Jugendsozialarbeit
BaWü: Expertenrat legt Empfehlungen zur schulischen Bildung von jungen Menschen mit Behinderung vor
Kultusminister Helmut Rau MdL hat heute die Empfehlungen des Expertenrats "Schulische Bildung von jungen Menschen mit Behinderung" vorgestellt.
18.02.2010
Der 19-köpfige Expertenrat hat sich mit der Frage nach der bestmöglichen Beratung, Unterstützung und Bildung von jungen Menschen mit Behinderungen, Beeinträchtigungen, Benachteiligungen oder chronischen Erkrankungen beschäftigt. Er empfiehlt auf den Einzelfall bezogene, passgenaue Lösungen zu entwickeln und rät von Patentlösungen ab. Nach Auffassung des Expertenrates sind für eine erfolgreiche schulische Bildung von jungen Menschen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot unterschiedliche Wege des gemeinsamen Unterrichts, der sich an einem gemeinsamen Bildungsplan (zielgleich) oder verschiedenen Bildungsplänen (zieldifferent) orientiert, vorstellbar.
„In den nächsten Wochen werden wir die politische Bewertung der Empfehlungen vorzunehmen haben. Ich könnte mir durchaus vorstellen, erste Umsetzungsschritte im Rahmen eines Stufenplans schon zum kommenden Schuljahr zu gehen. Am Ende dieses Stufenplans muss aus meiner Sicht eine Schulgesetzänderung stehen“, sagte Rau. Den Mitgliedern des Expertenrats dankte der Minister für ihre engagierte Arbeit. „Das Gremium hat seinen Auftrag sehr verantwortungsbewusst angenommen und konstruktiv zu grundlegenden Fragestellungen gearbeitet.“
Nach den Empfehlungen des Gremiums soll die Sonderschulpflicht entfallen. In Zukunft soll diese in eine Pflicht zum Besuch einer allgemein bildenden Schule in der Primar- und Sekundarstufe sowie eine Pflicht zum Besuch einer Beruflichen Schule aufgehen. Bildungswegekonferenzen, in denen Experten des Schulbereichs zusammen mit den Eltern und mit Partnern der Behinderten- und der Jugendhilfe die besten Lösungen für das Kind beraten, erarbeiten einzelfallbezogene Schulangebote. Die Eltern sollen dann für ihr Kind ein qualifiziertes Wahlrecht zwischen gemeinsam erarbeiteten Alternativen haben. Die Schulverwaltung soll nach den Empfehlungen des Expertenrates das Entscheidungsergebnis der Eltern grundsätzlich übernehmen, es sei denn, die Eltern wollen trotz der Vorschläge der Bildungswegekonferenz eine Lösungsform, die nicht realisierbar ist, weil zwingende Gründe entgegenstehen. Sonderschulen sollen sich zu sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren für jeweils unterschiedliche Förderschwerpunkte in einer Region weiterentwickeln und ihre Unterstützungs- und Bildungsangebote stärker als bisher in die allgemeinen Schulen verlagern. Sie sollen entsprechend benannt werden und weiterhin eigenständige schulische Bildungsangebote vorhalten. Ein Ansprechpartnersystem in den allgemeinen Schulen soll aufgebaut sowie das Netzwerk zwischen allgemeinen Schulen und den sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren verdichtet werden.
Der Expertenrat, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, der Beratungsgremien des Kultusministeriums und Elternorganisationen, Fachverbänden sowie Entscheidungsträgern zusammensetzt, sprach sich für die Erprobung der mit den Empfehlungen in Verbindung stehenden Schritte der Weiterentwicklung aus, bevor eine Schulgesetzänderung diskutiert werde.
Minister Rau hatte am 4. Mai 2009 Leitgedanken zur Weiterentwicklung des Systems der schulischen Bildung von jungen Menschen mit Behinderung in die Diskussion gegeben und den Expertenrat berufen. Grund dafür waren die verschiedenen Entwicklungsleistungen der Schulen und ihrer Partner sowie die Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Die Mitglieder des Expertenrats haben sich mit Fragen der Ausgestaltung dieser Leitgedanken befasst und hierzu die oben ausgeführten Empfehlungen vorgelegt.
Die Empfehlungen des Expertenrats unter: www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/show/1263897/
Herausgeber: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg
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