Politik

Tempo 30 soll Regel statt Ausnahme werden

Am 16. und 17.04.2015 diskutieren die Verkehrsminister der Länder bei ihrer Konferenz in Rostock über eine generelle Tempo-30-Vorschrift vor Schulen, Kindertagesstätten und Krankenhäusern. Außerdem soll es Städten und Gemeinden grundsätzlich erleichtert werden, innerorts Tempo 30 auszuweisen.

16.04.2015

Der ökologische Verkehrsclub VCD, das Deutsche Kinderhilfswerk und Robin Wood begrüßen diesen Vorstoß der Verkehrsminister aus den rot-grün regierten Bundesländern. Sie fordern die Länder auf, sich auf eine entsprechende Beschlussfassung zu einigen und damit den ersten und wichtigen Schritt hin zu einer Novellierung der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu gehen.

Wolfgang Aichinger, verkehrspolitischer Referent beim VCD: "Die Änderung der starren und veralteten Straßenverkehrsordnung in Deutschland ist längst überfällig. Bis heute ist Deutschland das einzige europäische Land, wo Kommunen, die die Bedingungen vor Ort am besten kennen, nicht selbständig entscheiden dürfen, welche Innenstadtgeschwindigkeit gelten soll. Die Folge sind kleinteilige Wechsel von Tempo 50 und Tempo 30, die unübersichtlich sind, Unzufriedenheit schüren und auf keinen Fall den Verkehrsfluss verbessern."

Der nun diskutierte Vorschlag, generell Tempo 30 vor sensiblen Einrichtungen einzuführen, ist wichtig, geht aber aus Sicht der Verbände nicht weit genug. Auch verknüpft mit Vereinfachungen der rechtlichen Vorgaben für Städte und Gemeinden kann Tempo 30 erst vollständig wirksam werden, wenn die Ausnahme zur Regel wird und zwar flächendeckend innerorts. Bislang ist dies nicht möglich, da die StVO festlegt, dass auf übergeordneten Straßen kein Tempo 30 gelten darf.

Claudia Neumann, Spielraumexpertin des Deutschen Kinderhilfswerkes betont: "Statistiken belegen es: Tempo 30 rettet Leben, erhöht die Verkehrssicherheit und schafft Klarheit. Zudem sind Kinder und Jugendliche im gesamten städtischen Raum und nicht nur 50 Meter vor und hinter einer Schule unterwegs. Wir brauchen Tempo 30 als Basis innerorts. Das heißt auch, Tempo 50 ist weiterhin möglich, aber nur dort, wo es notwendig und sicher ist."

Dass Tempo 30 zudem nicht den Verkehrsfluss beeinträchtigt, zeigen Erfahrungen aus London und New York, wo Tempo 30 bereits flächendeckend gilt. Es gab keine negativen Effekte, vielmehr hat sich die Lebensqualität verbessert. Der Verkehrsfluss verstetigte sich, die Kapazität der Straße stieg, der Lärm konnte spürbar reduziert werden und das Nachbarschaftsleben wurde gestärkt.

Monika Lege, Fachreferentin für Verkehr bei Robin Wood: "Die Verkehrsministerkonferenz kann jetzt den Anstoß dazu geben, die in Deutschland unnötig komplizierten Regeln zu vereinfachen und den Menschen vor Ort den dringend nötigen Handlungsspielraum bei der Gestaltung lebenswerter Städte zurück zu geben. Die Länder sollten den Fakten Gehör schenken und das Tempolimit als Tabu beseitigen."

Das Deutsche Kinderhilfswerk, der Umweltschutzverein Robin Wood und der ökologische Verkehrsclub VCD engagieren sich bereits seit 2013 für Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts. Sie unterstützten die erste Europäische Bürgerinitiative "30km/h – macht die Straßen lebenswert!", aus der das gleichnamige Netzwerk mit über 70 Organisationen aus 18 europäischen Ländern hervorging.

Heike Aghte, Sprecherin des Bürgerkomitees der EBI "30km/h – macht die Straßen lebenswert!": "Wo Städte selbst bestimmen können, trifft Tempo 30 auf große Akzeptanz. Das beweist Großbritannien, wo Bürgerinnen und Bürger sogar selber auf ihre lokalen Entscheidungsträger zugegangen sind, in über 250 Orten. Die Zustimmungsrate liegt nach der Einführung bei bis zu 80 Prozent."

Redaktion: Uwe Kamp

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