Good Practice

Medienwerkstätten – Stuttgart Ost im Gaming-Fieber

Kreativ mit digitalen Spielen auseinandersetzen: Wie das geht, zeigt die Mobile Medienschule Stuttgart Ost, die ein Lokales Netzwerk in der Initiative „Gutes Aufwachsen mit Medien“ ist.

03.08.2021

In spannende Welten eintauchen, zusammen im Team das nächste Level erreichen, die Zeit um sich herum vergessen: Viele Menschen spielen gerne. Ob Abenteuer-, Denk- oder Actionspiel, das Angebot ist groß und vielfältig. Vor Ort bieten vor allem Medienzentren, Bibliotheken und außerschulische Einrichtungen Angebote zum Thema digitale Spiele an. Auch die Mobile Medienschule Stuttgart Ost (MoMO), eines der Lokalen Netzwerke in der Initiative „Gutes Aufwachsen mit Medien“, widmet sich unter anderem dem Thema Gaming. Darüber sprach das Initiativbüro "Gutes Aufwachsen mit Medien" mit der Medienpädagogin Isabel Huber, die als Koordinatorin in der MoMO tätig ist.

Die Mobile Medienschule Stuttgart Ost

Die Mobile Medienschule Stuttgart Ost ist ein Zusammenschuss mehrerer Akteur:innen, darunter die Merz Akademie, Hochschule für Gestaltung, Kunst und Medien, der Aktivspielplatz Raitelsberg, das Kinder- und Jugendhaus Ostend, die VHS Stuttgart und die ComputerSpielSchule im Stadtmedienzentrum Stuttgart. „Wir bieten an vier Standorten in Stuttgart sogenannte offene Medienwerkstätten an, in die Kinder und Jugendliche kommen und sich in verschiedenen Bereichen mit digitalen Medien auseinandersetzen und diese ausprobieren können“, erläutert Isabel Huber. „Während der Pandemie konnten viele Formate zwar nicht eins zu eins weiter so angeboten werden, dafür fand einiges aber digital statt. Zudem wurden neue Angebote entwickelt, wie beispielsweise ein Radioprogramm, bei dem sich Kinder und Jugendliche mit Beiträgen, wie Sprachnachrichteninterviews, beteiligen und welches mittlerweile regelmäßig stattfindet.“

Medienwerkstätten von MoMO zum Thema Gaming

Die Medienwerkstätten zum Thema Gaming werden zum großen Teil in der ComputerSpielSchule Stuttgart durchgeführt. Jeden Freitag können Kinder, Jugendliche und Interessierte unterschiedliche pädagogisch betreute Spiel- und Workshopangebote in einem geschützten und altersgerechten Rahmen wahrnehmen. Dazu zählt unter anderem das gemeinsame Spielen von PC- und Konsolenspielen, Workshops zu Game Design und Angebote rund um die Themen Coding und Programmieren.

Isabel Huber betont, dass es grundsätzlich darum geht, sich vielfältig und kreativ mit Spielen auseinanderzusetzen, also nicht nur ein Spiel zu spielen, sondern auch einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und zu erkunden, wie ein Spiel aufgebaut ist, wie es funktioniert und auch mal selbst gestalterisch tätig zu werden. Das funktioniert gut, wenn Kinder und Jugendliche selbst einmal Spiele designen und programmieren, zum Beispiel mit Programmen wie Scratch. „Unsere Angebote sind alle so angelegt, dass junge Menschen selbst kreativ und aktiv werden und ihre eigenen Ideen einbringen können - je nach Interesse und Kenntnisstand. Uns ist es hier sehr wichtig, individuell auf Bedürfnisse einzugehen und keinen starrten Rahmen vorzugeben, sodass sich die eigene Kreativität voll entfalten kann“.

Ein Online-Angebot, das sich während der Corona-Pandemie etabliert hat und nun auch verstetigt werden soll, ist das Open-Source-Spiel „Minetest“, welches so ähnlich wie das Videospiel „Minecraft“ funktioniert. Im Zentrum des Spiels steht das Bauen und Erleben der offenen Spielwelt. Angeleitet von einem Team aus Medienpädagog:innen, findet das Online-Angebot einmal wöchentlich statt, bei dem gemeinsam Welten visualisiert und Abenteuer erlebt werden.

Gaming-Workshops an Schulen und Bildungseinrichtungen

Rund zum Thema Gaming bietet die MoMO auch Workshops an Schulen und außerschulischen Bildungseinrichtungen an. Diese orientieren sich entsprechend der individuellen Bedürfnisse der anfragenden Einrichtungen. Isabel Huber empfiehlt für einen Einstieg in das Thema Gaming das Videospiel „Pong“. Bei dem geht es ganz simpel darum, einen Ball hin- und her zu spielen, ähnlich wie beim Tennis. Um das Spiel zu spielen, wird eine Spielkonsole aus Kabeln, Platinen und Steckern selbst gebaut und dann der Spielablauf mit einer entsprechenden Software programmiert. Anschließend spielen die Teilnehmenden in kleinen Teams in einem Turnier gegeneinander. „Das Spiel eignet sich gut, um mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, da es ein gutes Beispiel ist, um über die Entwicklung digitaler Spiele zu sprechen und auch Vergleiche zu anderen Spielen von heute hergestellt werden können“, erläutert Isabel Huber.

Für ältere Schüler:innen bietet die MoMO auch Workshops zum Thema 3-D-Modelling und Videospielentwicklung an, die sich beispielsweise auch in einer Informatik- oder Medien-AG in Schulen durchführen lassen.

Potenziale und Möglichkeiten digitaler Spiele

„Digitale Spiele bieten ein enormes Potenzial, einen Zugang zu Kindern und Jugendlichen zu entwickeln, da sie Bestandteil der digitalen Jugendkultur sind“, sagt Isabel Huber. Zudem ermöglichen Games auch spielerisches Lernen; Wissen und Inhalte lassen sich also spielerisch nebenbei vermitteln. Gleichzeitig können digitale Spiele das Erlernen bestimmter sozialer Kompetenzen fördern, zum Beispiel, wenn es beim gemeinsamen Spielen darum geht zu lernen, wie Teamentscheidungen getroffen werden können und wie Fair-Play aussieht. „Das eigene Programmieren und Gestalten eines Spiels trägt dazu bei, zu verstehen, wie ein Spiel aufgebaut ist, welche Mechanismen dahinterstehen und fördert die kreative Auseinandersetzung mit dem Medium Spiel. Darüber hinaus ist es so auch leichter nachzuvollziehen, warum es so spannend sein kann, ein Spiel immer weiter zu spielen und nicht mehr aufhören zu können.“

Wie Eltern und Erziehende Kinder und Jugendliche begleiten können

Eine wichtige Voraussetzung für eine gute Begleitung von Kindern und Jugendlichen in einem kreativen und kompetenten Umgang mit digitalen Spielen ist eine offene Einstellung zum Thema. Isabel Huber rät pädagogischen Fachkräften und Eltern, dem Thema mit Neugier und Offenheit zu begegnen und sich Kindern und Jugendlichen vorurteilsfrei zuzuwenden. „Heranwachsende merken, wenn Sie als Eltern und Erziehende ehrliches Interesse zeigen und sich einfach mal auf etwas einlassen“. Am besten ist es, auch selbst auszuprobieren und Spiele selbst zu spielen, am besten gemeinsam mit den Kindern. Dies ist ein guter Anlass, um miteinander ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen, zu verstehen, worin die Faszination für ein Spiel bestehen kann und auch um gemeinsame Regeln zur Mediennutzung aufzustellen. Teil einer guten Begleitung ist bei jüngeren Kindern darauf zu achten, dass sie altersgerechte Games spielen.

„Um mögliche vorhandene Berührungsängste oder gar Vorurteile abzubauen, ermutigen wir Eltern und Erziehende immer, sich unsere Angebote selbst anzuschauen und selbst zu den Medienwerkstätten mitzukommen“, sagt Isabel Huber. „So kriegen Eltern und Erziehende ein Gefühl dafür, was wir machen und wie es bei uns aussieht.“ Das kann dazu beitragen, mehr Verständnis und mehr Vertrauen aufzubauen. Zudem bietet die MoMO Formate für Eltern und Kinder zusammen an, zum Beispiel Minetest-Workshops, bei denen das Spiel dann in Eltern-Kind-Teams gespielt wird. „Wir machen hier die Erfahrung, dass Eltern ihre Kinder nochmal in einem ganz anderen Kontext erleben und sehen, mit welcher Begeisterung sich Kinder dem Medium Spiel nähern.“

Mehr Informationen

Quelle: Initiativbüro "Gutes Aufwachsen mit Medien", c/o Stiftung Digitale Chancen

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