Kinder- und Jugendarbeit

Studie belegt Erfolg des Konzepts „Kinderland Baden-Württemberg“

Fünf Jahre nach dem Start von „Kinderland Baden-Württemberg“ zog die Landesregierung ein Zwischenfazit. Hierzu wurde das Statistische Landesamt beauftragt, eine umfassende Studie zum „Kinderland Baden-Württemberg“ zu erstellen, die im Ministerrat vom 27. Juli 2010 beraten worden ist.

12.08.2010

Cover der Studie


„Der Bericht ,Trends und Fakten – Kinderland Baden-Württemberg’ ist eine kompakte, systematische und zugleich praxisnahe Zusammenstellung der Handlungsfelder zugunsten von Kindern und Familien. Die Studie ist ein Beleg für die Querschnittsfunktion der Kinder- und Familienpolitik und für ihre gesamtgesellschaftliche Bedeutung“, sagten der Minister im Staatsministerium Helmut Rau und die Kinderbeauftragte der Landesregierung, Sozialministerin Dr. Monika Stolz, bei der Vorstellung der Studie am 12. August 2010 in Stuttgart. Beide bedankten sich für die zahlreichen Initiativen, die von privater, öffentlicher und gesellschaftlicher Seite im Rahmen des „Kinderlandes Baden-Württemberg“ angestoßen wurden: „Nur wenn die Politik in dieser Weise durch alle gesellschaftlichen Kräfte - Eltern, Schulen und Betreuungseinrichtungen, Kirchen und freie Träger, Vereine, Verbände und die Wirtschaft – unterstützt wird, erreichen wir, dass sich Kinder und Familien in Baden-Württemberg wohl fühlen. Denn das Konzept „Kinderland“ lebt von der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung."

„Mit diesem Bericht auf rund 180 Seiten“, so die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Carmina Brenner, „liegen erstmals Daten und Fakten zur Lebenssituation von Kindern, Jugendlichen und Familien in Baden-Württemberg auf einen Blick vor.“

„Unser Ziel ist es“, erklärte Minister Rau, „Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten und die Unterstützung zu geben, die sie für eine gute Entwicklung sowie einen erfolgreichen Start ins Leben brauchen und die Ergebnisse der Studie zeigen: Wir sind auf dem richtigen Weg.“

Auf zahlreichen Feldern habe man Spitzenpositionen ausbauen und Nachholbedarf beseitigen können, so Minister Rau weiter. Die Bandbreite reiche vom Ausbau der Kleinkindbetreuungsangebote über Unterstützungs-, Beratungs- und Informationsangebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausbildung und Studium, bis zu Maßnahmen für ein familienfreundliches Umfeld in der Kommune, für einen gesunden Lebensstil und den Schutz der Kinder vor Gewalt und schädlichen Einflüssen für ihre seelische Entwicklung. Beispielsweise liege Baden-Württemberg beim Ausbau der Kleinkindbetreuung mit einer Betreuungsquote von 16 Prozent im Jahr 2009 zwar noch unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts von 20 Prozent, gleichzeitig aber oberhalb des westdeutschen Werts von 14 Prozent. Besonders hervorzuheben sei darüber hinaus das breit gefächerte Kinderschutzkonzept, das den Präventionsgedanken besonders betone. Programme wie STÄRKE sollen mit dazu beitragen, allen Kindern gute Startbedingungen zu ermöglichen, erläuterte die Kinderbeauftragte Monika Stolz.

Erfreulich, so Minister Rau, sei der dynamische Ausbau der Ganztagesschulen im Land. Seit 2004 sei eine Verdoppelung der Zahl der Ganztagesschulen auf mittlerweile 1.160 im Land erreicht worden. Weitere 129 Ganztagesschulen würden im kommenden Schuljahr hinzukommen.

„Mit der Tendenz zur Höherqualifizierung im Schul- und Hochschulbereich“, so der Minister weiter, „ist im Übrigen ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des innovationsfreudigen Industriestandorts Baden-Württemberg geleistet worden.“ Mit dieser qualifizierten Ausbildung hätten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen die besten Chancen auf einen erfolgreichen Start in das Berufsleben. Davon zeuge die bundesweit zweitniedrigste Jugendarbeitslosenquote, von 3,9 %.

Gleichzeitig weise Baden-Württemberg deutschlandweit die höchste Frauenerwerbsquote auf. Zudem sei das Armutsrisiko in Baden-Württemberg für Paare mit Kindern nicht höher als bei kinderlosen Paaren. „Damit zeigen die besseren Voraussetzungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereits Wirkung“, betonte Minister Rau.

Dies verdeutliche auch die Zunahme der Erwerbsbeteiligung der Mütter im Land, sagte Sozialministerin Stolz. „Bei den Müttern der unter Dreijährigen ist die Erwerbsbeteiligung zwischen 2004 und 2008 um zwei Prozentpunkte auf 30 Prozent gestiegen, bei den Müttern der Drei- bis Sechsjährigen um acht auf aktuell 67 Prozent. Damit zeige unter anderem der massive Ausbau der Kleinkindbetreuung von neun Prozent im Jahr 2006 auf 16 Prozent im Jahr 2009 Wirkung. Zugleich ist Teilzeitarbeit bei Müttern weiter verbreitet als im Bundesdurchschnitt. Damit können viele Mütter Erwerbstätigkeit und Zeit für Kinder und Familie miteinander verbinden.“ Ziel von „Kinderland“ sei es, ein möglichst reibungsloses Nebeneinander von Familie und Beruf zu gewährleisten. „Dabei verfolgt Kinderland das Prinzip der Wahlfreiheit und der Chancengleichheit. Verbesserte Rahmenbedingungen sollen neue Wahlmöglichkeiten eröffnen, für die sich Eltern entscheiden können“, so die Ministerin weiter.

Trotz dieser positiven Entwicklung stehe das Land auch künftig vor großen Herausforderungen. Weiterer Handlungsbedarf bestehe unter anderem beim Ausbau der Kleinkindbetreuung und der Ausbildung von Fachkräften in den Erzieherberufen. Es sei unbestritten, dass beispielsweise noch beträchtlicher Bedarf an Fachkräften für die Kinderbetreuung bestehe und geeignete Männer in diesen Berufen eine Bereicherung für die Kinder und Jugendlichen darstellen könnten.

Bei der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern in Ausbildung und Beruf sind Fortschritte erzielt worden, weitere sind wünschenswert. Die vielfältigen Bemühungen, bereits in der Schule das Technikinteresse von Mädchen zu erhöhen, seien ein Schritt in diese Richtung. Das Gleiche gelte für viele Kinder aus zugewanderten Familien. Hier sei die im vorschulischen Bereich eingeführte Sprachstandsdiagnose ein wichtiges Instrument, um die individuelle Förderung noch präziser und vor allem frühzeitig zu verwirklichen. Im schulischen Bereich setzen unter anderem Maßnahmen wie die flächendeckende und bedarfsgerechte Einführung von Ganztagesschulen, die Weiterentwicklung der Hauptschule zur Werkrealschule wie auch die Absenkung des Klassenteilers an.

„Eine Herausforderung ist das gesunde Aufwachsen von Kindern geworden. Nicht nur die Eltern, sondern alle sind gefordert, Lebensbedingungen zu schaffen, die Kindern gesundheitlich gut tun. Kinder müssen die Chance bekommen, ihrem natürlichen Bedürfnis nach Bewegung und ausgewogener Ernährung nachkommen zu können und auch ihrem Bedürfnis zu lernen. Sie müssen gleichzeitig davor geschützt werden, sich selbst zu schaden, beispielsweise durch den Konsum von Alkohol, Nikotin und Drogen oder durch Gewaltanwendung untereinander. Auch das ist Kinderschutz“, sagte die Kinderbeauftragte Stolz.

Minister Rau betonte, dass die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen gestärkt werden müsse. Hierzu habe die Landesregierung gemeinsam mit Partnern die Initiative „Kindermedienland Baden-Württemberg“ ins Leben gerufen. Zugleich sei der Schutz der Kinder vor Gewalt und Vernachlässigung eine Daueraufgabe, die einer beständigen Aufmerksamkeit und Anpassung der Maßnahmen bedürfe.

Der Bericht: Trends und Fakten »Kinderland Baden-Württemberg« steht hier zum Download zur Verfügung.

 

Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick:

Trend zu längeren Betreuungszeiten bei steigender Betreuungsqualität
Schon vor Schuleintritt eines Kindes werden entscheidende Weichen für den späteren Bildungserfolg gestellt - in der Familie, in Kinderbetreuungseinrichtungen und in der Kindertagespflege. Laut »Trends und Fakten Kinderland Baden-Württemberg« sind beim bedarfsgerechten und qualitätsorientierten Ausbau der Kinderbetreuungsangebote in Baden-Württemberg Fortschritte zu verzeichnen.

Ausbau der Kinderbetreuungsangebote für unter 3-Jährige
Immer mehr Kinder unter 3 Jahren werden ergänzend zum Leben in der Familie in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege betreut: Zuletzt wurden im Jahr 2009 44 000 Kinder unter 3 Jahren in Kindertageseinrichtungen oder durch Tageseltern betreut. 2006 waren es noch 25 000 Kinder. Die Betreuungsquote hat sich damit von 9 Prozent im Jahr 2006 auf fast 16 Prozent im Jahr 2009 erhöht. Der Großteil der betreuten Kinder (85 Prozent) wird dabei in Kindertageseinrichtungen betreut.

Nachfrage nach verlängerten und ganztägigen Betreuungsangeboten
Bei den 3 bis 6 Jährigen Kindern ist für Baden-Württemberg annährend Vollversorgung zu verzeichnen: 2009 wurden 95 Prozent dieser Altersgruppe in Kindergärten oder (seltener) durch Tageseltern betreut. Eltern fragen dabei zunehmend Betreuungsangebote mit verlängerten Öffnungszeiten nach: 2009 wurden 48 Prozent der 3- bis 6-Jährigen in Kindertageseinrichtungen mit verlängerten Öffnungszeiten betreut, weitere 12 Prozent ganztägig. Insgesamt wurden damit 2009 deutlich über die Hälfte (60 Prozent) der Kinder zwischen 3 und 6 Jahren in Tageseinrichtungen länger als 5 Stunden täglich betreut. 2006 wurde im Vergleich dazu noch knapp die Hälfte der 3- bis 6-Jähigen länger als 5 Stunden täglich betreut.

Verbesserte Qualität von Erziehung, Bildung und Betreuung
Kinderbetreuung ist weit mehr als bloße »Betreuung«. Im Rahmen von »Kinderland Baden-Württemberg« wurde z.B. die Weiterqualifikation von Erzieherinnen und Erziehern sowie von Tagesmüttern und Tagesvätern intensiviert. Beispielsweise ist für Tageseltern seit 2007 ein qualitätsgesicherter Qualifizierungskurs verpflichtend, den bis 2009 über 90 Prozent der Tagesmütter und -väter absolviert hatten. Um die Zahl der akademisch ausgebildeten Erziehungskräfte zu erhöhen, werden außerdem seit dem Wintersemester 2007/08 von den pädagogischen Hoch- und Fachhochschulen im Land 7 Bachelor-Studiengänge im Bereich Früh-/Elementarpädagogik angeboten. 2009 hatten knapp 3 Prozent der Erzieherinnen einen Hochschulabschluss, traditionell überwiegt weiterhin mit 75 Prozent die Erzieherausbildung.

 

 

Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg / Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

ik

 

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