Kinder- und Jugendarbeit

Sachsen-Anhalt: Studie zeigt alarmierende Situation der Fachkräfte in der Kinder- und Jugendarbeit auf

Etwa ein Fünftel der aktuell in der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Fachkräfte in Sachsen-Anhalt ist als in besonderem Maße belastet anzusehen. So einer der Trends der Studie, die Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt (Hochschule Magdeburg-Stendal) am vergangenen Mittwoch auf dem landesweiten Fachtag Fokus Jugend 2011: „engagiert, flexibel – ausgebrannt?“ vorgestellt hat.

28.09.2011

„Das Ergebnis ist alarmierend, deckt sich aber mit unseren Erfahrungen aus der Praxis“, so Rolf Hanselmann, Vorstand des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. (KJR LSA).

Sechs Trends benannte Wendt am Mittwoch. So würden beispielsweise die vorliegenden Daten zeigen, dass die Fachkräfte für ihre pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Jugendzentren oder Jugendverbänden fachlich sehr gut aufgestellt sind. „Es zeichnet sich eindeutig eine Verfachlichung und Professionalisierung ab“, berichtet Wendt. Gleichzeitig wird aber in der Studie auch deutlich, dass die Fachkräfte für ihre eigentliche Arbeit immer weniger Zeit haben. „Oft ist der einzige Sozialpädagoge in einer Einrichtung für alles in ‚seinem Haus‘ zuständig. Von der Beantragung und Abrechnung der für seine Arbeit notwendigen Gelder bis hin zum Einschrauben von Glühbirnen“, ergänzt Rolf Hanselmann. Besonders stark angestiegen sei in letzter Zeit der Verwaltungsaufwand.

Halt finden die Fachkräfte zudem nur selten bei den Trägern ihrer Einrichtungen oder gar bei den Jugendämtern. „In für die Fachkräfte kritischen und belastenden beruflichen Situationen gibt es keine ausreichenden Stützungs- und Beratungssysteme“, so Wendt. Wer kann greife in solchen Situationen auf die eigene Familie oder Freunde zurück. „’Supervision’ am Küchentisch ist keine Seltenheit“, berichtet Rolf Hanselmann, „bestimmte Entscheidungen zum Beispiel ab wann man das Jugendamt einschaltet oder wie es mit der Existenz der ‚eigenen Einrichtung’ weiter geht, lassen sich nicht mal einfach so nebenbei treffen. Sie belasten Kolleginnen und Kollegen weit über die Arbeitszeit hinaus.“ Klar ist aber auch, dass es hier anderer Lösungen bedarf. „Hier sind Politiker und Jugendämter massiv gefordert. Aber auch das Land muss solche Bedarfe zum Beispiel in seinen Richtlinien berücksichtigen“, fordert Rolf Hanselmann.

In Bezug auf die Setzung weiterer Rahmenbedingungen zeichne sich zudem ab, so Wendt, dass Finanziers, Träger und Vorgesetzte hier ihrer fördernden Rolle oft nur unzureichend gerecht werden. Wendt sieht hier gerade die öffentlichen Träger, also die Jugendämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten, das Landesjugendamt und das Ministerium für Arbeit und Soziales in der Pflicht. „Die Kinder- und Jugendarbeit ist auf das Engagement und den Einsatz der Fachkräfte angewiesen“, berichtet Rolf Hanselmann, „Kinder und Jugendliche müssen sich auf ‚ihre’ Sozialpädagogen voll und ganz verlassen können!“. Ob dies in Zukunft auch weiterhin so der Fall sein kann, ist allerdings offen. Die Ergebnisse von Wendt deuten darauf hin, dass auf Grund der aktuellen Arbeitssituation und der damit einhergehenden Belastung Fachkräfte bald nicht mehr in der Lage sein werden, dieses Engagement für ihre Arbeit aufzubringen. „Dem Land Sachsen-Anhalt drohen hier beachtliche Einbrüche in Bezug auf den Umfang und die Stärke des Engagements seiner Fachkräfte. Zwanzig Prozent der Fachkräfte ist bereits jetzt an ihrer persönlichen Grenze angekommen“, erläutert Wendt.

„Für uns war die Fachtagung erst der Anfang“, berichtet Rolf Hanselmann. „Die Ergebnisse zeigen deutlich, das und wo Handlungsbedarf besteht.“ Der KJR LSA will daher die begonnene Diskussion fortsetzen und verstärkt in den politischen Raum tragen. Ein Schritt hierzu wird die Erstellung einer umfangreichen Dokumentation des Fachtages sowie seiner Ergebnisse darstellen. Eine erste Fachtagsauswertung sowie weitere Informationen zur Studie und ihren Ergebnissen werden in den nächsten Wochen auf der Webseite des KJR LSA www.fokusjugend.de bereit gestellt werden.

Auch für Wendt ist das Thema noch nicht abschließend behandelt, er möchte im Rahmen einer vertiefenden Studie weitere Erkenntnisse und Ergebnisse über die Situation der Fachkräfte sammeln, eventuell sogar in einem Ländervergleich.

Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. ist der Zusammenschluss von 23 landesweit tätigen Jugendverbänden, 3 Dachverbänden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendverbände der kreisfreien Städte und Landkreise. Er vertritt die Interessen der Kinder und Jugendlichen sowie seiner Mitglieder gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt und der Öffentlichkeit. Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. ist Träger der Landeszentralstelle juleica.

Für Nachfragen steht Ihnen der Kinder – und Jugendring Sachsen-Anhalt gern zur Verfügung:

Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V.
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