Bildungspolitik
Bildung in der Coronakrise: Pandemie halbierte bei Kindern die Zeit für die Schule
Die Zeit, in der sich Kinder täglich mit der Schule beschäftigt haben, hat sich während der Corona-Zeit halbiert. Sie sank von 7,4 auf 3,6 Stunden pro Tag. Das geht aus einer ifo-Umfrage unter 1.099 Eltern in Deutschland hervor, die im Juni durchgeführt wurde.
14.08.2020
Demnach haben 38 Prozent der Schüler/-innen höchstens zwei Stunden am Tag gelernt, 74 Prozent höchstens vier Stunden. Gleichzeitig ist die Zeit mit Fernsehen, Computerspielen und dem Handy von 4,0 auf 5,2 Stunden gestiegen. „Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, dass wir unter Beachtung der Schutzmaßnahmen wieder zum normalen Schulunterricht zurückkehren. Wo Schließungen unvermeidlich sind, sollten die Schulen direkt auf Online-Unterricht umstellen“, sagt Ludger Wößmann, der Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik.
Den Eltern ist das Problem bewusst
64 Prozent der Eltern denken, dass ihr Kind während der Corona-Zeit „viel weniger“ gelernt hat. Gleichzeitig verstärkten sie ihr Engagement. Vor den Schulschließungen verbrachten sie im Durchschnitt eine halbe Stunde pro Tag gemeinsam mit ihrem Kind beim Lernen für die Schule. Während Corona verdoppelte sich dieser Wert auf gut eine Stunde. Gleichzeitig geben 38 Prozent der Eltern an, dass die Situation für ihr Kind oder für sie selbst eine große psychische Belastung brachte. 28 Prozent berichteten, sie hätten sich mehr mit ihren Kindern gestritten als vorher. Bei Akademikerkindern war der Rückgang der schulischen Tätigkeiten ähnlich stark wie bei den anderen Kindern; nur der Anstieg der passiven Tätigkeiten war etwas geringer. Vor allem aber leistungsschwächere Schüler/-innen ersetzten Lernen durch passive Tätigkeiten.
Nur wenig Online-Unterricht und individueller Kontakt
57 Prozent der Schüler/-innen hatte seltener als einmal pro Woche gemeinsamen Online-Unterricht, nur 6 Prozent täglich. Noch seltener hatten die Schüler/-innen individuellen Kontakt mit ihren Lehrkräften. Besonders davon betroffen waren Nicht-Akademikerkinder und leistungsschwächere Schüler/-innen. 96 Prozent erhielten wöchentlich Aufgabenblätter zur Bearbeitung. 64 Prozent erhielten zumindest einmal pro Woche eine Rückmeldung zu den Aufgaben.
Fragt man alle Deutschen (nicht nur die Eltern), so stimmen aber 79 Prozent der Aussage (voll oder eher) zu, dass die Schulschließungen eine richtige Maßnahme waren. 79 Prozent der Befragten befürworten verpflichtenden Online-Unterricht bei Schulschließung, 78 Prozent Anweisungen der Lehrkräfte zu täglichem Kontakt mit den Schüler/-innen.
Klare Mehrheit für mehr Bildungsmaßnahmen
„Maßnahmen, die an der geringen Beschulung der Kinder und Jugendlichen etwas ändern würden, finden also klare Mehrheiten in der deutschen Bevölkerung“, sagt Wößmann.
83 Prozent der Befragten befürworten eine intensivere Betreuung von Kindern aus schwierigen sozialen Verhältnissen und 70 Prozent die Durchführung von Abschlussprüfungen. 59 Prozent sind für eine Maskenpflicht für Schüler/-innen, 58 Prozent befürworten regelmäßige Corona-Tests aller Schüler/-innen. Allerdings lehnen 56 Prozent ein Handy-Tracking an Schulen ab.
Zum Hintergrund
Die Ergebnisse zum Home-Schooling während der Coronakrise wurden aus der Umfrage zum ifo Bildungsbarometer ausgekoppelt. Im ifo-Schnelldienst wurde der Aufsatz Bildung in der Coronakrise: Wie haben die Schulkinder die Zeit der Schulschließungen verbracht, und welche Bildungsmaßnahmen befürworten die Deutschen? veröffentlicht, der zum Download zur Verfügung steht. Das reguläre Bildungsbarometer erscheint im September.
Quelle: ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. vom 05.08.2020
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