Bildungspolitik

Bologna in der Krise

Bachelor- und Masterabschlüsse an deutschen Hochschulen haben nicht die nötige Wertschätzung - so lautet ein wichtiges Fazit aus einem Arbeitstreffen zwischen dem sächsischen Wissenschaftsministerium und dem Bildungsausschuss der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen.

17.11.2009

Unruhen gibt es in Deutschland noch nicht. Trotzdem gehen die Studierenden gelegentlich auf die Straße, um für ihre Ziele zu demonstrieren. Sie kritisieren besonders „Fehlentwicklungen“ bei der Einführung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge: Zu wenig Wahlfreiheit, komplizierte Studienordnungen und eine mangelnde Praxisorientierung, heißt es. Seit zehn Jahren wird in Deutschland versucht, den so genannten Bologna-Plan umzusetzen, die große europäische Studienreform, die zum Beispiel mit einheitlichen Studienabschlüssen eine stärkere „Berufsfähigkeit“ der Studierenden und eine deutliche „Qualitätsverbesserung“ des Studiums verspricht. Aber das System steckt in der Krise, wie Wolfgang Zimmermann, Ministerialrat im sächsischen Wissenschaftsministerium, am 17. November in einem Arbeitstreffen mit dem Bildungsausschuss der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen verdeutlichte. In ihrem Wohlfahrtsbericht 2009 hatten die Verbände bereits Anfang Oktober bessere Ausbildungsbedingungen in Gesundheits- und Sozialberufen gefordert.

Zimmermann wies besonders auf die mangelnde Wertschätzung der Bachelor-Abschlüsse hin - sowohl bei den Studierenden als auch bei den „Abnehmern“, also den zukünftigen Arbeitgebern. „Diplom-Abschlüsse werden in Deutschland immer noch höher bewertet“, so Zimmermann. Nach Umfragen rechneten sich nur 12 Prozent der Studierenden mit einem Bachelor-Abschluss gute Berufschancen aus und streben deshalb einen höheren Abschluss an. Die Ursachen dafür lägen in einer mangelnden Transparenz von Studienplänen und -inhalten. Nötig wären völlig neue Curricula, für die die Universitäten nicht die erforderliche Sorgfalt aufgebracht hätten. Peter Strohschneider, Vorsitzende des Wissenschaftsrates, bestätigt dem „Focus“ diese “handwerklichen Fehler“. Die Bachelor-Reform sei zu einseitig auf die Verkürzung von Studienzeiten ausgerichtet gewesen.

Verunsicherung bei Studenten und Abnehmern

Der Negativtrend hat deshalb nicht zu einer Förderung des Bologna-Prozesses, sondern eher zu Verunsicherungen geführt. Dies gelte auch für den Bereich der Gesundheits- und Sozialberufe, bestätigt Wolfram Mager, Personalchef des Caritasverbandes für das Bistum Dresden-Meißen. „Das Profil des Bachelor-Abschlusses ist für uns noch nicht erkennbar“. Dabei gehe es unter anderem um die „Wertigkeit“ des Abschlusses, um die staatliche Anerkennung oder um die Eingruppierung bei Vergütungen. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sehen hier deshalb erheblichen Klärungsbedarf.

Politik und Äffentlichkeit haben immerhin reagiert. Die Sozialdemokraten stellen sich hinter die demonstrierenden Studenten. Der Bundesparteitag in Dresden begrüßte die Proteste gegen Studiengebühren und das Engagement für bessere Lernbedingungen. „Dort, wo die Union Studiengebühren eingeführt hat, müssen sie wieder abgeschafft werden“, heißt es in einer Resolution. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) versprach unterdessen, sie werde mit den Wissenschaftsministern der Länder sprechen. „Die Studenten haben ein Anrecht zu erfahren, was wir unternehmen, um die Lehre zu verbessern“, sagte sie.

Quelle: Diözesan-Caritasverband Dresden-Meißen

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