Kindertagesbetreuung
Inklusion in der Kita: Ergebnisse der Rheinland-Kita-Studie vorgestellt
Eine repräsentative Studie im Auftrag des Landschaftsverbandes Rheinland hat Herausforderungen und Gelingensbedingungen für Inklusion in Kitas untersucht. Dazu wurden rund 1.700 Kita-Leitungen im Rheinland befragt sowie Interviews mit Eltern, pädagogischen Fachkräften, Trägern, Fachberatungen und Jugendämtern geführt. Nun liegen die Ergebnisse vor.
09.05.2019
Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit Inklusion in der Kita gelingt? Rund 1.700 Leitungen von Kindertageseinrichtungen im Rheinland haben sich an der Rheinland-Kita-Studie des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) beteiligt. Im Rahmen der zweijährigen Untersuchung haben Forscherinnen und Forscher der Universität Siegen im Auftrag des LVR auch pädagogische Fachkräfte, Träger, Fachberatungen und Jugendämter danach gefragt, welche Herausforderungen und Gelingensbedingungen sie mit Blick auf die gemeinsame Bildung und Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderungen sehen. Nun hat der LVR die Ergebnisse der repräsentativen Studie in Köln präsentiert.
„Wenn wir Inklusion professionell fachlich begleiten und sinnvoll fördern wollen, benötigen wir fundierte Erkenntnisse von allen Ebenen, die an diesem Prozess beteiligt sind. Die Ergebnisse der Rheinland-Kita-Studie sind für uns als Landesjugendamt eine wertvolle Quelle, um diesem Anspruch gerecht zu werden“, so Astrid Natus-Can, Vorsitzende des LVR-Landesjugendhilfeausschusses.
Warum viele Kitas ausschließlich Kinder ohne Behinderung aufnehmen
Zu den zentralen Erkenntnissen der Studie gehört, dass 58 Prozent der befragten Einrichtungen Kinder mit Behinderung betreuen. 42 Prozent nehmen ausschließlich Kinder ohne Behinderung auf. Gefragt nach den Gründen gaben sie an, bislang keine Anfragen erhalten zu haben. Aber auch fehlende räumliche und personelle Ressourcen sowie zu wenig heilpädagogische Expertise im Team gehörten zu den oft genannten Gründen. Bedenken im Team und der Elternschaft sowie die Befürchtung, dass Nachteile für andere Kinder entstehen könnten, nannten die befragten Kita-Leitungen am seltensten.
Unterschiedliche Bereitschaft, Kinder mit Behinderung aufzunehmen
Allerdings war die Bereitschaft, Kinder mit Behinderung aufzunehmen bei den Kita-Leitungen die bislang keine Kinder mit Einschränkungen aufgenommen haben unterschiedlich ausgeprägt. Die größten Vorbehalte bestehen der Studie zufolge gegen die Aufnahme von Kindern mit geistiger Behinderung (30 Prozent), Körper- (33 Prozent) sowie Mehrfachbehinderung (58 Prozent). Ein Großteil der Führungskräfte sieht jedoch keine Probleme bei der Aufnahme von Kindern mit einer Sprach- oder Sinnesbehinderung (Sprache: 1 Prozent, Hören: 7,5 Prozent, Sehen: 18 Prozent), Entwicklungsverzögerung (1 Prozent), chronischer Krankheit (6 Prozent) oder Verhaltensstörung (7,5 Prozent).
Pädagogische Konzepte nicht überall inklusiv
Überraschend für das Team um Projektleiter Prof. Dr. Rüdiger Kißgen von der Universität Siegen: Bei immerhin jeder fünften Kita, die Kinder mit Behinderung betreut, hat das pädagogische Konzept der Einrichtung keinen Bezug zum Thema Inklusion. Bei Kitas, die keine Kinder mit Einschränkungen betreuen, fehlt ein solches Konzept sogar bei jeder zweiten Einrichtung.
„In diesem Ergebnis sehen wir einen starken Beratungsauftrag an das LVR-Landesjugendamt und gleichzeitig ganz konkrete Möglichkeiten, diese Situation im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Betriebserlaubnis zu verbessern. Wir werden künftig alle neuen Einrichtungen und mittelfristig auch alle bestehenden Einrichtungen dazu auffordern, ein inklusives Konzept zu entwickeln“, so LVR-Jugenddezernent Lorenz Bahr.
Welche Verbesserungen sind nötig?
Expertinnen und Experten aus Jugendämtern sowie von Kita-Trägern und Fachberatungen wiesen in den geführten Interviews auf die Notwendigkeit hin, die Arbeitsbedingungen des Kita-Personals zu verbessern, eine inklusive Kita-Grundausstattung zu schaffen und ausreichend Geld für die Umsetzung von Inklusion bereitzustellen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den rheinischen Kindertageseinrichtungen sowie Eltern von Kindern mit Behinderung betonten, dass kleinere Gruppengrößen und mehr Räume benötigt würden. Auch wünschten diese befragten Gruppen sich mehr Geld und Zeit, um zum Beispiel die Elternarbeit zu verbessern. Fachliche Unterstützung beim Umgang mit Kindern mit Behinderung sowie Therapie vor Ort in der Kita waren weitere gewünschte Verbesserungen.
„Das Feedback der verschiedenen Expertengruppen ist für uns extrem wichtig. So können wir gezielt beispielsweise unser Fortbildungsangebot für Fach- und Führungskräfte aus den Kitas im Rheinland erweitern oder Einrichtungen zu möglichen Kooperationen mit Frühförderzentren, therapeutischen Praxen und anderen Kindertageseinrichtungen beraten, um therapeutische Angebote auch in der ‚Kita um die Ecke‘ zu etablieren“, so Lorenz Bahr.
Über den LVR
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 19.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, drei Heilpädagogischen Netzen, vier Jugendhilfeeinrichtungen und dem Landesjugendamt erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. „Qualität für Menschen“ ist sein Leitgedanke.
Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.
Quelle: Landschaftsverbandes Rheinland vom 07.05.2019
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