Kindertagesbetreuung
Studie zum Personalbedarf in rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten veröffentlicht
Wie hoch wird der Personalbedarf in den Kindertagesstätten und in der Kindertagespflege in Rheinland-Pfalz in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich ausfallen und wie kann dieser Bedarf gedeckt werden?
10.06.2010
Diese Fragestellungen, die insbesondere auch für die Träger von Kindertagesstätten – also Kommunen, Kirchen und freie Träger – von hohem Interesse sind, hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur an den renommierten Bildungs- und Arbeitsmarktforscher Prof. Dr. Stefan Sell vom Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (ibus) an der Fachhochschule Koblenz herangetragen. Gemeinsam mit seiner Ko-Autorin Anne Kersting hat Sell nun mit einer Reihe von verschiedenen Szenarien für den möglichen künftigen Personalbedarf berechnet, in denen sowohl die rechtlichen Rahmendingungen und die Elternnachfrage nach Betreuungsmöglichkeiten als auch unterschiedliche Strategien der Personalpolitik der Träger von Kindertagesstätten und des Verhaltens von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berücksichtigt werden.
Zentrale Feststellung der Untersuchung ist: Wenn die Nachfrage bei den Eltern von Kindern zwischen drei und sechs Jahren konstant bleibt, wenn rund 40 Prozent aller Eltern von Kindern unter drei Jahren die Angebote nutzen würden, und wenn man alle derzeit geltenden Rahmenbedingungen in die Zukunft fortschreibt, müssten im Jahr 2013 in den Kindertagesstätten rund 2.000 Erzieherinnen und Erzieher mehr beschäftigt werden als derzeit und in der Tagespflege sich rund 550 mehr Personen engagieren als aktuell. Das Resümee von Prof. Dr. Sell: „Landesweit entsteht keine Mangelsituation, die nicht beherrschbar wäre. Allerdings kommt es sehr darauf an, dass man die aufgezeigten Ansatzpunkte auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite des Arbeitsmarktsektors frühkindliche Bildung jetzt angeht.“
Die rheinland-pfälzische Bildungs- und Jugendstaatssekretärin Vera Reiß unterstrich: „Die Ergebnisse der Studie legen es nahe, die Nachwuchsgewinnung und Fachkräftesicherung auf dem Feld der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung auf mehreren Wegen parallel anzugehen.“ Wertvoll seien insbesondere die bundesweit erstmals empirisch ermittelten Erkenntnisse zu den Arbeitsplatzbedingungen im System der Kinderbetreuung und zu den Berufsbiografien der dort Beschäftigten. So zeige die ibus-Studie, dass mehr als die Hälfte der Beschäftigten in den rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten in Teilzeit arbeiten. Mehr als ein Viertel davon würde aber gerne die vertraglich festgelegte Arbeitszeit aufstocken, habe das Forscherteam weiter festgestellt. Gerade junge Fachkräfte, denen nach Abschluss der Ausbildung lediglich befristete Verträge, oft dazu noch in Form von Teilzeitverträgen, angeboten würden, kehrten zudem mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dem Beruf den Rücken – oft für immer. Zugleich gingen den Kindertagesstätten Fachkräfte im mittleren Alter verloren, weil Fachkräfte, die im Zuge der Familiengründung aus dem Erwerbsleben ausschieden, relativ selten in den gelernten Beruf zurückkehrten. Und obendrein gingen Erzieherinnen vergleichsweise früh – oft in Verbindung mit einer Erwerbsminderung – in den Ruhestand.
In den rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten seien nach dem neuesten Stand etwas mehr als 22.000 Erzieherinnen, Erzieher und andere pädagogische Fachkräfte beschäftigt, hielt die Staatssekretärin fest. Zudem betreuten rund 1.650 Frauen und Männer Kinder verschiedener Altersstufen in der Kindertagespflege. Damit stehe Rheinland-Pfalz bei der Betreuungsrelation im Ländervergleich sehr gut da wie beispielsweise der „Ländermonitor Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung“ der Bertelsmann-Stiftung zeigte.
„Der bereits intensiv laufende und auch weiterhin angestrebte Ausbau der Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebote insbesondere in den Kindertagesstätten erfordert allerdings auch Überlegungen, wie vor allem die Träger von Kindertagesstätten aber auch das Land auf dem Feld der Personalrekrutierung mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen stärker aktiv werden können. Die Attraktivität dieses Berufsfeldes muss noch stärker herausgearbeitet werden, damit junge Menschen, denen der Umgang mit kleinen Kindern Spaß macht, diesen Berufsweg einschlagen, und damit Frauen und Männer, die sich einmal für dieses Berufsfeld entschieden haben, sich hier auch lange und mit hoher Zufriedenheit engagieren“, unterstrich Vera Reiß. Dies werde auch von den Trägern von Kindertagesstätten so gesehen, die die Ergebnisse der ibus-Studie beim jüngsten „Kita-Tag der Spitzen“ am 7. Juni 2010 mit großem Interesse zur Kenntnis genommen hätten.
Aus der Studie könnten folgende Handlungsfelder abgeleitet werden, hielt die Staatssekretärin fest:
Erstens gehe es sicherlich darum, die Ausbildungskapazitäten an den Fachschulen weiter auszubauen. Dies geschehe bereits zum kommenden Schuljahr mit der Bildung zusätzlicher Fachklassen. Erfreulicherweise steige das Interesse an der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung, wie die aktuell mehr als 1.100 Anmeldungen an den Fachschulen für Erzieherinnen und Erzieher zeigten.
Zum zweiten sollte auch über neue Wege des Quereinstiegs von interessierten und geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern, die bereits eine berufliche Qualifizierung haben, nachgedacht werden.
Drittens könne von den Trägern das Potenzial der Teilzeitbeschäftigten besser erschlossen werden, die ihre Arbeitsverträge aufstocken wollten.
Viertens gelte es Maßnahmen zu entwickeln, die eine Rückkehr in den Beruf der Erzieherin oder des Erziehers – beispielsweise nach einer Familienphase – attraktiver machten.
Und fünftens sollten von den Trägern Strategien entwickelt werden, um die Zahl der Berufsaufgaben am Anfang und gegen Ende der Berufsbiografien von Erzieherinnen und Erziehern zu senken.
Ein Überblick zum aktuellen Stand der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte in Rheinland-Pfalz findet sich hier.
Zur Kurzfassung der ibus-Studie führt dieser Link.
Quelle: Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz
ik
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