Bildungspolitik

BaWü: Wichtige Neuerungen im Schuljahr 2014 und 2015

Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch leitet Reformschritte in die Wege, damit sich die Schulen gut auf künftige Herausforderungen einstellen können. An erster Stelle stehen die Inklusion und die Ganztagsgrundschule.

11.09.2014

„Wir müssen die Schulen auf die kommenden Herausforderungen vorbereiten. Die Ganztagsgrundschule ist besonders wichtig, um Familien zu unterstützen, sobald die Kinder aus den Kindertagesstätten in die Schule kommen. Ein neues Schulgesetz zur Inklusion für Kinder mit Behinderung wird von vielen Eltern und Kommunen sehr gewünscht und ist auch angesichts der UN-Behindertenrechtskonvention rechtlich notwendig“, erklärte Stoch.

Wichtige Schritte bei Inklusion und Ganztagsgrundschule

Die Eckpunkte für die Inklusion hat das Kabinett im Juli verabschiedet. Auf dieser Basis wird derzeit mit den Kommunalen Landesverbänden verhandelt, wie die Inklusion finanziert werden kann. Die Schulgesetzänderung soll zum Schuljahr 2015/2016 in Kraft treten. „Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und lässt sich nur umsetzen, wenn sich der Bund, das Land und die Kommunen entsprechend beteiligen“, erklärte Stoch. Für das kommende Schuljahr 2014/2015 wird ein neues Einstellungskontingent von 200 Deputaten bereitgestellt, die für inklusive Bildungsangebote an allgemeinen Schulen zur Verfügung stehen.

Der Ausbau der Ganztagsschule wird im neuen Schuljahr vorangebracht. Die Landesregierung will damit auch erreichen, dass der Bildungserfolg weniger von der sozialen Herkunft der Schüler abhängig ist als bisher. Die OECD hat in ihrem neuesten Bildungsbericht aktuell erneut unterstrichen, dass diese Abhängigkeit in Deutschland so stark ist wie in kaum einem anderen Industrieland. Gerade bei Ganztagsschulen hat Baden-Württemberg nach der Politik der Vorgängerregierungen erheblichen Nachholbedarf. Der Landtag hat deshalb vor der Sommerpause beschlossen, die Ganztagsschulen im Bereich der Grundschulen mit einer neuen verbesserten Konzeption auszubauen. Nachdem es das Kultusministerium den Kommunen kurzfristig ermöglicht hat, dafür Anträge einzureichen, gab es bereits eine hohe Nachfrage. Für das Schuljahr 2014/15 werden 178 Ganztagsschulen an Grundschulen und Grundstufen der Förderschulen das neue Konzept umsetzen. Dafür stehen bis zu 286 Deputate bereit. Beim Jugendbegleiter-Programm wächst die Gesamtzahl mit 164 neueinsteigenden Schulen im Schuljahr 2014/15 auf 1.844 Schulen.

Erprobung der Bildungspläne

Die im vergangenen Schuljahr begonnene Erprobungsphase der neuen Bildungspläne wird im Schuljahr 2014/2015 ausgebaut. Der Kultusminister will die vorhandenen Arbeitsfassungen an den Schulen kritisch prüfen lassen, um von den Lehrerinnen und Lehrern Verbesserungsvorschläge zu erhalten. „Die Bildungspläne werden nur dann in der Praxis gut umgesetzt, wenn die Lehrerinnen und Lehrer damit gut arbeiten können“, betonte der Minister.  

Der Bildungsplan der Grundschule soll an 21 Grundschulen in den Klassenstufen 1 bis 4 erprobt werden. Darüber hinaus beteiligen sich die Lehrkräfte von 36 weiterführenden Schulen (Werkrealschulen, Realschulen und Gemeinschaftsschulen) an einer Erprobung von Fachplänen des gemeinsamen Plans für die Sekundarstufe I in den Klassenstufen 7 und 8. Zudem werden die Fachpläne für das achtjährige Gymnasium (Standardstufe 8) in den Klassenstufen 7 und 8 an 38 Gymnasien in der Praxis getestet.

Mitglieder der Bildungsplankommissionen bieten den Schulen im Rahmen von Workshops Unterstützung bei der Umsetzung der Erprobungsfassungen an. Die Lehrkräfte berichten hier über ihre Erfahrungen. Zudem können sich die Lehrerinnen und Lehrer in einer Online-Befragung mit Vorschlägen zu den Arbeitsfassungen äußern.

Insgesamt erfolgt somit erstmals bei der Weiterentwicklung von Bildungsplänen ein systematischer Praxistest über zwei Schuljahre hinweg. Die Anregungen und Rückmeldungen der Lehrkräfte werden ebenso wie weitere Stellungnahmen in den Reformprozess einbezogen. Die überarbeiteten Bildungspläne sollen im Herbst 2015 im Rahmen des Anhörungsverfahrens veröffentlicht werden.

Kultusportal Baden-Württemberg


Landesbildungsserver: Arbeitsfassungen Bildungspläne

200 zusätzliche Deputate für Vorbereitungsklassen

Da die Zahl an Flüchtlingen, Asylbewerbern und Zuwanderern stark zunimmt, hat die Landesregierung für das Schuljahr 2014/15 zusätzlich 200 Deputate für die Einrichtung von Vorbereitungsklassen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen und speziellen Fördergruppen zur Verfügung gestellt. Zudem werden die Vorbereitungsklassen künftig auch an Realschulen und Gymnasien für Kinder und Jugendliche mit einem entsprechenden Leistungsniveau ermöglicht.

Freiwillige Hauptschulabschlussprüfung für Realschüler

Ab dem kommenden Schuljahr kann jeder Schüler und jede Schülerin der Klasse 9 der Realschule freiwillig die Hauptschulabschlussprüfung für Schulfremde ablegen. Bislang war dies nur möglich, wenn nach einer ersten Wiederholung einer Klasse die Gefahr bestand, erneut das Klassenziel nicht zu erreichen und dann die Schule ohne Abschluss verlassen zu müssen. Diese Voraussetzung entfällt jetzt. Um Schüler und Schülerinnen mit Unterstützungsbedarf noch besser zu erreichen, bauen die Realschulen die individuelle Förderung kontinuierlich aus. Dabei gibt es zunehmend standortspezifische Fördermodelle. Die beiden Regierungsfraktionen und das Kultusministerium erarbeiten derzeit eine Konzeption, wie sich die Realschulen pädagogisch weiterentwickeln, um mit der zunehmenden Heterogenität der Schüler gut umgehen zu können.

Reform des Übergangs Schule - Beruf

Das Kultusministerium will erreichen, dass der direkte Übergang von der Schule in den Beruf möglichst vielen Jugendlichen gelingt und die Übergangsphase in den beruflichen Schulen kürzer wird. Daher wird gemeinsam mit den Partnern des Ausbildungsbündnisses ab dem Schuljahr 2014/15 in den Regionen Mannheim, Weinheim, Ostalbkreis und Rems-Murr-Kreis ein Modellversuch zur Reform dieses Übergangs mit der Einführung des neuen Bildungsgangs AV dual (duale Ausbildungsvorbereitung) gestartet. Dazu wird an den allgemein bildenden Schulen in den Modellregionen die Berufsorientierung weiter intensiviert. Die Staatlichen Schulämter und die Berufsberatung der Agenturen für Arbeit unterstützen die Schulen bei der Umsetzung der Berufsorientierung ebenso wie die Kammern und Verbände der Wirtschaft. Gleichzeitig wird der schulische Übergangsbereich mit der Einführung des neuen Bildungsgangs AV dual transparenter als bisher gestaltet.

AV dual richtet sich als einjähriger Bildungsgang vor allem an berufsschulpflichtige Jugendliche ohne Schulabschluss oder mit Förderbedarf, die bislang das Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf und das Berufseinstiegsjahr besuchen. Von Anfang an sind Betriebspraktika vorgesehen. Das Ziel ist, dass die Praktikanten nach einiger Zeit einen Ausbildungsvertrag in diesem Unternehmen erhalten. Insgesamt neun berufliche Schulen bieten den neuen Bildungsgang AV dual im Ganztagsbetrieb in den Modellregionen ab dem Schuljahr 2014/15 an.

AZAV-Zertifizierung erleichtert Umschulung

Mit dem Einstieg in die Zertifizierung nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) ist ein flächendeckendes Angebot an beruflichen Schulen geschaffen worden, das mehr Menschen als bisher eine Perspektive in krisensicheren Berufen wie etwa Erzieher oder Altenpfleger eröffnet.

93 berufliche Schulen und damit über ein Drittel aller beruflichen Schulen im Land bieten ab dem Schuljahr 2014/2015 insgesamt 60 zertifizierte Bildungsgänge an. Durch die AZAV-Zertifizierung können Schülerinnen und Schüler, die eine Umschulung machen, Bildungsgutscheine einlösen und von der hohen Qualität des Unterrichts an öffentlichen beruflichen Schulen profitieren. Das bundesweit gültige Sozialgesetzbuch schreibt die Zertifizierungspflicht zur Einlösung von Bildungsgutscheinen auch für öffentliche Schulen vor.

Weiterentwicklung des Wirtschaftsgymnasiums

Zum Schuljahr 2014/2015 wird das Berufliche Gymnasium mit einer wirtschafts-wissenschaftlichen Richtung weiterentwickelt. Neben der Ausweitung des seit zwei Jahren bestehenden Profils „Internationale Wirtschaft“ auf künftig 53 Schulen wird jetzt an zehn Standorten das neue Profil „Finanzmanagement“ mit dem Profilfach „Volks- und Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzen“ eingeführt und ab der Eingangsklasse durchgängig bis zum Abitur mit sechs Wochenstunden unterrichtet. Zudem können sich die Schülerinnen und Schüler des neuen Bildungsgangs ab der Jahrgangsstufe 1 für die Wahlfächer „Privates Vermögensmanagement“ und „Finanzwirtschaftliche Studien“ entscheiden. Zusammen mit dem klassischen Profil „Wirtschaft“ haben Bewerberinnen und Bewerber für das Wirtschaftsgymnasium in Baden-Württemberg nun eine weitere Wahlmöglichkeit entsprechend ihrer persönlichen Neigungen und je nach Angebot vor.

Quelle: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg vom 11.09.2014

Redaktion: Astrid Bache

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