Kinder- und Jugendschutz

Rundfunk- und Telemedien-Prüffälle der KJM im ersten Quartal 2010

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat im ersten Quartal 2010 vier Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) in Fernseh-, und 17 Verstöße in Telemedienangeboten festgestellt.

21.04.2010

Im Rundfunkbereich arbeitet die KJM dabei mit den Landesmedienanstalten zusammen, die potenziell problematische Rundfunkangebote beobachten, prüfen und bewerten. Im Internet unterstützt jugendschutz.net die KJM bei der Aufsicht. So tritt jugendschutz.net bei der Annahme von Verstößen vorab an die Anbieter heran und fordert, entsprechende Inhalte freiwillig herauszunehmen. Auf diese Weise können viele Internet-Fälle ohne aufwändiges Verfahren geklärt werden. Erst bei Nichtabhilfe oder in besonders schweren Fällen schreitet die KJM ein. Indizierungen fallen in das Aufgabengebiet der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM).

Rundfunk

Alle von der KJM festgestellten Rundfunkverstöße bewegten sich im Bereich der Entwicklungsbeeinträchtigung (§ 5 JMStV). Solche Angebote dürfen verbreitet werden, solange die Anbieter dafür sorgen, dass sie Kinder und Jugendliche normalerweise nicht sehen können.

Eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige (Sendezeitgrenze 20 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgenden Fällen fest:

Die zweiteilige Dokumentation „Die Rätsel der Toten“, die auf Focus TV Gesundheit im Tagesprogramm lief, zeigte eine hohe Anzahl an drastischen Bildern von verwesenden Leichenteilen oder Leichen. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass Kinder unter 12 Jahren den wissenschaftlichen Kontext der Sendung zur Relativierung solcher belastenden Bilder heranziehen, bewertete die KJM die beiden Folgen „Dem Tod auf der Spur“ und „Biographie einer Leiche“ als Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen.

Eine Folge der im Tagesprogramm von RTL 2 ausgestrahlten Doku-Soap „Big Brother“ zeigte zwei Frauen in einer Duschszene, wobei der Schnitt ausschließlich auf deren Brüste abstellte. Dadurch wurden die Frauen als bloße Objekte dargestellt, was vor allem in Bezug auf jüngere Zuschauer zu problematisieren ist. Die identische Folge war auch auf Viva im Tagesprogramm gelaufen (vgl. Pressemitteilung 2/2010 der KJM unter <link http: www.kjm-online.de _blank external-link-new-window external link in new>www.kjm-online.de).

Auch prüfte die KJM eine Folge des Casting-Formats „Deutschland sucht den Superstar“ (RTL, Wiederholung im Tagesprogramm), das bereits mehrfach durch entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte aufgefallen ist: An der ersten Casting-Folge der siebten Staffel problematisierte sie dabei vor allem eine Szene um einen Kandidaten, der mit einem Fleck auf der Hose gezeigt wurde. RTL erweckte in der Inszenierung den Eindruck, der Kandidat könne seine Körperfunktionen nicht kontrollieren. Das wurde ausführlich thematisiert und mittels verschiedenen Inszenierungstechniken lächerlich gemacht. So wurden nicht nur beleidigende Äußerungen und antisoziales Verhalten als normale Umgangsformen präsentiert, sondern vielmehr Verhaltensmodelle vorgeführt, die Häme und Herabwürdigung anderer als völlig legitim darstellen. Da aber die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) die Folge vorab anders bewertet und fürs Tagesprogramm freigegeben hatte, konnte die KJM in diesem Fall keine Maßnahmen ergreifen, denn die Grenzen des Beurteilungsspielraums waren nicht eindeutig überschritten. Die KJM führte jedoch ein Gespräch mit den Verantwortlichen der FSF über die Anwendung von Jugendschutz-Kriterien bei der Bewertung von Fernseh-Formaten (vgl. Pressemitteilungen 3/2010 und 5/2010 der KJM unter <link http: www.kjm-online.de _blank external-link-new-window external link in new>www.kjm-online.de)).

Telemedien

Die Jugendschutzrelevanz von Internet-Inhalten ist in der Regel ungleich höher als die von Fernseh-Sendungen. Weil Angebote im Netz zudem nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern meist über einen längeren Zeitraum online sind, berichtet die KJM über die Verstöße in Telemedien nur anonymisiert:

Ein Angebot zeigt Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und leugnet gleichzeitig den Holocaust. Das ist unzulässig. 

Sieben Verstöße im ersten Quartal 2010 bezogen sich auf Angebote, die einfache Pornografie beinhalten. In Telemedien darf einfache Pornografie nur ausnahmsweise innerhalb geschlossener Benutzergruppen zugänglich gemacht werden. Ist das nicht der Fall, liegt ein Verstoß gegen den JMStV vor.

Neun Angebote stellten aufgrund entwicklungsbeeinträchtigender Inhalte einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV dar: Die Mehrzahl dieser Angebote zeigt erotische Bilder sowie explizite Schilderungen sexueller Vorgänge unterhalb der Pornografieschwelle und/oder propagiert problematische Geschlechterrollenbilder. Ein Angebot ästhetisiert Heroinkonsum.

In 28 Fällen konnte das Verfahren eingestellt werden, da die jugendschutzrelevanten Inhalte nach der Intervention durch die KJM entfernt wurden.

Die KJM beschloss - je nach Art und Schwere der Verstöße - Beanstandungen, Untersagungen oder Bußgelder. Die entsprechenden Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren führen die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten durch. 

In gut 70 Fällen beantragte die KJM im ersten Quartal 2010 die Indizierung eines Telemedienangebots bei der BPjM. Die Anträge bezogen sich zum Großteil auf pornografische Internetangebote zumeist ausländischer Anbieter. In weiteren etwa 70 Fällen gab die KJM eine Stellungnahme zu Indizierungsanträgen anderer antragsberechtigter Stellen bei der BPjM ab, die von der BPjM bei ihrer Entscheidung maßgeblich zu berücksichtigen sind.

Damit hat sich die KJM seit ihrer Gründung im April 2003 mit rund 3.620 Fällen - 720 im Rundfunk und 2900 in Telemedien - befasst. 

Quelle: Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)

ik

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