Kinder- und Jugendarbeit

Umweltbildung in Deutschland und Griechenland: Fachtag diskutiert Potenziale für Jugendaustausch

Die Welt diskutiert den Klimawandel und seine Folgen. Schon längst weiß die Wissenschaft, dass die bedrohlich fortschreitende Erderwärmung keine Herausforderung mehr ist, die Nationalstaaten alleine lösen können. Klimaschutz erfordert die Anstrengung aller zivilgesellschaftlichen Akteure und Institutionen – und in Zeiten von „Fridays for Future” vielleicht ganz besonders, auch der Institutionen, die in der Internationalen Jugendarbeit aktiv sind. IJAB berichtetet über zentrale Ergebnisse des Fachtags zum Thema Umwelt im deutsch-griechischem Jugendaustausch.

07.01.2020

Beim Fachtag „Umweltbildung im deutsch-griechischen Jugendaustausch“ des Bundesjugendministeriums in Kooperation mit IJAB am 14. November 2019 wurde darüber diskutiert, wie sich der deutsch-griechische Jugendaustausch dem Thema Umwelt widmen kann. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und IJAB führen seit 2015 jedes Jahr nationale thematische Fachtage für den deutsch-griechischen Jugendaustausch durch. Nachdem 2018 über die berufliche Orientierung im Rahmen der Austauschprogramme diskutiert wurde, widmeten sich die Vertreter/-innen der verschiedensten Akteure 2019 der Klimadebatte und dem Umweltschutz.

Sensibilisiert für den Umweltschutz

Natali Petala-Weber, bei IJAB zuständig für die Zusammenarbeit mit Griechenland, sagte in ihrer Begrüßung: „Auch die im deutsch-griechischen Jugendaustausch aktiven Träger wünschen sich eine aktive Fokussierung auf das Thema Umwelt und die nachhaltige Gestaltung von Projekten. Sowohl die Fachkräfte, die am 3. Deutsch-Griechischen Jugendforum 2018 in Köln teilgenommen haben, als auch die 120 Jugendlichen aus Deutschland und Griechenland, die von Bundesministerin Giffey zum deutsch-griechischen Jugendbarcamp im Mai 2019 nach Leipzig eingeladen wurden, haben das Thema hervorgehoben. Wir möchten uns mit Ihnen darüber austauschen, wie Umweltbildung und nachhaltige Gestaltung von Programmen, inhaltlich, methodisch und organisatorisch aussehen kann.“ Im Namen des Bundesjugendministeriums begrüßten Unterabteilungsleiter Thomas Thomer und Dorothee Jäckering die Teilnehmer/-innen.

Expert(inn)en gaben Inputs

Als griechische Expertin im Bereich Umweltbildung in Griechenland stellte Maria Volika, Sekundarlehrerin für Naturwissenschaften in Athen, die Strukturen und Programme in Griechenland vor. Die engagierte Lehrkraft veranstaltet seit vielen Jahren Umwelt- und Klimaschutzprojekte an Schulen in Griechenland und legte den Teilnehmer/-innen ans Herz, die Thematik zukünftig stärker in den Fokus zu rücken. In Griechenland hänge das Engagement von Bildungseinrichtungen häufig vom Einsatz motivierter Einzelpersonen ab, die nicht selten viele unbezahlte Arbeitsstunden investieren. Ein breiteres Forum für die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen wünscht sich Maria Volika ebenfalls. Gemeinsam mit den Schulen könnten wichtige Themen wie Erneuerbare Energien, sozialverträglicher Klimaschutz und Abfallvermeidung in die Gesellschaft transportiert werden.

Maria Volika stellte in ihrer Präsentation auch die griechischen Umweltbildungszentren vor (Κέντρα Περιβαλλοντικής Εκπαίδευσης, ΚΠΕ), die für den deutsch-griechischen Jugendaustausch besonders gut geeignet sind, da sie erfahrenes Fachpersonal und pädagogisches Material zur Verfügung stellen, und mit über 50 Zentren landesweit Zugang zu jungen Menschen auch außerhalb der Großstädte haben.

Ein Zeichen für gelebten Klimaschutz setze auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) mit einem kurzen Input per Video-Liveübertragung. In einem kurzen Impuls präsentierte das Bundesumweltministerium die Umweltbildungsstrategie der Bundesregierung am Beispiel der Programme, die in Kooperation mit Schulen und Institutionen umgesetzt werden. Unter www.umwelt-im-unterricht.de/ werden beispielsweise regelmäßig neue Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt, von der Grundschule bis zur Oberstufe. Mit dem Programm „Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung befördern. Über grüne Schlüsselkompetenzen zu klima- und ressourcenschonendem Handeln im Beruf.“ (kurz: BBNE) unterstützt das BMU nachhaltiges und ressourcenorientiertes Handeln im Beruf und unterstützt junge Menschen bei einer „grünen“ beruflichen Orientierung.

Lernen aus der Praxis

Für die rund 40 Vertreter/-innen von Jugendorganisationen, Sportverbänden, Kommunen, Kirchengemeinden, Schulen und weiteren Institutionen waren verschiedene Workshops aus der Praxis geplant. In zwei Workshop-Runden hatten die Teilnehmer/-innen die Gelegenheit, sich zwei von vier Themen zu widmen. Über die Erfahrungen aus dem deutsch-griechischen Jugendaustausch mit dem Titel „Be(e) wild and free“ berichteten Norbert Tillmann und Karolina Hajjar vom  aktuellen forum e.V. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Verbindung ökologischer und bienenfreundlicher Projekte und einem möglichst freiheitlichen pädagogischen Ansatz gelegt. Ein „gelungenes Beispiel aus der Praxis“, so der Tenor bei den Teilnehmer(inne)n - mit vielen lehrreichen Elementen für die eigene Arbeit.

Ines Grau vom Straßburger Verein „Rue de la Mémoire“, langjähriger Partner des Deutsch-Französischen Jugendwerks, stellte in ihrem Workshop mit dem Titel „Umweltbildung im internationalen Jugendaustausch: interkulturell und (außer-)schulisch“ den interkulturellen Zugang zu Umweltbildung in internationalen Jugendbegegnungen vor. Mit dem deutsch-französischen Methodenhandbuch für Umweltbildung „Natur und Kultur“ sensibilisieren Ines Grau und Ludovic Fresse für die historisch-kulturell gewachsenen Unterschiede im Umweltbewusstsein in Deutschland und Frankreich und bieten Methoden an, die im Rahmen einer Jugendbegegnung diese interkulturellen Aspekte aufgreifen können. Das Fazit von Ines Grau war: „Insbesondere umweltbildnerisches Arbeiten eignet sich für internationale Bildungskontexte, ob als Ober- oder als Querschnittsthema.“ Sie ermutigte die Teilnehmer/-innen, dem Thema mehr Bedeutung beizumessen und Übertragungsmöglichkeiten in den deutsch-griechischen Bereich zu diskutieren.

Gelungene deutsch-griechische Kooperationen

Einen großen Beitrag im Bereich der Umweltbildung in der deutsch-griechischen Zusammenarbeit leistet das Projekt Climate.Youth Be.At., das Wolfgang Schwarz vom BNE-Zentrum, Bildung für nachhaltige Entwicklung in Berlin gemeinsam mit Maria Volika, die von griechischer Seite als Vertreterin einer von vielen Athener Schulen am Projekt beteiligt ist, präsentierte. Das Projekt ist ein gutes Beispiel für die Kooperation zwischen schulischer und außerschulischer Jugendbildung, zumal es an das zweijährige Projekt Climate Schools Athens angesiedelt ist, das einen klimafreundlichen Haushalt an Athener Schulen fördert. Dazu werden Lehrer/-innen aus Griechenland an Fortbildungsmaßnahmen in Berlin beteiligt. Gemeinsam werden so klimafreundliche Konzepte an griechischen Schulen umgesetzt.

Jugend- und Elternbildung stärken

„Fridays for Future“ ist die Bewegung, die die Klimathematik erst wieder zum internationalen Thema gemacht hat. Klimaschutz wird auf allen Kontinenten der Welt diskutiert. In Deutschland gingen zuletzt mehr als 1,4 Millionen Menschen auf die Straße. Damit demonstrierten etwa 1,7 Prozent der Bevölkerung. Beim Workshop zur jungen Klimagerechtigkeitsbewegung im Rahmen des Fachtags wurden Vergleiche zwischen der Bewegung in Griechenland und in Deutschland gezogen. Im Gegensatz zu Deutschland waren in Griechenland nur 5000 Menschen und damit 0,47 Prozent der Bevölkerung auf der Straße. Das habe verschiedene Gründe, so Workshopleiter und „Fridays for Future“-Mitorganisator Luca Samlidis (20): „Unter anderem spielt es natürlich eine Rolle, dass viele Menschen in Griechenland auch durch die Nachwirkungen der Finanzkrise nicht die Zeit und Kapazität haben, sich in dem Bereich zu engagieren.“ Die griechischen Aktivist(inn)en hätten ihm mitgeteilt, auch die griechischen Eltern seien zum Teil ein Hindernis für höhere Demonstrant(inn)enzahlen. Sie befürchten Ausschreitungen und untersagen ihren Kindern die Teilnahme. Der Workshop ergab, dass auch die Einbindung der Eltern (Stichwort: Elternarbeit) im deutsch-griechischen Jugendaustausch eine wichtige Rolle spielt. Die „Fridays for Future“-Bewegung sei ein Phänomen, das stark von Bildung abhänge, so Luca Samlidis. Und in dem Bereich sind viele der Akteure im deutsch-griechischen Austausch Expert(inn)en.

Das Bundesjugendministerium, IJAB und die teilnehmenden Akteure werden die die Entwicklungen im Bereich Umweltbildung im deutsch-griechischen Jugendaustausch weiter verfolgen und in ihrer zukünftigen Arbeit im deutsch-griechischen Jugendaustausch mitbedenken.

Weiterführende Informationen zur jugendpolitischen Zusammenarbeit mit Griechenland finden sich unter: www.ijab.de/partnerlaender/griechenland

Quelle: IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V., Luca Samlidis

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