Jugendsozialarbeit

Hartz-IV: Statt Sanktionen brauchen junge Menschen mehr Beratung und Ermutigung

Bestimmte Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten bei Bezug von Arbeitslosengeld II sind verfassungswidrig. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V. begrüßt diese Entscheidung des Bundesverfassungsberichts, sieht den Gesetzgeber aber in der Pflicht, endlich die verschärften Sanktionsregelungen für junge Menschen unter 25 zu ändern.

06.11.2019

Sanktionen von mehr als 30 Prozent des Regelsatzes sind verfassungswidrig. Totalsanktionen dürfen künftig nicht mehr verhängt werden. Kosten der Unterkunft und Heizung oder Beiträge zur Krankenkasse und Pflegeversicherung zu streichen, ist laut dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V. begrüßt die Entscheidung des BVerfG, sieht den Gesetzgeber aber in der Pflicht, endlich die verschärften Sanktionsregelungen für junge Menschen unter 25 zu ändern.

Hohe Sanktionen bei jungen Menschen

Der Gesetzgeber hat die Sanktionsregeln für unter 25-Jährige (U25) strenger ausgestaltet als bei Älteren. „Besonders betroffen sind Jugendliche, deren Lebensweg noch nicht gefestigt ist“, sagt Lisi Maier, Vorsitzende der BAG KJS. Hartz-IV-Empfänger/-innen U25 werden schon ab dem ersten Regelverstoß Leistungen gestrichen. Sanktionen im SGB II sollen als Druckmittel bewirken, dass Leistungsbezieher/-innen ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen und sich um eine Arbeitsaufnahme bemühen. Für U25 gilt bislang, dass bereits die zweite Pflichtverletzung zum vollständigen Wegfall der Leistung – auch der Kosten für Unterkunft und Heizung – führen kann.

Weiterhin Ungleichbehandlung für U25

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher/-innen befasst. Es hatte zu entscheiden, ob die Sanktionen gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, gegen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verstoßen.

Die nun verkündete Entscheidung greift aus Sicht der BAG KJS zu kurz, ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Hätte das BVerfG die Hartz-IV-Sanktionen grundsätzlich für verfassungswidrig erklärt, wären auch die verschärften Regeln für Jugendliche außer Kraft gesetzt worden. Aber soweit hat sich das Gericht nicht vorgewagt. Das BVerfG hat der Bundesregierung „Hausaufgaben“ erteilt. „Mit den systemimmanenten Nachbesserungen werden junge Menschen immer noch besonders bestraft. Diese Ungleichbehandlung muss ein Ende haben. Die verschärften Sanktionsregeln für U25 sind grundsätzlich abzuschaffen“, fordert Maier.

Junge Menschen brauchen mehr Beratung und Ermutigung

Auch wenn jungen Menschen nach der heutigen Gerichtsentscheidung bei Leistungskürzungen nicht mehr unmittelbare Obdachlosigkeit droht, so bleiben große Herausforderungen bestehen. „Statt Sanktionen brauchen die jungen Menschen stärkere persönliche Beratung und Ermutigung“, stellt Maier klar.

Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V. vom 05.11.2019

Redaktion: Kerstin Boller

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