte im Zusammenhang mit Umsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen
Schon seit 2016 beauftragt der Verband Bildung und Erziehung immer wieder forsa damit, repräsentative Untersuchungen zum Thema „Gewalt gegen Lehrkräfte“ durchzuführen. Diesmal lag der Fokus auf Konfliktfällen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen auftraten. Die Ergebnisse sind mit 1.501 Befragten bundesweit repräsentativ. Zudem gibt es Stichproben aus Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Direkte psychische Angriffe von anderen Erwachsenen
Ein Viertel der Befragten berichtet, dass sie von direkten psychischen Angriffen gegen Lehrkräfte oder Schulleitungen an ihrer Schule wissen. Gefragt danach, von wem diese Angriffe ausgingen, nannten 84 Prozent der Befragten „Eltern“. Jede vierte Lehrkraft weiß von direkten psychischen Angriffen durch Schülerinnen und Schüler. Hinzu kommt, dass jede fünfte Lehrkraft davon berichtet, dass direkte psychische Angriffe von anderen Erwachsenen ausgehen, die zum Beispiel in Organisationen engagiert sind, die sich gegen Corona-Schutzmaßnahmen einsetzen.
Der VBE Bundesvorsitzende dazu: „Wir haben eine Situation, in der diejenigen, die Regelungen befolgen und umsetzen müssen – und zwar unabhängig davon, für wie richtig und wichtig sie diese selbst halten – dafür abgestraft werden. Lehrkräfte werden ungeschützt von der Politik zur Zielscheibe von Andersdenkenden. Es braucht ein klares Zeichen der politisch Verantwortlichen, dass jeder Angriff gegen eine Lehrkraft auch ein Angriff gegen die Institution Schule und damit gegen den Staat ist. Was gedenken die Kultusministerien zu tun, um Lehrkräfte davor zu schützen?“
Ähnliche Zahlen zeigt die Frage nach psychischer Gewalt über das Internet. Verglichen mit vorhergehenden Befragungen zum Thema Gewalt berichten nur wenige Befragte von körperlicher Gewalt – vermutlich auch, weil es nur eingeschränkt Präsenzunterricht gegeben hat und viele Online-Meetings. „Zwei Prozent der Befragten sagten trotzdem, dass es dazu kam. Wenn man das aber hochrechnet, heißt das immer noch, dass es innerhalb der letzten Monate an 650 der 32.500 allgemeinbildenden Schulen in Deutschland zu körperlichen Angriffen gegen Lehrkräfte oder die Schulleitung kam. Weil sie ihren Dienst taten“, betont Beckmann.
Positiv bewertet wird der Zusammenhalt im Kollegium. So berichten die meisten Lehrkräfte, die selbst Gewalterfahrung machten, dass sie sich anderen Lehrkräften oder der Schulleitung anvertrauten und sich hier auch gut unterstützt fühlten. An die Schulaufsicht wendeten sich nur 16 Prozent der Angegriffenen, an das Kultusministerium nur 2 Prozent. Der VBE Bundesvorsitzende Beckmann fordert daher den Schutz der Beschäftigten durch den Dienstherrn ein. Dazu gehöre:
- schnelle und unbürokratische Meldung von Vorfällen,
- umfangreiche juristische und psychologische Unterstützung nach Angriffen,
- konkrete Ansprechpersonen im Kultusministerium, insbesondere für Fälle von Gewalt, die von externen Personen begangen wurden,
- glaubwürdige, transparente und möglichst einheitliche Infektionsschutzmaßnahmen (inzidenzbasierter Stufenplan).
Quelle: Verband Bildung und Erziehung e.V. vom 11.05.2021
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