Kinder- und Jugendarbeit

SOS-Kinderdorf Berlin: Flüchtlingskinder machen Kunst

Im SOS-Kinderdorf Berlin in ein neues Kunstprojekt für Kinder aus einem Moabiter Flüchtlingsheim gestartet - ein Bericht über die Hintergründe, erste Erfahrungen und bestehende Herausforderungen.

22.06.2015

Maya (10 Jahre) tunkt den Pinsel beherzt in die Farbe, klemmt ganz konzentriert die Zunge zwischen die Lippen und versieht das Haus auf ihrer Leinwand mit einem knallroten Dach. Bereits zum dritten Mal hat das Mädchen aus Syrien innerhalb weniger Wochen ein immer ähnliches Haus gemalt. Dorthin träumt sie sich und kann dabei die lange Flucht von Syrien nach Deutschland für eine kurze Weile vergessen."Das ist wie ein Sehnsuchtshaus für Maya", erklärt die Malerin und Bildhauerin Sabine Teubner-MBaye, die das neue Kunstprojekt für Flüchtlingskinder im SOS-Kinderdorf Berlin anleitet, "sie möchte später mal Ärztin werden und wieder nach Syrien zurückkehren. Vielleicht kann sie sich ja eines Tages das Haus dort aufbauen."

Seit etwa 6 Wochen treffen sich immer freitags Flüchtlings-Kinder im Alter zwischen 6 und 12 Jahren in der SOS-Kunstwerkstatt. Sie kommen aus dem Flüchtlingsheim in Alt-Moabit und haben hier einmal in der Woche die Möglichkeit, ihre Ideen und individuelle Geschichte kreativ zu verwirklichen. Entstanden ist das Kunstprojekt aus der Initiative von Margarita Tadewosjan (Internationale Kinderkunstgalerie "Wir sind eins") von Albatros e.V., und wird in Kooperation mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin und dem SOS-Kinderdorf Berlin realisiert. Finanziell wurde das Projekt durch die Spender Ingrid Volz und Klaus-Dieter Teufel auf sichere Füße gestellt, die sich mit ihrer Stiftung für eine Willkommenskultur für Flüchtlingskinder einsetzen. 

Im Kunstprojekt stehen die Kinder im Mittelpunkt, aber es bezieht noch mehr Menschen ein und denkt damit über den Bilderrand hinaus. Eine Grundidee ist es, die ganze Familie der Kinder anzusprechen und ihnen einen Weg aus der Isolation des Flüchtlingsheimes in die Integration zu erleichtern. In den Vorgesprächen im Wohnheim wurden daher auch besonders die Eltern angesprochen und ermutigt, gemeinsam mit ihren Kindern ins SOS-Kinderdorf Berlin zu kommen. Während ihre Kinder kreativ beschäftigt sind, können sich die Erwachsenen im Familiencafé zu einer Tasse Tee treffen und mit anderen Besuchern Kontakte knüpfen. Auf diesem Weg können sie darüber hinaus mit den verschiedenen Beratungs- und Hilfeangeboten von SOS-Kinderdorf in Kontakt kommen, nach und nach ihre Fühler in den neuen Lebensort ausstrecken und erste Wurzeln schlagen. 

Die ersten Wochen haben gezeigt, dass diese Einbindung eine besondere Herausforderung ist. In den anfänglichen Informationsgesprächen wurde deutlich, dass noch viel Geduld notwendig sein wird, insbesondere die Erwachsenen anzusprechen und zum Mitmachen zu motivieren. Die Gründe dafür sind vielfältig, einer könnte zum Beispiel sein, dass sich die Eltern über die Entlastung sowie die freie Zeit ohne Kinder einfach freuen und sie individuell nutzen.

Es wird noch eine Weile brauchen, um das nötige Vertrauen aufzubauen und eine verlässliche Teilnahme zu erreichen. Damit ist aber noch eine weitere Herausforderung verbunden: Viele Familien im Flüchtlingswohnheim bleiben nicht lange an einem Ort wohnen, sondern werden angewiesen, in andere Heime umzuziehen. Spätestens dann ist der Kontakt, der durch die nachbarschaftliche Nähe zustande kommt, abgebrochen. Auch für die Kinder ist das nicht einfach, da sie aufgrund ihrer vielfältigen psychischen Belastungen viel Zeit brauchen, um Vertrauen zu schöpfen, die anderen Teilnehmer kennenzulernen und sich trauen, aus sich heraus zu gehen. 

Der Weg ist richtig und wichtig, das haben die vergangenen Wochen gezeigt. Und das sehen die Kooperationspartner immer dann, wenn bis zu 12 Kinder in der Kunstwerkstatt stehen und voller Freude über die kreative Zeit Farben mischen, ganz feine Zeichnungen auf das Papier bringen oder großflächig zeigen, was in ihnen steckt. So wie Maya, die gerade eine neue Variante ihres Traumhauses beendet hat und fröhlich nach draußen läuft.

Quelle: Der Beitrag von Barbara Winter (SOS-Kinderdorf Berlin, Öffentlichkeitsarbeit und Kooperationen) erschien zuerst auf dem Blog jugendhilfe-bewegt-berlin.de.

Redaktion: Andreas Schulz

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