WWF zur Bundestagswahl

„Das Ergebnis ist ein Weckruf an die Parteien."

Deutschland bricht auf und gerade die jungen Generationen fordern Zukunftsfähigkeit ein. WWF-Naturschutzvorstand Christoph Heinrich erwartet, dass die notwendigen Maßnahmen gegen die Erderhitzung in den anstehenden Koalitionsverhandlungen von den Parteien verabredet und mit einem konkreten Zeitplan hinterlegt werden.

01.10.2021

Die jungen Menschen wollen ein modernes und soziales Land, das sich der Klimakrise und dem Artensterben stellt und diese mutig anpackt. Alle Parteien, die sich nun in den Sondierungen austauschen, kämen an diesem Signal nicht mehr vorbei, so Heinrich. Die nächsten vier Jahre würden entscheiden, ob Deutschland die Trendwende im Kampf gegen das Artensterben, die Klimakrise und gegen die Übernutzung des Planeten gelingt und den Aufbruch schafft hin zu einem schlagkräftigen Wirtschaftsstandort im post-fossilen Zeitalter. Deutschland könne und wolle das, nun müssten die Parteien am Koalitionstisch auch wollen.

Förderung erneuerbarer Energien und klimafreundlicher Technologien

In den anstehenden Koalitionsverhandlungen müssten die notwendigen Maßnahmen gegen die Erderhitzung von den Parteien verabredet und mit einem konkreten Zeitplan hinterlegt werden. Die kommende Regierung müsse dringend den Ausbau der Erneuerbaren voranbringen. Wind und Sonne seien die Eckpfeiler eines Lebens und Wirtschaftens innerhalb der planetaren Grenzen, die für uns Menschen gelten. Kohle, Gas und Öl hätten ausgedient, die Zukunft läge in den Erneuerbaren. 2030 bräuchten wir einen Anteil am Bruttostromverbrauch von mindestens 80 Prozent. Dafür müssten unter anderem die Ausbauzahlen entsprechend sein, bei Wind an Land zum Beispiel mindestens 5,5 Gigawatt pro Jahr, bei Photovoltaik mindestens 10 Gigawatt.

Klima- und umweltschädliche Subventionen gelte es zu beenden und in klimafreundliche Lösungen umzulenken. Um den Strukturwandel so rasch wie möglich zu schaffen, müssten außerdem ausreichend Fördermittel und Investitionen für klimafreundliche Technologien und Verhaltensweisen bereitgestellt werden.

„Eine moderne Politik für den Wirtschaftsstandort Deutschland nutzt auch die Wirkung, die ein nachhaltiges Finanzsystem für den Umwelt- und Klimaschutz entfalten kann, und das volle Potenzial einer Kreislaufwirtschaft, die diesem Namen gerecht wird.“, so Heinrich.

Artensterben und Zerstörung von Lebensräumen beenden

Aufbruch und wirksame Maßnahmen brauche es überdies im Kampf gegen das Artensterben und die Zerstörung von Lebensräumen. Biologische Vielfalt sei systemrelevant, sie zu schützen sei auch gute, vorsorgende Wirtschaftspolitik. Der Raubbau an den Ökosystemen an Land und im Meer habe weltweit ähnlich verheerende Auswirkungen wie die Klimakrise. Beide Krisen befeuerten sich gegenseitig. Die kommende Bundesregierung müsse diese Doppelkrise entschlossen angehen, indem sie international noch mehr Verantwortung übernimmt und dazu auch die Biodiversitätsfinanzierung auf mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr erhöht. Diese Investition zahle sich aus, denn weltweit sei eine Wirtschaftsleistung von rund 44 Billionen US-Dollar – mehr als die Hälfte des globalen Bruttoinlandsproduktes – abhängig von der Natur und ihrer Leistungen.

Umgestaltung der Landwirtschaft

Die Krise der biologischen Vielfalt beginnt direkt vor unserer Tür, sie auch dort zu stoppen, sei Aufgabe der kommenden Bundesregierung. Die Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik in Deutschland brauche jetzt Tempo. Die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ habe als Team den Rahmen gesetzt: für eine deutsche Landwirtschaft, die ein gutes Auskommen sichert, gesunde, fair erzeugte Lebensmittel bereitstellt und Wasser, Böden und Klima sowie Artenvielfalt besser schützt.

Ebenso solle die kommende Bundesregierung Schluss machen mit der eindimensionalen Waldpolitik und dem Wald eine Zukunft geben mit einer echten „Waldstrategie 2050“. Und für Deutschlands Naturschutz müsse endlich gelten: Schutzgebiete an Land und in den Meeren sind Schutzgebiete in der Praxis, nicht auf dem Papier.

Internationaler Klimaschutz

Auch international stünden wichtige Themen auf der Agenda, für die Deutschlands starker und konstruktiver Beitrag benötigt wird - allen voran bei der Weltklimakonferenz Anfang November in Glasgow und bei den Verhandlungen für das neue globale Abkommen für die Biodiversität, welches Mitte 2022 verabschiedet werden soll. Dazu kommt Europa: Deutschland müsse sich hier konstruktiv in die Debatten zum Fit for 55-Paket einbringen. Es dürfe kein „German vote“ bei der Umsetzung des Green Deal mehr geben.

Heinrich ergänzt abschließend: „Welche Koalition sich nun auch zusammenfindet: Business as usual hat ausgedient. Der Aufbruch in eine lebenswerte Zukunft und ein modernes Deutschland für künftige Generationen gelingt nur mit einer entschlossenen Umwelt- und Klimapolitik.“

Quelle: WWF vom 27.09.2021

Back to Top