Bildungspolitik

BIBB-Präsident hebt Aus- und Fortbildung als attraktive Alternative zum Studium hervor

Verließen vor zehn Jahren noch rund 220.000 Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildende Schule mit einer Studienberechtigung, so werden dies 2011 bis 2013 pro Jahr jeweils über 300.000 sein. Grund hierfür sind unter anderem die doppelten Abiturjahrgänge in Ländern wie Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Verstärkt wird dieser Anstieg noch durch die Aussetzung der Wehrpflicht. Die Hochschulen stehen damit vor einer großen Herausforderung. Während diese an ihre Grenzen stoßen, suchen Betriebe händeringend leistungsstarke Auszubildende, um ihren künftigen Fachkräftebedarf und betrieblichen Führungsnachwuchs zu sichern.

21.07.2011

"Gerade auch die berufliche Bildung bietet Jugendlichen vielfältige Perspektiven und Karrieremöglichkeiten und ist deshalb für Abiturienten und Abiturientinnen eine attraktive Alternative zum Studium. Hochwertige Aus- und Fortbildungsgänge führen zu gleichwertigen Abschlüssen", betont Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Die jetzt durch die doppelten Abiturjahrgänge entstehenden Bewerberspitzen müssten für die Rekrutierung von zukünftigen Führungskräften in den Betrieben genutzt werden. "Gleichzeitig muss aber das Ausbildungsplatzangebot insgesamt auf einem hohen Niveau gehalten werden, damit nicht ein Verdrängungswettbewerb zu Lasten der weniger Qualifizierten stattfindet", appelliert der BIBB-Präsident an die Unternehmen.

Gemeinsame Projektionen des BIBB und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagen voraus, dass bis zum Jahr 2020 das Angebot an qualifizierten Fachkräften rein rechnerisch nicht mehr ausreichen wird, um den Bedarf zu decken. So wird dem kurzfristigen Anstieg bis 2013 ein beschleunigter Rückgang der Bewerberzahlen für Ausbildungsplätze folgen.

Gerade für leistungsstärkere Abiturientinnen und Abiturienten ist die berufliche Bildung eine erfolgversprechende Alternative zum Studium, insbesondere dann, wenn die Ausbildung durch Zusatzqualifikationen aufgewertet wird. Die Bandbreite reicht dabei von interkulturellen Kompetenzen, wie zum Beispiel das Beherrschen einer oder mehrerer Fremdsprachen, über kaufmännische, EDV- und technische Qualifikationen bis zu so genannten "soft skills", beispielsweise soziale und kommunikative Kompetenzen.

Attraktiv sind auch Angebote, die es ähnlich wie bei einem dualen Studium ermöglichen, zwei Abschlüsse während der Ausbildungszeit zu erwerben, beispielsweise bei der Ausbildung zum Handelsfachwirt oder zur Handelsfachwirtin als Zusatz zu einer kaufmännischen Berufsausbildung. Die Berufsakademie Hamburg zum Beispiel führt Jugendliche innerhalb von vier Jahren zu zwei berufsqualifizierenden Abschlüssen: den Gesellen- beziehungsweise Facharbeiterbrief sowie den Bachelor. Darüber hinaus werden gerade auch für Abiturienten und Abiturientinnen weitere Modelle angeboten, die den Erwerb des Meisterbriefes in einer verzahnten Aus- und Fortbildung ermöglichen.
Zusatzqualifikationen gehen über die regulären Ausbildungsinhalte hinaus und geben den Auszubildenden und Betrieben die Möglichkeit, die Ausbildungsinhalte flexibel anzureichern. In der Regel erwerben die Auszubildenden nach bestanderer Prüfung ein Zertifikat oder Zeugnis, in dem ihre zusätzlichen Lerninhalte dokumentiert werden. Damit erweitern sie ihre beruflichen Karrieremöglichkeiten und verbessern nicht zuletzt auch ihre Übernahmechancen im Betrieb.
Hoch im Kurs stehen bei den Studienberechtigten zurzeit vor allem kaufmännische Berufe. Darunter fallen zum Beispiel Industrie-, Bank- und Bürokaufleute sowie Kaufleute im Groß- und Einzelhandel. Aber auch der Beruf des Fachinformatikers ist bei den Abiturienten sehr beliebt. 2009 verfügte rund jede/-r fünfte Auszubildende mit einem neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag über eine Studienberechtigung.

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

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