Kinder- und Jugendschutz

Rundfunk- und Telemedien-Prüffälle der KJM im vierten Quartal 2011

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat im vierten Quartal 2011 insgesamt 19 Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) festgestellt. Neun davon kommen aus dem Rundfunk-, zehn aus dem Telemedienbereich.

23.01.2012

Bei der Aufsicht über den Rundfunk arbeitet die KJM Hand in Hand mit den Landesmedienanstalten: Sie beobachten, prüfen und bewerten potenziell problematische Rundfunkangebote und leiten – bei Feststellen eines Anfangsverdachts auf einen Verstoß gegen den JMStV – der KJM die entsprechenden Prüffälle zur Entscheidung zu. Im Internetbereich unterstützen jugendschutz.net und die Landesmedienanstalten die KJM bei ihren Aufgaben: So treten jugendschutz.net oder auch die Landesmedienanstalten bei der Annahme von Verstößen vorab an die Anbieter heran und fordern, entsprechende Inhalte freiwillig herauszunehmen. Auf diese Weise können viele Internet-Fälle ohne aufwändiges Verfahren geklärt werden. Erst bei Nichtabhilfe oder in besonders schweren Fällen schreitet die KJM ein. Sowohl im Rundfunk- als auch im Telemedienbereich kann die KJM nur gegen Anbieter mit Sitz in Deutschland vorgehen. Indizierungen fallen in das Aufgabengebiet der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Die KJM ist in dem Zusammenhang einerseits für die Abgabe von Stellungnahmen zu Indizierungsanträgen im Bereich der Telemedien zuständig und kann andererseits selbst Indizierungsanträge stellen.

Rundfunk

Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige (Sendezeitgrenze 22 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgenden Fällen fest:

Bei der Wrestling-Sendung „TNA Impact“, die SKY auf Kanal Sport 2 im Tagesprogramm ohne Vorsperre ausstrahlte. Die für Wrestling typischen Gewaltszenen überstiegen qualitativ das Maß, das Zuschauern unter 16 Jahren zuzumuten sei, begründete die KJM. Sie problematisierte vor allem den martialischen Charakter der Kämpfe und die Angriffe mit Gegenständen (Schlagen mit Mikrofon, Würgen mit Kette), die eine hohe Alltagsnähe für Jugendliche aufweisen. Auch die – inszenierte – Darstellung von sozialen Beziehungen als Kampf, das Präsentieren von Gewaltanwendung als adäquates Mittel zur Konfliktlösung und den Anschein echter aggressiver Feindschaft bewertete die KJM als entwicklungsbeeinträchtigend für unter 16-Jährige.

Den Historienfilm „Wächter des Hades“ mit einer Freigabe der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ab 16 Jahren sendete Tele 5 bereits ab 20.15 Uhr. Das stellt einen Verstoß gegen die Zeitgrenzen des JMStV dar.

Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige (Sendezeitgrenze 20 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgenden Fällen fest:

Bei einer im Tagesprogramm von Pro Sieben ausgestrahlten – pseudowissenschaftlichen – Reportage mit dem Titel „Galileo Spezial – Vampire unter uns?“. Die Sendung erhielt durchweg den Mythos der möglichen Existenz von Vampiren aufrecht und stellte immer wieder den Bezug zu echten Menschen, die sich dem Vampirismus verschrieben haben und beispielsweise Blut trinken, her. Die gezeigten Bilder sind nicht selten an das Horrorgenre angelehnt. Aus Jugendschutzperspektive sind die entsprechenden Szenen des Beitrags für Kinder kaum zu verarbeiten, es ist eine nachhaltige Verunsicherung und Verängstigung von unter 12-Jährigen zu befürchten.

Auch die Sendung „Galileo Big Pictures“, die Pro Sieben anlässlich der Oscar-Verleihung 2011 im Tagesprogramm ausstrahlte, bewertete die KJM als entwicklungsbeeintächtigend für unter 12-Jährige. Gezeigt wurden „die 50 spektakulärsten“ Bilder aus berühmten Filmen – darunter beispielsweise Ausschnitte aus „Der Exorzist“, dem berühmten Horrorfilm aus dem Jahr 1973 mit der Altersfreigabe „FSK 16“. Die KJM entschied, dass der Rahmen der Sendung keine ausreichende Distanz schafft und die Gefahr besteht, dass jüngere Zuschauer durch die drastischen Szenen des Filmausschnitts beeinträchtigt werden.

Auch die Folge „Der Wurm“ der Mystery-Serie „Primeval – Die Rückkehr der Urzeitmonster“, die insbesondere für unter 12-Jährige ein hohes Bedrohungsszenario enthält, lief bei Pro Sieben im Tagesprogramm. Im Mittelpunkt der Serie steht eine Gruppe von fünf Wissenschaftlern, die unerklärlichen Phänomenen auf den Grund gehen wollen. Dabei finden sie heraus, dass Monster durch Zeitportale, so genannte „Anomalien“, in die Gegenwart eindringen, aber auch wieder verschwinden. In der betreffenden Folge wurden beispielsweise der bedrohliche Angriff eines Urzeitmonsters auf zwei spielende Kinder gezeigt, oder auch eine gewalttätige Szenerie, in der ein tödlicher Angriff des „Wurms“ gerade noch vereitelt wird. Aus Sicht der KJM gehen diese Szenen in ihrer Drastik und ihrem ängstigenden Wirkungspotenzial über das hinaus, was Kindern unter 12 Jahren zugemutet werden kann.

Mit der Programmierung eines Werbespots für „Die Krake“, eine Achterbahn im Heidepark Soltau, verstießen vier Sender gegen die Bestimmungen des JMStV. RTL, Sat 1, Pro Sieben und Kabel 1 zeigten den Spot, der sowohl in Bezug auf die düstere Ästhetik und als auch auf die Tonebene an Horror- oder Splatterfilme erinnert, im Tagesprogramm. Der 20-Sekünder bewirbt eine neue Achterbahn mit dem Namen „Krake“: Ein junger Mann rast darin, mit angstverzerrtem Gesicht und umgeben von Passagieren mit Monsterfratzen, auf den mit scharfen Zähnen besetzten „Schlund“ der Bahn zu. Die KJM entschied, dass der Spot für jüngere Kinder unter 12 Jahren aufgrund der Bilder und des schnellen Schnitttempos eine beeinträchtigende Wirkung hat.

Telemedien
Die Jugendschutzrelevanz von Internet-Inhalten ist in der Regel ungleich höher als die von Fernseh-Sendungen. Weil Angebote im Netz außerdem nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern meist über einen längeren Zeitraum online sind, berichtet die KJM über die Verstöße in Telemedien anonymisiert:

Vier Verstöße beziehen sich auf Angebote, die einfache Pornografie beinhalten. In Telemedien darf einfache Pornografie nur ausnahmsweise innerhalb geschlossener Benutzergruppen zugänglich gemacht werden. Ist das nicht der Fall, liegt ein Verstoß gegen den JMStV vor.
Sechs Angebote stellen aufgrund entwicklungsbeeinträchtigender Inhalte einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV dar. Sie zeigten zum Zeitpunkt der Beobachtung erotische Bilder und explizite Schilderungen sexueller Vorgänge – auch bizarrer Sexualpraktiken – unterhalb der Pornografieschwelle.
In sechs Fällen wurde das Verfahren eingestellt, da die jugendschutzrelevanten Inhalte nach der Anhörung des Anbieters entfernt worden und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Einstellung (kein absolut unzulässiges Angebot, kein Wiederholungstäter) gegeben waren.

Die KJM beschloss – je nach Art und Schwere der Verstöße – Beanstandungen, Untersagungen und/oder Bußgelder. Die entsprechenden Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren führen die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten durch. Strafrechtlich relevante Inhalte gibt die KJM an die zuständigen Staatsanwaltschaften ab.

In 24 Fällen beantragte die KJM im vierten Quartal 2011 die Indizierung eines Telemedienangebots bei der BPjM. Die Anträge bezogen sich zum Großteil auf Internetangebote mit pornografischen Darstellungen. In drei Fällen gab die KJM eine Stellungnahme zu Indizierungsanträgen anderer antragsberechtigter Stellen bei der BPjM ab, die von der BPjM bei ihrer Entscheidung maßgeblich zu berücksichtigen sind.

Quelle: Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)

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