Kinder- und Jugendschutz
Schleswig-Holstein: Veranstaltungsreihe gegen Sexuelle Gewalt in Institutionen gestartet
„..und plötzlich ist es Thema!“ unter diesem Motto steht das Fachgespräch, zu dem sich heute Fachleute der Kinder- und Jugendhilfe sowie Führungskräfte verschiedener Institutionen zum Thema „Sexuelle Gewalt in Institutionen“ treffen. Eingeladen zu dieser Veranstaltung haben das Sozialministerium gemeinsam mit dem Kinderschutzzentrum Kiel.
21.04.2010
KIEL. Sozialminister Dr. Heiner Garg und die Leiterin des Kinderschutz-Zentrums Kiel Irene Johns werden das Fachgespräch eröffnen, das den Auftakt zu einer landesweiten Reihe von Veranstaltungen zum Thema bildet.
Anlass des Fachgespräches sind die in der Öffentlichkeit intensiv diskutierten Fälle sexueller Gewalt in Internaten, Heimen, kirchlichen Einrichtungen oder anderen Institutionen. So hat sexueller Missbrauch von Schülern der Odenwald-Schule Schlagzeilen gemacht. Allein: Dass deren früherer Leiter Schüler sexuell missbraucht haben soll, wurde bereits im Jahr 1999 von der Frankfurter Rundschau berichtet - ohne dass diese Berichterstattung weitere Konsequenzen oder öffentliche Diskussionen nach sich gezogen hätten. Heute führt dasselbe, längst bekannte Thema, zu einer intensiven, öffentlich geführten Auseinandersetzung mit den Missbrauchsfällen. „"Wir thematisieren bereits seit 20 Jahren das Problem sexueller Gewalt in Institutionen, aber erst jetzt ist die Öffentlichkeit bereit, das Thema grundsätzlicher anzugehen"“, erklärt Irene Johns, Leiterin des Kinderschutz-Zentrums Kiel. Johns fragt, was seinerzeit eine Aufklärung und einen angemessene Umgang mit der Thematik verhindert habe, und welche Gründe dazu führen, dass es heute anders ist. Einen Grund hierfür sieht sie in der gestiegenen Sensibilität der Gesellschaft, die Opfer sexuellen Missbrauchs ernst zu nehmen und entsprechenden Vorwürfen nachzugehen. Zugleich mahnt Johns, dass es gelte, die „"Balance zwischen Generalverdacht und Scheuklappe"“ zu finden.
Minister Dr. Garg betont anlässlich des Fachgespräches: „"Entscheidend ist, dass jeder einzelne dazu beiträgt, Kinder zu schützen: Durch Hinsehen, Zuhören oder Ansprechen"“. Die Frage, wie Kinderschutz in Institutionen weiterentwickelt werden kann, wird weiteres zentrales Thema der Fachtagung. Träger von Jugendhilfeeinrichtungen - dazu gehören auch die Kindertageseinrichtungen - müssen beispielsweise im Rahmen der von ihnen vorzulegenden Konzeption Verfahren und Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen darlegen. Ein besonderer Schwerpunkt muss auf der Überprüfung von Aus- und Fortbildungen, aber auch den Zulassungsbedingungen für pädagogisch tätiges Personal liegen, so beteiligte Fachleute.
„Jugendliche sollen Missbrauch erkennen und klar benennen können, um Grenzüberschreitungen konsequent begegnen zu können. Im Fall eines vermuteten oder erwiesenen Übergriffes müssen klare Verfahren etabliert sein“, so Minister Garg. „Eltern, Erzieher, Einrichtungsleiter, Lehrer und Jugendliche sind aufgefordert, vor Ort zu klären: was muss sich in meiner Einrichtung verändern für einen besseren Schutz?“
Mögliche Ursachen und Wege zu mehr Handlungssicherheit benannte Frau Prof. Mechthild Wolf, Dozentin für erziehungswissenschaftliche Aspekte sozialer Arbeit und Dekanin an der Hochschule Landshut. Sie erklärt, dass gerade Berater, Therapeuten, Erzieher oder Lehrer durch ihren professionellen Umgang mit Kindern und Jugendlichen für Probleme der „Nähe-Distanz-Regulation“ prädestiniert sein können. Auch Faktoren wie Schichtdienste, bauliche Gegebenheiten oder das Tabuisieren von Sexualität könnten den sexuellen Missbrauch fördern. Der Kinderschutz müsse daher fester Bestandteil in den Leitbildern der Institutionen sein. Außerdem müssten klare Handlungsanweisungen und Ansprechpartner und -wege benannt werden, an denen sich Betroffene orientieren und an die sie sich wenden könnten. „Die Entwicklung von Leitlinien und Standardverfahren in Institutionen hat die Funktion, den professionellen Mitarbeitern Handlungssicherheit zu geben und die Kinder zu schützen“, so Prof. Dr. Wolff. Diese Thesen werden in der Podiumsdiskussion aufgegriffen, an der Alfred Bornhalm, der Leiter des Amtes für Familie und Soziales der Stadt Kiel, Dr. Silke Duda, Abteilungsleiterin in Sozialministerium, Landespastorin Petra Thobaben vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein, Irene Johns und Prof. Dr. Mechthild Wolff teilnehmen.
Das Fachgespräch wird ein erster Anstoß zum Thema sein. Nachfolgende Veranstaltungen, bei denen auch das Bildungs- und Justizministerium beteiligt sind, werden sich beispielsweise mit konkreten Präventions- oder Interventionsmöglichkeiten oder den rechtlichen Rahmenbedingungen befassen.
Mehr Informationen unter: http://jugendserver-sh.de/index.php?module=MediaAttach&func=download&fileid=2815
Herausgeber: Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein - Landesjugendamt
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