Kinder- und Jugendarbeit
Nachhaltigkeit im Projekt IKUS – wie geht das? Drei Vorurteile und erste mögliche Antworten
Drei Vorurteile und erste mögliche Antworten
24.06.2010
Interkulturelles Lernfeld Schule – Ein Kooperationsprojekt von internationaler Jugendarbeit und Schule (IKUS)
Im Modellprojekt IKUS erarbeiten Schulen und Träger internationaler Jugendarbeit gemeinsam Projekte, die interkulturelles Lernen in Schulen fördern. IJAB koordiniert das Projekt. Bildung für nachhaltige Entwicklung heißt hier, dass sich Schule als kultureller Ort entwickelt, wo Lernen in Form eines menschlichen Miteinanders verstanden wird: Empathie, Verständnis, Toleranz, Kommunikation, Interaktion und Partizipation. Dies kann, muss aber nicht unbedingt im Unterricht sein. Aber es muss auf die Tagesordnung, und das kontinuierlich. Nachhaltigkeit ist hier nicht nur eine Frage von Dauer und Wirkung, sondern auch eine Frage der verarbeiteten Erfahrung. Dies zeigen auch die Berichte aus der Praxis.
Vorurteil Nr 1: Es hängt alles von den einzelnen Personen ab
Zu Recht wird immer wieder das persönliche Engagement von Einzelpersonen hervorgehoben. Dennoch ist ihr Einsatz oft nicht hinreichend, wenn es darum geht, die Nachhaltigkeit von Projekten zu sichern. Ziel eines Angebotes muss es daher sein, Strukturen zu erzeugen, die über die Dauer des Angebotes hinaus bestehen. Deshalb wird an vielen Schulen die Lehrerschaft bereits bei der Entwicklung von Zielen und Inhalten umfassend beteiligt. „Bei uns gehen die Konzepte durch alle schulischen Gremien“ betont Hilal Günday, Lehrerin an der Katharina-Henoth-Gesamtschule Köln. So steht das Projekt schulisch auf einer breiten Basis. Weiterer Pluspunkt für die Nachhaltigkeit: die aktive Unterstützung durch die Schulleitung. Viele Schulen verteilen Verantwortung systematisch auf viele starke Schultern, definieren Rollen und Zuständigkeiten und suchen im Kollegium die passenden Personen. So bauen sie eine nachhaltige Kommunikationsstruktur auf, welche die Entwicklungsarbeit sowohl schulintern als auch an den Schnittstellen zwischen den Schulen und ihren externen Kooperationspartnern der internationalen Jugendarbeit trägt. Dabei sollten sich die Schulen verstärkt ihren eigenen personellen Ressourcen zuwenden, um die Nachhaltigkeit der Projektergebnisse zu sichern. Uta Schultze, Lehrerin und IKUS-Partnerin an der Anna-Freud-Schule: „Viele Lehrer/-innen, Schüler/-innen und Eltern bringen Erfahrungen ein, um interkulturelle Lernprozesse eigenständig fortzuführen, die durch die internationale Jugendarbeit angestoßen werden. Diese Ressourcen müssen wir nutzen!“. Nachhaltige Ansätze zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie über den Tages- und Wochenrhythmus sowie über einmalige Aktionen hinaus zu einem festen Bestandteil der Unterrichts- und Schulkultur geworden sind. Hierfür müssen Träger der internationalen Jugendarbeit und Schulen ihre Zusammenarbeit pflegen. So sind zum Beispiel interkulturelle Lehrerfortbildungen an einigen Schulen fest im internen Fortbildungsprogramm integriert. „Erst wenn die interkulturellen Lerninhalte in die Köpfe und Herzen der Lehrer gelangen, können wir auf nachhaltige Wirkungen hoffen,“ sagt Ines Gast, IKUS-Partnerin vom Jugendsozialwerk Nordhausen.
Vorurteil Nr. 2: Das Projekt wirkt aus sich selbst heraus
Die Konzepte der internationalen Jugendarbeit sind für ihren kreativen, lebenswelt- und erlebnisorientierten Charakter bekannt. Naturgemäß bringen sie das mit, was für eine nachhaltige Bildung und Entwicklung junger Menschen unabdingbar ist: positive emotionale Involviertheit und ganz viel Spaß. Doch ausschließlich auf die Wirkung der einzelnen Projekte zu setzen wäre naiv. Es kommt auch auf kluge öffentlichkeitswirksame Präsentation an. An der Gustav-Heinemann-Gesamtschule Alsdorf diente ein großes Schulfest einem interkulturellen Tanzprojekt als institutionelle Bühne mit einem breiten Publikum. Einmal in den Herzen der Menschen angekommen, konnte das kleine Projekt seine weitere Existenz sichern. Die Schüler/-innen sorgen nun selbst für die Fortsetzung der modellhaft eingeführten Kurse, Firmen haben sich als Sponsoren gefunden. Und sicherlich bietet eine Schule wie diese mit ihrem musischen Schulprofil hierfür auch einen guten kulturellen Boden, um ein zartes Pflänzchen wie dieses nachhaltig wachsen zu lassen. Nicht unwesentlich ist zudem, ob und wie die Einzelprojekte miteinander abgestimmt sind. Während einige Schulen zu Beginn Projekte entwickelten, die eher voneinander unabhängig waren, versuchten andere für sich Module zu konzipieren, die sich aufeinander beziehen, in ihrer Wirkung unterstützen und verstärken. Die Umsetzung einer durchdachten kohärenten Gesamtstrategie verspricht dabei bessere Chancen im Hinblick auf Nachhaltigkeit.
Vorurteil Nr. 3: Schnelle Ergebnisse und viele Produkte bedeuten Erfolg
Das setzt allerdings voraus, dass die Partner von Schule und internationaler Jugendarbeit gemeinsam Ideen entwickeln und Erwartungen abgleichen. Hierfür lassen sich die Kooperationspartner unterschiedlich viel oder wenig Zeit. Manche brauchen schnelle Ergebnisse, andere führen bewusst einen ausführlichen Dialog auf Augenhöhe. Je klarer zu Beginn die Zuständigkeiten, Rollen und Verantwortlichkeiten ausgehandelt werden, umso verbindlicher können die Kooperationsvereinbarungen werden. Nicht nur zwei Kölner Realschulen haben das in der Zusammenarbeit unter dem Druck der Zielformulierung lernen müssen. Erst die erfolgreichen Kooperationsprozesse gewährleisten jedoch, dass sich die entwickelten Produkte auch langfristig in den Schulen verankern können.
Letztendlich muss das an einer Schule entwickelte Projekt auch auf andere Schulen übertragbar und für andere Akteure der internationalen Jugendarbeit nutzbar sein. Um diesen Transfer zu fördern, werden im Rahmen von IKUS sowohl methodisch-didaktische Lerneinheiten für Lehrer, Schüler und Eltern als auch reflektierte Erfahrungen aus den Kooperationsprozessen modulhaft beschrieben und für ein interessiertes Fachpublikum veröffentlicht.
Weitere Informationen gibt es auf der Website www.ikus-projekt.de.
Martina Nixdorf-Pohl
Martina Nixdorf-Pohl arbeitet bei IJAB als Koordinatorin für das Projekt IKUS.
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