Kindertagesbetreuung

2100 mehr Männer in Kitas in nur einem Jahr

In deutschen Kitas arbeiteten 2012 mehr als 16.700 männliche Fachkräfte, Praktikanten, Zivildienstleistende, FSJler und ABM-Kräfte im pädagogischen Bereich von Kindertageseinrichtungen (reine Schulhorte ausgenommen). Tendenz steigend.

27.03.2013

Im Jahr zuvor waren es nur knapp 14.600. Diese Zahlen hat heute die in Berlin ansässige Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ veröffentlicht. Gemeinsam mit den ESF-Modellprojekten „MEHR Männer in Kitas“ ruft sie heute zum Aktionstag auf. Koordinationsstelle und Modellprojekte sind Teile der Gesamtinitiative „Mehr Männer in Kitas“, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wird.
 
Die Koordinationsstelle beobachtet die Entwicklung des Männeranteils seit 2007 und stellt fest, dass der Anteil der in den Kitas arbeitenden Männer im letzten Jahr überdurchschnittlich auf 3,8 Prozent gestiegen ist. Der Spitzenreiter unter den Stadtkreisen mit hohem Männeranteil ist im Jahr 2012 das erste Mal Frankfurt am Main (11,3 %). Dicht darauf folgen Kiel (10,4 %), Hamburg (9,9 %), Flensburg (9,7 %) sowie Kassel (9,5 %) und Freiburg (9,2 %).
 
Berücksichtigt man nur die männlichen Fachkräfte (ohne Praktikanten, FSJler, etc.), lag der Anteil im Jahr 2012 bei 3,2%. Das ist eine Steigerung um 0,3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. In absoluten Zahlen waren dies 13.246 männliche Fachkräfte und damit 1.958 mehr als im Jahr 2011. Im Vergleich mit dem Jahr 2007 hat sich die nominale Anzahl männlicher Fachkräfte in Kitas sogar nahezu verdoppelt.
 
„Wir führen diese erstmals sehr deutliche Steigerung des Männeranteils gerade im letzten Jahr darauf zurück, dass der Ruf nach Männern in Kitas lauter geworden ist. Betreiber von Kitas, Erzieherinnen und Erzieher selbst, Eltern und Politiker/innen fordern immer deutlicher mehr männliche Fachkräfte. Männer in Kitas sind von öffentlichem Interesse“, so Jens Krabel, Mitarbeiter der Koordinationsstelle. Positiv auf die Steigerung des Anteils wirke sich auch aus, dass seit 2011 insgesamt 16 Modellprojekte mehr als 13 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds und vom Bundesfamilienministerium erhalten, um mehr männliche Fachkräfte für ihre Kitas zu gewinnen. Das habe die öffentliche Diskussion in den Städten und Landkreisen zusätzlich befördert.
 
Seit 2011 arbeiten bundesweit 1.300 Kitas intensiv daran, mehr Erzieher zu gewinnen. Es hat sich gezeigt, dass dabei verschiedene Hürden zu überwinden sind. Über ihre Erfahrungen berichten anlässlich des bundesweiten Aktionstags zwei Kita-Betreiber, die am ESF-Modellprogramm „MEHR Männer in Kitas“ teilnehmen.
 
So schildert beispielsweise Kathrin Janert vom Vorstand des Evangelischen Kitaverbands Berlin-Mitte-Nord, dass der Versuch, mehr Erzieher zu gewinnen, dazu geführt hat, dass nun alle männlichen Bewerber, die die formalen Kriterien erfüllen, auch zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Manche Männer schreckt der Erzieherberuf ab, weil sie nicht verdächtigt werden möchten, sie würden Kinder missbrauchen wollen. Deshalb entwickelt der Evangelische Kitaverband Berlin-Mitte-Nord ein „Gender-Konzept“ und ein „Schutzkonzept“, die evangelische Kitas zu einem sicheren Ort für Kinder machen sollen. Dies könne Männer vor ungerechtfertigten Beschuldigungen schützen.
 
Das Interesse von Männern aus anderen Berufsfeldern am Erzieherberuf ist besonders groß und steigt seit Beginn der Gesamtinitiative „Mehr Männer in Kitas“ kontinuierlich. In den vergangenen 27 Monaten hat die Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ mehr als 1600 Männer registriert, die sich an die Koordinationsstelle gewandt haben, weil sie sich beruflich umorientieren und Erzieher werden möchten. Als sogenannte Quereinsteiger gelten Männer, die aus einem anderen Beruf in den des Erziehers wechseln möchten. Ob als ehemaliger Koch, Schreiner, Soldat, Journalist oder aus einem anderen Beruf kommend, viele Männer, die heute Erzieher sind, haben über einen Quereinstieg in den Beruf gefunden.
 
Michael Cremers, ebenfalls Mitarbeiter der Koordinationsstelle, erklärt das so: „Stereotype Geschlechtervorstellungen im Jugendalter verhindern oft noch, dass junge Männer bei der Berufswahl ihren Fähigkeiten und Interessen folgen. Wenn sie älter sind, tragen beispielsweise positive Erfahrungen mit eigenen Kindern, aber auch die Unabhängigkeit von den Ratschlägen der Eltern oder des ‚Gleichaltrigen-Umfeldes‘ dazu bei, dass Männer sich umorientieren.“
 
Das Interesse am Quereinstieg ist auch vor Ort groß. Deswegen berät z.B. die Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen (BAGE e.V.) in Berlin zweimal wöchentlich Männer, die sich für den Beruf des Erziehers interessieren. „Ursprünglich war dieses Beratungsangebot gedacht für Fragen rund um das Thema ‚Männer in Kinderläden‘. Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass fast ausschließlich Männer anrufen, die sich für einen Quereinstieg in den Erzieherberuf interessieren. Immer häufiger wünschen sich Leute auch eine persönliche Beratung, die wir dann nach Vereinbarung einrichten.“ beschreibt Hilke Falkenhagen, Mitarbeiterin bei der BAGE e.V., die Situation.
 
Um auf das Thema „Männer in Kitas“ aufmerksam zu machen, findet heute ein bundesweiter Aktionstag statt. An 30 verschiedenen Orten in Deutschland werden Kinder, Eltern, Erzieher/innen und Politiker/innen Luftballons steigen lassen. Sie sollen die gewünschte Steigerung des Männeranteils in Kitas symbolisieren.
 
Heute Abend lädt die Koordinationsstelle gemeinsam mit den beiden Berliner ESF-Modellprojekten zu einer Vernissage ein. „Männer in Kitas – Die Gesichter hinter den Zahlen“ – so lautet der Titel einer Foto-Ausstellung mit großformatigen Portraitaufnahmen von 11 Erziehern und einer Erzieherin aus verschiedenen deutschen Städten.
 
Eine interaktive Karte mit dem Männeranteil in den Bundesländern und auf Ebene der Landkreise finden Sie auf der Website der Koordinationsstelle „Männer in Kitas“. Dort finden Sie auch eine Einordnung der Zahlen, Tendenzen und weitere Hintergrundinformationen.
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Quelle: Katholische Hochschule für Sozialwesen, Koordinationsstelle Männer in Kitas

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