Bündnis „Unter 18 Nie“

„Minderjährige vor sexueller Gewalt, Unfällen und psychischem Druck schützen“

Anlässlich des Weltkindertages am 20. September hat das Bündnis „Unter 18 Nie“ die Bundesregierung aufgefordert, die Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr sofort zu stoppen. Es legte hierzu Interviews mit minderjährigen Soldaten sowie ein brisantes und bisher unveröffentlichtes Dokument des Verteidigungsministeriums vor, das die Gefährdung des Kindeswohls Minderjähriger in der Bundeswehr belegt. Zugleich kündigte das Bündnis an, diese Dokumente dem Ausschuss für die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen zu melden.

23.09.2021

Die Kampagne „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ setzt sich seit 2019 dafür ein, dass das Rekrutierungsalter der Bundeswehr auf 18 Jahre angehoben und Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen verboten wird. Sie wird getragen von einem breiten Bündnis von Organisationen aus den Bereichen Frieden, Menschenrechte, Kirche und Gewerkschaft.

„Die Daten aus dem Verteidigungsministerium belegen, dass 17-jährige Mädchen und Jungen als Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr hohe Risiken haben und körperliche sowie seelische Schäden erleiden“, sagte Ralf Willinger, Kinderrechtsexperte des Kinderhilfswerks terre des hommes und Sprecher der Kampagne „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“. „In den vergangenen drei Jahren waren mindestens 17 minderjährige Soldatinnen und Soldaten Opfer sexueller Gewalt, mindestens acht kamen bei Unfällen zu Schaden und ein minderjähriger Soldat verübte Suizid. Fast jeder vierte Soldat der Bundeswehr ohne Einsatzerfahrung leidet unter psychischen Erkrankungen. Dadurch, dass die Bundesregierung weiter die Rekrutierung von Jugendlichen als Soldatinnen und Soldaten erlaubt, ist sie auch für diese Risiken und Schäden verantwortlich. Es handelt sich hierbei um schwere Kinderrechtsverletzungen und gravierende Verstöße gegen die UN-Kinderrechtskonvention.“

„Es ist nicht akzeptabel, dass Jugendliche als Soldatinnen und Soldaten eingestellt und in der Bundeswehr hohen Risiken ausgesetzt werden und es noch nicht mal besondere Schutzmaßnahmen für sie gibt“, sagte Martina Schmerr, Referentin im Organisationsbereich Schule der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Sprecherin von „Unter 18 Nie“. „In Schulen und Bildungseinrichtungen gibt es inzwischen strenge Regeln zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Derselbe Maßstab muss auch in der Bundeswehr angelegt werden. Stattdessen werden Jugendliche ohne jeden Schutz mit Erwachsenen zusammen untergebracht, sie erhalten dasselbe gefährliche militärische Training und haben keine speziellen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner. In einem Drittel der Fälle sexueller Gewalt, die minderjährige Soldatinnen und Soldaten in den vergangenen drei Jahren erleiden mussten, stehen Vorgesetzte unter Tatverdacht – dies deutet auf Machtmissbrauch und ein systemisches Problem bei der Bundeswehr hin. Und es macht sehr deutlich: Die Bundeswehr ist kein Ort für Kinder und Jugendliche.“  

„Wir werden diese neuen besorgniserregenden Daten dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes melden, der bis Mitte 2022 überprüft, wie Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention umsetzt“, erklärte Willinger. „Der UN-Ausschuss fordert die Bundesregierung schon seit 2008 auf, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben – eine Aufforderung, die bisher von der Bundesregierung ignoriert wird mit dem Verweis auf eine Ausnahmeregelung für staatliche Armeen in einem Zusatzprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention. Diese Regelung kann allerdings nur dann greifen, wenn alle Kinderrechte der Konvention eingehalten werden – dass dies bei der Bundeswehr nicht der Fall ist, wurde vielfach belegt und wird jetzt durch die neuen Daten wieder bestätigt. Die Haltung der Bundesregierung ist rückständig - denn nur noch wenige Staaten weltweit nutzen die Ausnahmeregelung, mehr als dreiviertel aller Staaten rekrutieren junge Menschen frühestens, wenn sie volljährig sind. Die nächste Bundesregierung muss hier dringend handeln und das Rekrutierungsalter für Soldatinnen und Soldaten endlich auf 18 Jahre erhöhen.“

Trägerorganisationen der Kampagne „Unter 18 Nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr!“ sind unter anderem die Evangelische Jugend in Sachsen, die GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und terre des hommes.

Quelle: GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 17.09.2021

Redaktion: Pia Kamratzki

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