Jugendsozialarbeit

Ein Filmtipp: Wut im Bauch - Jugend auf der schiefen Bahn

Hinter der Kleinstadtfassade machen jugendliche Straftäter Rendsburg zu einer der kriminellsten Städte Deutschlands. Eine Parallelwelt, die den Problemvierteln Hamburgs oder Frankfurts in nichts nachsteht. Die Reportage begleitet eine Streetworkerin bei ihrer Sisyphusarbeit.

19.05.2014

"Kopf hoch, du musst durchhalten, wir stehen hinter dir, Bruder!" Alltag für die Jungs, wieder einmal fährt einer von ihnen ein. Zweieinhalb Jahre Haft für Onur wegen bandenmäßigen Einbruchs. Monatelang hat die Polizei sie überwacht, Abhör-Wanzen im Auto, Festnahme mit Sondereinsatzkommando. Jetzt schließen sich die Türen der JVA - und für die, die draußen bleiben, geht's weiter: Das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, die Straftaten, die Gerichtstermine. Und die Besuche bei Streetworkerin Andrea im Jugend-Service-Büro, der letzten Anlaufstelle für Rendsburgs Problemfälle, wenn sie alleine nicht mehr weiterwissen.

300 Jugendliche zwischen 18 und 27 gehen hier jährlich ein und aus. Ärger mit Behörden, Vorladungen, Haftbefehle - hier können sie offen reden, denn Verschwiegenheit ist oberste Regel. Die Gespräche mit Andrea sind für viele der einzige Weg, nicht auf der schiefen Bahn zu landen. Oder wieder von ihr runterzukommen. So wie Wanni, die erste Intensivtäterin Rendsburgs. Seit ein paar Wochen geht die 20-Jährige wieder zur Schule, den Abschluss nachholen, Ordnung ins verquere Leben bringen. Sie will die Vergangenheit hinter sich lassen: keinen Ärger mehr mit der Polizei, keine Schlägereien, nicht in den Knast. Ein Ende der Wut. Ob sie das schafft?

Ohne Andrea würde Wanni nicht wieder zur Schule gehen. "Es geht nicht darum zu urteilen, das sollen andere machen. Ich versuche, das Positive herauszupicken und zu stärken, damit die jungen Menschen sich ihre Zukunft nicht völlig verbauen. Schlichten statt Schlagen", sagt die Streetworkerin. Auch für Steve ist dieses das oberste Ziel. Immer wieder gerät der 20-Jährige mit der Polizei aneinander, so wie auf dem Rendsburger Herbst, dem größten Volksfest der Region. Es kommt zu einer Schlägerei. Steves Widersacher landet im Krankenhaus. Die Stimmung immer noch hitzig. Die Beteiligten beruhigen, zwischen den Fronten vermitteln, auch das gehört zu Andreas Aufgaben. Mit ein paar Freiwilligen und Ein-Euro-Jobbern patrouilliert die Streetworkerin auf Großveranstaltungen, denn niemandem vertrauen die Jugendlichen so wie ihr. Freundin, Mutterersatz, Vertraute - für viele ist sie die letzte Verbindung zur bürgerlichen Welt.

Streetworkerin Andrea arbeitet zwischen den Welten: Regeln und Gesetze auf der einen Seite, die Generation Wut auf der anderen. Beides in einer Region, die auf den ersten Blick verschlafen und harmlos erscheint.

Sendetermin: Donnerstag, 22. Mai 2014, 0.35 - 1.05 Uhr, WDR Fernsehen Mitschnitt für Schule und Weiterbildung, Videotext für Hörgeschädigte

Quelle: WDR

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