Kindertagesbetreuung

Damit die Integration schon in der Kita gelingt

Mit einer speziellen Fortbildung macht das Sozialunternehmen Papilio Erzieher fit für den Umgang mit geflüchteten Kindern. Eine zweitägige Pilotschulung Ende November wie auch die Umsetzung in den Kitas wurde und wird wissenschaftlich begleitet.

28.11.2016

Manchmal kann schon das Zuschlagen einer Tür Panik auslösen, ein lautes Wort ein erlittenes Trauma aufreißen. Bei der pädagogischen Arbeit mit geflüchteten Kindern sind oft Kleinigkeiten entscheidend. Details, für die die Fachkräfte in den Kitas  erst sensibilisiert werden müssen. Angesichts der anhaltenden Herausforderungen bei der Integration Geflüchteter hat das Sozialunternehmen Papilio in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Berlin nun ein spezielles Fortbildungsangebot entwickelt, das genau darauf abzielt: Wie können wir geflüchtete Kinder in unseren Kitas optimal integrieren? In Augsburg fand nun erstmals eine Schulung statt, an der zwölf Erzieherinnen aus acht Kitas teilgenommen haben.

Die Aufgabe für Deutschlands Kitas ist enorm: Mehr als 200.000 minderjährige Flüchtlinge werden nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge allein bis Ende des Jahres nach Deutschland kommen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnet mit 100.000 geflüchteten Kindern im Vorschulalter. Doch sind die Fachkräfte in den Kitas darauf vorbereitet? Cornelia Emmert erlebt die Auswirkungen des Flüchtlingsstroms jeden Tag, als Leiterin einer Kindertagesstätte in Adelsried bei Augsburg. Unter den 17 Kindern, die sie in ihrer Gruppe betreut, sind drei aus Flüchtlingsfamilien. Sie stammen aus Syrien und Libyen. Sie haben in ihren jungen Jahren vermutlich schon unvorstellbares Leid erlebt, sind oft schüchtern und zurückhaltend oder leiden vielleicht sogar unter Traumata.

Geschützter Rahmen für traumatisierte Kinder

„Für uns ist das im Kita-Alltag eine enorme Herausforderung“, erzählt Cornelia Emmert. Den Kindern mit den schrecklichen Fluchterfahrungen einen geschützten Rahmen geben, kulturelle und sprachliche Barrieren im Kontakt mit den Eltern überwinden – und das alles zusätzlich zur alltäglichen Bildungs- und Erziehungsarbeit. „Darauf sind wir einfach nicht vorbereitet“, so die Erzieherin. Die Erzieherin ist dankbar für das Angebot des Augsburger Sozialunternehmens Papilio. Gemeinsam mit elf weiteren Erzieherinnen, die vorwiegend aus der Modellregion Augsburg stammen, hat sie an der ersten Fortbildung im Rahmen des neu entwickelten Integrationsmoduls teilgenommen.

Seit vielen Jahren ist Papilio bekannt für sein Präventionsprogramm, mit dem der Entwicklung von Sucht und Gewalt bereits im Kindergartenalter vorgebeugt wird. Die Kinder lernen dabei spielerisch soziale Regeln und den Umgang miteinander und sie erfahren, wie man Konflikte gewaltfrei löst. Nun wurde durch die Förderung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forum für Kriminalprävention (DFK) das Modellprojekt „Papilio Integration“ umgesetzt, indem gemeinsam mit Professor Dr. Herbert Scheithauer von der Freien Universität Berlin ein ergänzendes Fortbildungsangebot entwickelt wurde. Es soll dazu dienen, die Kompetenzen des Fachpersonals ins Kitas im Hinblick auf die pädagogische Arbeit mit geflüchteten Kindern zu erweitern. Experten lieferten wertvolle EinblickeBei der Entwicklung des Konzept stützte man sich auf die Erfahrungen von Experten aus unterschiedlichen Bereichen: von Menschen, die mit traumatisierten Kindern arbeiten oder in Einrichtungen tätig sind, für die der Umgang mit Kindern aus Flüchtlingsfamilien zum Alltag gehört.

„Die Experten haben uns berichtet, dass die meisten Fachkräfte in den Kitas intuitiv bereits vieles richtig machten“, erzählt Katharina Hepke, bei Papilio zuständig für die Koordination des Integrationsmoduls. Ihnen fehle jedoch häufig die nötige Sicherheit, ihre Fähigkeiten im Alltag richtig umzusetzen. Genau hier will Papilio mit der neuen Fortbildung anknüpfen. Das Konzept basiert im Wesentlichen auf drei Säulen: Es fördert die interkulturelle Kompetenz der Erzieher, verbessert den pädagogischen Umgang mit geflüchteten Kindern und eröffnet eine gelungene Erziehungspartnerschaft mit den Eltern.

In der zweitägigen Pilotschulung Ende November in Augsburg wurde den Erzieherinnen zunächst Wissen rund um das Thema Flucht vermittelt. Sie wurden für die Unterschiede auch im Erziehungsverhalten sensibilisiert. So gibt es z.B. Kulturen, in denen viel weniger offen mit Gefühlen umgegangen wird. Zudem lieferte die Fortbildung wichtige Impulse, um in der Erzieher-Kind-Interaktion besser auf mögliche Traumata der geflüchteten Kinder einzugehen. Thema war auch die Frage, wie andere Kinder in der Gruppe helfen können, eine sichere Umgebung und Willkommensatmosphäre für ihre neuen Freunde zu schaffen. Cornelia Emmert aus der Kita in Adelsried glaubt, dass ihr diese im Kita-Alltag gut helfen werden: „Ich fühle mich nun gestärkt und sicherer im Umgang mit den geflüchteten Kindern und ihren Eltern.“

Ebenso wie diese erste Fortbildung wird nun auch die Umsetzung in den Kitas wissenschaftlich begleitet, um das Integrationsmodul von Papilio gegebenenfalls weiter an die Bedürfnisse der Praxis anzupassen. „Erst eine genauere Evaluationsstudie wird uns zeigen, ob und wie sich anfängliche positive Wirkungen des Fortbildungsangebotes auch nachhaltig in der Arbeit der Erzieherinnen im Umgang mit Flüchtlingskinder nachweisen lassen“, so Professor Dr. Scheithauer von der Freien Universität Berlin. Auf dieser Basis soll die Fortbildung weiterentwickelt werden. Ab Februar 2017 können sich interessierte Fachkräfte oder Einrichtungen auch außerhalb der Modellregion Augsburg für die Schulung anmelden.

Quelle: Papilio e.V.

Redaktion: Heidi Scheer

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