Kindertagesbetreuung

DStGB: Praktikable Übergangslösungen für mehr Betreuungsplätze nötig

Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) fordern Bund und Länder auf, praktikable Lösungen für eine Übergangszeit zu unterstützen bis der Betreuungsbedarf voll gedeckt werden kann. Außerdem veröffentlichten sie die Ergebnisse von zwei Rechtsgutachten zu möglichen rechtlichen Folgen im Falle fehlender Plätze.

15.01.2013

Die Städte und Gemeinden haben beim Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige bereits große Fortschritte erzielt, so der Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB). Zwischen Frühjahr 2006 und 2012 sei die Zahl der betreuten Kinder in Kindertagesstätten und in der Tagespflege um mehr als 270.000 auf fast 560.000 gestiegen. Trotz dieses starken Engagements sei aber damit zu rechnen, dass insbesondere in großen Städten mit sehr hohem Betreuungsbedarf von 40 bis 50 Prozent und mehr der Rechtsanspruch zum 1. August 2013 nicht überall voll erfüllt werden kann.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Dr. Stephan Articus, sagte: „Seit 2006 hat sich die Anzahl der Betreuungsplätze in Kindertagesstätten und in der Tagespflege fast verdoppelt. In den nächsten Monaten werden die Kommunen weiter alles tun, um möglichst viele zusätzliche Plätze zu schaffen und möglichst viele Familien zufrieden zu stellen. Dazu kümmern sich viele Städte um pragmatische, flexible Lösungen. Wo das am Ende nicht reicht, weil Plätze fehlen, müssen wir mit Klagen und finanziellen Forderungen nach Schadenersatz rechnen. Die Gutachten zeigen, dass nicht jede Klage Aussicht auf Erfolg haben wird. So müssen Eltern zum Beispiel Tagespflegeangebote als Alternative zum Kitaplatz akzeptieren, ihren Bedarf frühzeitig anmelden, und sie können nicht auf einem Platz in einer bestimmten Einrichtung bestehen.“

Schadenersatzklagen auch Sache von Bund und Ländern

Dennoch seien Bund und Länder gefordert, die Bemühungen der Kommunen um praktikable Lösungen für eine Übergangszeit zu unterstützen und so die Zahl der Plätze zu erhöhen und die Zahl der Klagen gering zu halten. „Wenn Städte zu Schadenersatz verurteilt werden, sehen wir vor allem die Länder, aber auch den Bund gefordert, sich an solchen Kosten zu beteiligen. Denn sie sind Urheber des Rechtsanspruchs und tragen eine politische Mitverantwortung, solange der Anspruch noch nicht voll erfüllt ist“, so Articus.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, erklärte: „Ein Gutachten kommt klar zu dem Ergebnis, dass Bund und Länder bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs zum 1. August 2013 in der politischen Verantwortung stehen. Bund und Länder sind gefordert, alles zu unternehmen, damit der Rechtsanspruch möglichst weitgehend erfüllt werden kann und die Kommunen nicht mit Schadenersatzansprüchen überzogen werden. Besonders die Länder sind gefordert, ihren verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen nachzukommen. Bund und Länder haben den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zum 1. August 2013 gemeinsam beschlossen, deshalb haben sie jetzt auch die Pflicht, gemeinsam mit den Kommunen die Umsetzung zu organisieren. Wir warnen vor einem Schwarzen-Peter-Spiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Das nützt weder den Eltern, noch den Kommunen und trägt auch nicht zu einer besseren Betreuung bei.“ Landsberg forderte erneut die Wirtschaft auf, sich im Interesse ihrer Fachkräfte noch stärker beim Ausbau von Betriebskindergärten oder auch bei der Anstellung von Tagesmüttern zu engagieren.

Die beiden Rechtsgutachten im Auftrag des Deutschen Städtetages beziehungsweise im Auftrag des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in Zusammenarbeit mit der Freiherr vom Stein-Akademie beschreiben den Inhalt des Rechtsanspruches und stellen dar, welche Ansprüche gegebenenfalls auf Städte und Gemeinden zukommen könnten, wenn sie den Rechtsanspruch nicht vollständig umsetzen werden können.

Einige wesentliche Aussagen der Gutachten

  • Der Rechtsanspruch kann sich (nur) auf vorhandene Angebote beziehen. Die Kommune ist zwar grundsätzlich verpflichtet, den Eltern eine ihrem Wunsch entsprechende Betreuungsform zu vermitteln. Ist dieser Platz allerdings nicht verfügbar, so muss diesem Wunsch auch nicht entsprochen werden.
  • Der Rechtsanspruch richtet sich auf einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Beide Betreuungsformen werden als gleichwertig und gleich geeignet betrachtet.
  • Eltern sollten den Bedarf für eine Betreuung ihrer Kinder unter drei Jahren so frühzeitig wie möglich anmelden. Das ergibt sich für die Erziehungsberechtigten aus ihrer Pflicht zur Schadensminderung. Für eine Übergangszeit wird den öffentlichen Trägern zugestanden, dass sie mindestens drei Monate Zeit haben müssen, Betreuung bereitzustellen.
  • Wenn Eltern ein Schaden entsteht, weil ein benötigter Betreuungsplatz für unter Dreijährige fehlt, müssen Kommunen mit finanziellen Forderungen auf Schadenersatz rechnen. Allerdings sind diese Ansprüche nicht grenzenlos, zum Beispiel kann es um Eltern gehen, die eine Arbeit aufnehmen wollen und deshalb einen Betreuungsplatz brauchen.
  • Kosten für eine selbst beschaffte adäquate Betreuung können ebenfalls nur unter bestimmten Voraussetzungen ersetzt werden. Dafür müssen Eltern den Betreuungsbedarf rechtzeitig mitgeteilt haben und die Bedarfsdeckung muss unaufschiebbar sein. Zudem sind die betroffenen Eltern verpflichtet, die Kosten zu begrenzen und wirtschaftlich zu handeln. Bestimmte Beträge sind bei der Erstattung abzuziehen. Dazu gehören die sonst fällig werdenden Elternbeiträge und auch das Betreuungsgeld.

Bund und Länder in der Mitverantwortung für Übergangslösungen

Städtetag und Gemeindebund sehen Bund und Länder als Urheber des Rechtsanspruchs in der Mitverantwortung, geeignete Übergangslösungen bis zur vollen Deckung des Betreuungsbedarfs zu suchen. Die Kommunen müssen unbürokratischer agieren können, um für möglichst viele Eltern mit unter dreijährigen Kindern möglichst schnell weitere Betreuungsangebote oder konkrete Hilfen anbieten zu können.

Die Städte und Gemeinden selbst haben bereits aktiv damit begonnen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um zusätzliche Plätze bereitzustellen, zum Beispiel, indem sie Plätze teilen, Betriebs-Kitas fördern und die Tagespflege ausweiten. Der Deutsche Städtetag hat ein Kompendium mit innovativen Ideen und Konzepten zusammengestellt, die bei der Einbindung lokaler Partner wie zum Beispiel den Arbeitgebern vor Ort, beim Ausbau und der Verbesserung der Tagespflege-Angebote und der besseren Nutzung der vorhandenen Plätze in Kindertageseinrichtungen helfen können. So werden zum Beispiel Kindertagespflege-Angebote erweitert und optimiert, indem Städte Großtagespflege für bis zu neun Kinder mit ausgebildeten Tagespflegepersonen organisieren und Außenflächen gemeinsam mit Kindertages-stätten nutzen. Oder es werden neue Betreuungsplätze durch eine öffentlich-private Partnerschaft geschaffen, bei der Unternehmen einen Teil der Investitionskosten übernehmen.

An Bund und Länder richten die Kommunen vor allem diese Vorschläge

  • Um den Bau von Kindertagesstätten zu beschleunigen, sollte das Vergaberecht in diesem Bereich übergangsweise gelockert werden, ähnlich wie dies bei den Konjunkturpaketen bereits der Fall war.
  • In den Ländern sollten Standards für Kitas überprüft und möglichst so flexibel angewendet werden, dass der Ausbau der Betreuung gefördert wird. Flexible Lösungen müssen dabei immer auch mit dem Kindeswohl und der Sicherheit zu vereinbaren sein.
  • Ein besonderes Problem beim Ausbau der Kindertagesbetreuung stellt in vielen Kommunen der Fachkräftemangel dar. Da die Ausbildung und Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern in ausreichender Zahl Angelegenheit der Länder ist, müssen diese ihre Anstrengungen verstärken, mehr Fachkräfte zu gewinnen. Die Länder sollten ausländische Berufsab-schlüsse von Erziehern/-innen leichter anerkennen und dafür Qualifizierungsangebote anbieten. Der berufliche Quereinstieg muss erleichtert und gefördert werden.

Quelle: Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. vom 15.01.2013

Redaktion: Kerstin Boller

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