Bildungspolitik

Ausbildungspakt: DGB wirft Wirtschaft mangelhafte Nutzung des Aufschwungs vor

„Trotz guter Wirtschaftsentwicklung bleibt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt enttäuschend. Nur der demographische Wandel verhindert, dass noch mehr Jugendliche in Warteschleifen geparkt werden“, erklärte Ingrid Sehrbrock, stellvertretende DGB-Vorsitzende, heute in Berlin zur Bilanz des Ausbildungspakts.

01.02.2012


„Die Wirtschaft hat ihre gute Auftragslage im Jahr 2011 kaum genutzt, um die jungen Menschen auszubilden, die bisher keine Chance hatten. Jeder junge Mensch sollte die Chance erhalten, seinen Lebensunterhalt durch eigene Anstrengungen sicherzustellen. Davon sind wir noch weit entfernt", so Sehrbrock.
 
Das Plus von 1,8 Prozent bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen liege weit hinter den Erwartungen und Ankündigungen der Arbeitgeber zurück. Die Zahl der Neuverträge liege mit 570.140 weit unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2008. Damals erhielten 616.342 junge Menschen einen neuen Ausbildungsvertrag. 
 
Glänzende Ausbildungschancen für junge Menschen seien leider noch immer eine Fata Morgana. Zwar rechne der Ausbildungspakt nur mit rund 5.700 unversorgten Bewerbern. Er zähle aber mehr als 65.000 Bewerberinnen und Bewerber als versorgt, die keinen Ausbildungsplatz bekommen hätten und sich mit Bewerbungstrainings, Einstiegsqualifizierungen und Praktika über Wasser hielten - bei nur 29.500 offenen Plätzen. In Wahrheit sei die Zahl der unversorgten Bewerberinnen und Bewerber doppelt so hoch wie die Zahl der offenen Plätze. Allein im Jahr 2011 fehlten nach DGB-Angaben folglich mehr als 40.000 Ausbildungsplätze.
 
"Viele Branchen, die lautstark über fehlende Auszubildende klagen, haben oft inakzeptable Ausbildungsbedingungen. Viele Betriebe sind einfach nicht ausbildungsreif: Sie bieten nur eine niedrige Vergütung. Viele Überstunden und unregelmäßige Arbeitszeiten sind „normal“. Hohe Abbrecherquoten von mehr als 40 Prozent und geringe Übernahmequoten sind nicht selten, gerade in Hotels und Gaststätten. Wenn junge Menschen nur als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden, bewerben sie sich in diesen Unternehmen nicht mehr. So kommen auf 100 gemeldete Stellen in der Gastronomie nur 37 registrierte Bewerber. Wenn Betriebe für Bewerber attraktiv sein wollen, müssen sie ihren Azubis bessere Chancen geben, das heißt, sie sollten die Qualität der Ausbildung verbessern, mehr Azubis übernehmen und sie besser bezahlen", sagte Sehrbrock.
 
Während der Ausbildungspakt Jahr für Jahr eine entspannte Lage verkünde, sei laut Statistischem Bundesamt die Zahl der jungen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne abgeschlossene Ausbildung mittlerweile bei 1,5 Millionen angekommen. Das seien immerhin rund 17 Prozent dieser Altersgruppe.
 
Sehrbrock sagte abschließend: "Es ist höchste Zeit, dass Jugendliche, die nicht zu den Spitzenleistern in der Schule gehörten, jetzt mit ausbildungsbegleitenden Hilfen und starken Partnern in den Unternehmen zum Zuge kommen.“
 

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