Kinder- und Jugendschutz

Schutz von Kindern vor Missbrauch im Sport: UBSKM fordert sichtbares Engagement des Spitzensports

Bereits zum vierten Mal findet am 18. November 2018 der „Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch“ statt. Schwerpunkt der Initiative des Europarats ist in diesem Jahr das Thema „Schutz von Kindern vor Missbrauch im Sport“. Der Unabhängige Beauftrage für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) appelliert an die Spitzenverbände des deutschen Sports, Prävention im Vereinsleben stärker zu unterstützen.

15.11.2018

„Alle im Sport Aktiven müssen begreifen, dass es ihre Aufgabe ist, die ihnen anvertrauten Mädchen und Jungen zu schützen. Nur so können Eltern ihre Kinder mit ruhigem Gewissen zum Sport schicken und Mädchen und Jungen von den tollen Möglichkeiten des Sports profitieren,“ sagt Johannes-Wilhelm Rörig, der Unabhängige Beauftrage für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung. Er forderte am 15.11.2018 die Spitzenverbände des deutschen Sports auf, die Vereine stärker dabei zu unterstützen, verbindliche Regeln zum Schutz vor sexueller Gewalt im Sport zu etablieren: „In Deutschland sind über sieben Millionen Kinder und Jugendliche in Sportvereinen aktiv. Alle Vereine müssen ein Interesse haben, die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu schützen und nicht zum Tatort sexueller Gewalt zu werden. Prävention muss höchste Priorität haben.“

Mehr als sieben Millionen Kinder und Jugendliche in Sportvereinen

Rörig verwies auf die Studie „Safe Sport“ der Sporthochschule Köln (2017): Ein Drittel der befragten Spitzensportlerinnen und -sportler seien demnach bereits sexualisierter Gewalt im Sport ausgesetzt gewesen, darunter jede/r Neunte schwerer sexualisierter Gewalt. Nur die Hälfte der befragten Vereine gab an, dass Prävention für sie ein relevantes Thema sei.

„Das sind bedrückende Zahlen“, so Rörig. „Nirgends außerhalb der Schule sind so viele Minderjährige Erwachsenen anvertraut wie im Sport. Das bringt eine enorme Verantwortung mit sich, zumal die ausgeprägten Vertrauens- und Nähe-, aber auch Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den jungen Sportlerinnen und Sportlern und den Trainerinnen und Trainern leicht ausgenutzt werden können. Alle im Sport Aktiven müssen achtsam sein und mögliche Risiken sexueller Gewalt im Blick haben. Gleichzeitig müssen sie als vertrauensvolle Ansprechpersonen wissen, was zu tun ist, wenn sich ein Kind anvertraut oder ein Verdacht im Raum steht.“

Kinderschutz muss gelebter Vereinsalltag sein

Rörig bekräftigte seine Forderung, dass jeder der rund 90.000 Sportvereine umfassend in Prävention investieren müsse: „Kinderschutz muss gelebter Vereinsalltag sein. Das gibt Handlungssicherheit und schützt Hauptberufliche und Ehrenamtliche vor falschem Verdacht. Den jungen Sportlerinnen und Sportlern muss deutlich gemacht werden, dass sexuelle Übergriffe im Verein nicht toleriert werden. Sie müssen erfahren, dass ihre Hinweise und Beschwerden auf offene Ohren stoßen und wissen, an wen sie sich wenden können. Und: Gegenüber Tätern und Täterinnen darf es bei sexuellen Übergriffen kein Verständnis geben, auch dann nicht, wenn sie die Minderjährigen erfolgreich trainieren.“

Hierfür brauchen die Vereine mehr Unterstützung durch die Spitzenverbände, die Landessportbünde und den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Die aktuellen Beschlüsse der Deutschen Sportjugend (dsj) zeugen von einem deutlichen Engagement im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit im Sport und setzen ein klares Zeichen gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme, auch über den Sport hinaus. Nun gilt es, dafür nachhaltige Unterstützung durch die Akteure des Leistungs- und Profisports zu sichern.

Klare Zeichen der Verantwortungsübernahme

Wichtig sind feste und dauerhaft für den Kinderschutz verantwortliche Ansprechpersonen in den Vereinen und mehr Schulungen für Haupt- und Ehrenamtliche. Das Thema sexuelle Gewalt sollte außerdem verbindlich in die Lizenzausbildung aufgenommen werden. Bestehende Fortbildungsangebote der Landessportbünde in Kooperation mit Fachberatungsstellen sind ein wichtiger Schritt. „Eine Kultur der Achtsamkeit kann nur dort entstehen, wo Menschen entsprechend fortgebildet und sensibilisiert sind“, so Rörig, „das gibt es nicht zum Nulltarif.“

Rörig machte deutlich, dass er ein gesellschaftlich sichtbares Engagement für ein Aufwachsen frei von sexualisierter Gewalt von den Spitzensportverbänden vermisse: „Der Sport ist eine kraftvolle gesellschaftliche Stimme. Bis auf den Deutschen Tischtennisbund sind mir keine Spitzensportverbände bekannt, die sich mit prominenten Sportlerinnen und Sportlern öffentlich gegen sexualisierte Gewalt im Sport positionieren. Ein solches Signal könnte erheblich dazu beitragen, unsere Gesellschaft für die Gefahren der sexuellen Gewalt im Sport zu sensibilisieren.“

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Europäischer Tag zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt“

Der „Europäische Tag zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt“ ist eine Initiative des Europarates und findet seit 2015 jährlich am 18. November statt. Ziel ist es, das Problembewusstsein in den Mitgliedsstaaten zu schärfen, gegen alle Formen sexueller Gewalt an Kindern anzukämpfen und nationale wie europaweite Aktivitäten besser zu vernetzen und bekannt zu machen. Für den diesjährigen Themenschwerpunkt „Schutz von Kindern vor Missbrauch im Sport“ hat der Europarat einen Spot und zahlreiche Informationsmaterialien entwickelt, die von allen Ländern kostenfrei genutzt werden können. Weitere Informationen und die Materialien finden sich auf den Seiten des Europarats.

Die Deutsche Sportjugend stellt Informationen und Materialien zur Verfügung: www.dsj.de/praevention

Quelle: Unabhängiger Beauftrager für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 15.11.2018

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