GEW

Corona-Pandemie darf nicht zu Ausbildungskrise führen

Ende Oktober veröffentlichte die Bundesagentur für Arbeit neue Zahlen zum Ausbildungsmarkt. Sie stellte Rückgänge sowohl an Ausbildungsstellen als auch an Bewerberinnen und Bewerbern fest. Mit Blick auf diese Zahlen macht sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für eine Ausbildungsgarantie für alle jungen Menschen stark.

05.11.2020

„Die Corona-Pandemie macht die Probleme bei der Ausbildung wie unter einem Brennglas deutlich sichtbar. Die Corona-Krise darf sich nicht zu einer Ausbildungskrise entwickeln“, betonte Ansgar Klinger, GEW-Vorstandsmitglied Berufliche Bildung, anlässlich der aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA). „Mehr als 1,5 Millionen junge Erwachsene zwischen 25 und 34 Jahren haben keinen Berufsabschluss! Das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal ersten Ranges, den wir uns aus sozialen Gründen, aber auch ökonomisch nicht erlauben können.“ Die BA hat für das Jahr 2019/20 einen deutlichen Rückgang der Berufsausbildungsstellen gegenüber dem Vorjahr um 7,3 Prozent auf 530.000 gemeldet. Grund für diese Entwicklung sei vor allem die Corona-Pandemie. Gleichzeitig gab es 7,6 Prozent weniger Bewerberinnen und Bewerber.

Duale und schulische Berufsausbildung stärken

„Die BA-Zahlen beleuchten das sogenannte Duale System. Es ist jedoch wichtig, zusätzlich auch die schulischen Berufsausbildungen insbesondere in den Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialberufen zu beachten und diese zu stärken“, unterstrich der Berufsbildungsexperte. „Knapp 190.000 junge Menschen haben sich für eine solche Ausbildung in diesen zukunftsträchtigen Berufen entschieden. Sie sind ein wichtiger Teil des Ausbildungsmarktes und der Berufsentwicklung in Deutschland – auch wenn die Ausbildung nicht sozialversicherungspflichtig ist.“

„Junge Menschen brauchen die bestmögliche Bildung und Ausbildung, unsere Gesellschaft ist auf hochqualifizierte Fachkräfte angewiesen“, hob der GEW-Experte hervor. Obwohl die Arbeitgeber stets vor einem Fachkräftemangel gewarnt haben, nutzten sie nicht alle Möglichkeiten, die Ausbildung zu stabilisieren. „Deshalb haben 2019 gut 255.000 junge Menschen keine Ausbildung bekommen und sind auf Bildungsgänge im sogenannten Übergangssystem angewiesen“, sagte Klinger. Hinzu komme, dass die in den vergangenen Jahren nach Deutschland geflüchteten Menschen besser qualifiziert werden müssen – auch in den nicht-dualen Berufen. „Gesellschaftliche Teilhabe über Bildung, berufliche Qualifizierung und ein Arbeitsplatz sind die Grundlagen für eine gelingende Integration“, betonte das GEW-Vorstandsmitglied.

Verbesserungen ohne Bruch möglich

Deshalb setze sich die Bildungsgewerkschaft für eine Ausbildungsgarantie ein, die ohne revolutionäre Veränderungen möglich ist, wie der Nachbar Österreich bei vergleichbaren Bildungsbedingungen beweist. „Wir brauchen zudem eine Ausbildungsplatzumlage, die ausbildungswilligen Unternehmen die Ausbildung erleichtert“, mahnte Klinger. Er machte deutlich, dass nur noch knapp ein Fünftel aller Betriebe ausbilde und der Anteil der Ausbildungsverhältnisse an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bedenklich sinke. „Das zeigt: Wer allein auf die Kräfte des Marktes setzt, wird seiner Verantwortung gegenüber der nachwachsenden Generation nicht gerecht“, unterstrich Klinger. Die „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ müsse bei diesen Fragen deutliche Fortschritte erzielen. Ferner gelte es, die Qualität der Ausbildung zu verbessern. „Hohe Abbrecherquoten in einzelnen Branchen deuten darauf hin, dass bei der Ausbildung in den Betrieben Einiges im Argen liegt“, sagte der Berufsbildungsexperte.

Quelle: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 29.10.2020

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